Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)
leicht olivfarbenen Teint, der zu ihren grünen Augen und dem dunklen Haar passte. Mit gut ein Meter fünfundsiebzig war sie eine große Frau mit makelloser Figur. Im Augenblick trug sie eine ganz schlichte Bluse und einen dunklen Rock. Noch nie hatte Francesca sie wie eine Verkäuferin gekleidet gesehen. „Wie geht es dir, Rose?“, fragte sie leise. Der Zorn in den Augen dieser Frau war nicht zu übersehen.
„Nichts hat sich geändert!“, fauchte Rose sie an. „Daisy ist tot, und ich werde für immer allein bleiben!“
Es brach Francesca das Herz, so etwas zu hören. Rose hatte Daisy geliebt, und diese Liebe war erwidert worden. Allerdings war sie sich nicht sicher gewesen, wie es um ihre Beziehung bestellt war, als Daisy ermordet wurde. „Es tut mir wirklich leid. Ich weiß, wie schwer das für dich sein muss, und ich wünschte, ich könnte dir irgendwie helfen.“
Rose machte weiter eine finstere Miene, räumte aber widerstrebend ein: „Du hast mir geholfen. Du hast ihren Mörder gefunden.“ Hastig wischte sie die Tränen weg, die ihr in die Augen gestiegen waren. „Was willst du von mir? Du erinnerst mich an einen Teil meiner Vergangenheit, den ich lieber vergessen möchte.“
Dass Rose so unhöflich zu ihr war, konnte Francesca gut verstehen. Sie fühlte mit ihr. „Es tut mir leid, wenn ich unerfreuliche Erinnerungen wecke.“ Als Rose sie nur weiter anstarrte, fuhr sie fort: „Ich brauche deine Hilfe bei einem Fall, Rose.“
„Wir sind quitt! Ich bin dir nichts schuldig!“
Francesca versuchte, ihren Arm zu berühren, um sie zu beruhigen, doch die Prostituierte wich vor ihr zurück.
„Geh weg!“, warf sie ihr an den Kopf. „Geh weg und komm nie wieder her!“
„Das kann ich nicht! Du musst wissen, ich suche nach einem gestohlenen Gemälde, und dabei kommt es auf jede Minute an. Ich muss dieses Porträt unbedingt ausfindig machen.“ Während Francesca das sagte, musste sie daran denken, dass Hart Rose für fähig hielt, das Bild als Druckmittel gegen einen von ihnen beiden einzusetzen. Aber Rose konnte nicht wissen, dass es sich um ein Aktgemälde handelte.
„Gehört das verdammte Porträt Hart?“, wollte Rose wissen. „Als ob ich ihm jemals helfen würde!“
Francesca zögerte. Sie hatte nicht erwartet, dass Rose Hart gegenüber einen versöhnlicheren Ton anschlagen würde – immerhin hatte er Daisy für kurze Zeit zur Geliebten genommen und sich damit zwischen die beiden Frauen gestellt. Vermutlich würde Rose ihm das bis ans Lebensende nachtragen. „Er hat das Gemälde in Auftrag gegeben, ich dagegen bin diejenige, die es unbedingt finden muss. Das Porträt zeigt mich.“
„Dann lass ein neues Bild malen!“, gab Rose zurück. „Ich weiß nichts von einem gestohlenen Porträt.“
Wieder geriet Francesca ins Stocken. Sie wollte Rose nicht mehr anvertrauen als unbedingt nötig. Rose hasste Hart von ganzem Herzen und würde womöglich Details über das Bild nutzen, um ihm zu schaden.
Doch Francesca hatte weitere Fragen, die sie beantwortet haben wollte. Noch vor zwei Monaten hatte Rose sich schließlich mit Chief Farr getroffen. „Rose, ich weiß, du trauerst immer noch. Aber wie geht es dir sonst?“
Die Frau drückte abweisend den Rücken durch. „Tu nicht so, als ob dich das interessieren würde.“
„Es interessiert mich, Rose! Wieso bist du in diesem Haus hier?“
„Das ist nur vorübergehend“, schnaubte sie.
Francesca hoffte, dass das stimmte. „Triffst du dich noch mit Chief Farr?“
„Nein!“, gab Rose energisch zurück. „Was auch gut so ist, weil ich den Kerl überhaupt nicht ausstehen konnte. Er ist ein Schwein.“
Sie selbst konnte Farr auch nicht leiden, aber bei Rose hatte sie das Gefühl, dass sie Männer grundsätzlich verabscheute. Angesichts ihres Berufs war das jedoch auch kein Wunder. Dennoch war Francesca erleichtert, weil sie nun davon ausgehen konnte, dass Farr nicht mit Rose über das Porträt gesprochen hatte. „Weißt du zufällig, wo ich Solange Marceaux finden kann?“
Nach einem Augenblick ungläubigen Staunens begann Rose, schallend zu lachen. „Selbst wenn, würde ich es dir nicht sagen. Ich weiß, dass die Polizei einen Haftbefehl gegen sie vorliegen hat. Wir Huren halten zusammen, musst du wissen.“
Francesca ging über die Bemerkung hinweg. „Weißt du, ob Solange wütend genug auf mich ist, um sich an mir rächen zu wollen?“
„Nein, weiß ich nicht. Ich habe in ihrem Bordell gearbeitet, Francesca, aber ich war nicht
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