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Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)

Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)

Titel: Bevor der Tod euch scheidet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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war bewusst, dass Katie und Dot ihr inzwischen viel bedeuteten, aber er fragte sich auch, ob sie sich wohl verzweifelt an die beiden klammerte. „In der Küche.“ Als er näher kam, bekam sie große Augen, und als er sich auf die Bettkante setzte, schien sie sich noch mehr zu verkrampfen. Dachte sie etwa, er wolle Sex? In diesem Augenblick verspürte er nicht das geringste Verlangen, sondern nur eine unendliche Müdigkeit.
    Doch er kannte sich. Würde sie sich ihm jetzt von ihrer zärtlichen Seite zeigen, würde er sich in seiner Lust verlieren. „Es ist bereits nach eins“, sagte er leise. „Solltest du dich nicht allmählich anziehen?“
    Sie zögerte. „Mir steht nicht der Sinn nach einer Hochzeit.“
    Ihre Antwort entsetzte ihn. Leigh Anne liebte gesellschaftliche Anlässe! Und auch, wenn es bereits Ende Juni war, würde in jeder Gesellschaftskolumne von Bar Harbor bis nach Charleston über dieses Ereignis berichtet werden. Aber sie hatte das Haus schon seit Tagen nicht mehr verlassen, nicht mal, um sich im Rollstuhl um den Häuserblock oder über den Platz fahren zu lassen. Als sie sich das erste Mal begegneten, war sie eine der wichtigsten Debütantinnen von ganz Boston gewesen, und bis vor Kurzem hatte Leigh Anne fast jedes Mittagessen besucht, zu dem sie eingeladen war. Bei jeder Party und jeder Wohltätigkeitsveranstaltung, die sie als maßgeblich für seine Karriere angesehen hatte, war sie an seiner Seite gewesen. Er konnte ja verstehen, dass sie von Melancholie ereilt wurde – doch die würde nur noch schlimmer werden, wenn sie überhaupt nicht mehr aus dem Haus ging.
    Sie verzog den Mund. „Aber natürlich werde ich mitkommen. Und du hast recht, ich sollte mich allmählich anziehen. Wo ist Nanette?“
    Bragg hatte ein Dienstmädchen einstellen müssen, das ihr beim Baden und Ankleiden half. Da es um seine Finanzen nicht allzu gut bestellt war, hatte er den Krankenpfleger gezwungenermaßen entlassen müssen. „Ich schicke sie rauf“, sagte er so unbeschwert, wie er nur konnte.
    Sie zwang sich ihrerseits zu einem Lächeln, vermied es jedoch, ihm in die Augen zu sehen. Bragg ging zur Tür, blieb aber noch einmal stehen. Es war ihm ein Gräuel, sie so niedergeschlagen zu erleben. Doch womit konnte er sie aufmuntern? Vielleicht sollte er ihr ja sagen, dass sie nicht mit zur Hochzeit gehen musste, wenn sie es wirklich nicht wollte. Er drehte sich zu ihr um.
    Aus einer kleinen Flasche goss Leigh Anne Brandy in ihre Kaffeetasse.
    Mittlerweile war Francesca mit vielen der zwielichtigen Gegenden in Manhattan vertraut, um die man besser einen großen Bogen machte. Doch die Stadt war groß, es gab unzählige Slums, Fabriken und Kneipen, und die verschiedenen Viertel wurden von Deutschen, Italienern oder Iren bewohnt, nicht zu vergessen die Russen, Polen und Juden. Im Verlauf ihrer vielen Abenteuer war sie sogar zu der Erkenntnis gelangt, dass es an der Lower East Side ein „Klein-Afrika“ gab. Ganz offenbar bevorzugten die verschiedenen Einwanderergruppen es, auch innerhalb der Stadt unter ihren Landsleuten zu bleiben.
    Zwar war Francesca stolz darauf, dass sie sich in der Stadt so gut auskannte, aber sie war nicht mit jeder Straße vertraut. Bei ihrem allerersten Fall, bei dem ein Nachbarskind entführt worden war, hatte sie einen jungen Taschendieb namens Joel Kennedy kennengelernt, der sie vor einem Räuber beschützt hatte. Im Gegenzug hatte sie beschlossen, den Jungen unter ihre Fittiche zu nehmen – nicht nur, weil er sich in seiner „Branche“ so gut auskannte, sondern weil sie auch den heimlichen Wunsch hegte, ihm den Weg in ein besseres Leben zu ebnen.
    Wenn sie nicht gemeinsam mit Joel unterwegs war, was nur sehr selten vorkam, benutzte sie einen Stadtplan, um sich in Manhattan zurechtzufinden. Heute war Joel bei seiner Mutter Maggie, einer wundervollen Näherin, mit der sie sich angefreundet hatte – und an der ihr Bruder interessiert war. Sie konnte sich den Trubel bei den Kennedys gut vorstellen. Nachdem Maggie völlig ungläubig die Einladung zu ihrer Hochzeit entgegengenommen hatte, war sie jetzt zweifellos damit beschäftigt, Joel und seine Geschwister für das Ereignis herauszuputzen.
    Bevor Francesca sich auf den Weg machte, wollte sie wenigstens noch kurz mit Hart reden. Im Haus gab es einen einzigen Telefonanschluss, nämlich in der Bibliothek ihres Vaters, einem mit dunklem Holz vertäfelten Raum, der mit grünem Marmor abgesetzt war. Sie war heilfroh, die Bibliothek verlassen

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