Bevor du stirbst: Roman (German Edition)
Wenn Stefan es nicht besser gewusst hätte, hätte er gedacht, Rambo sei kurz vor dem Einschlafen.
»Ja, verdammt.« Anders öffnete seine Tasche, steckte die kleinen Plastiktüten in ein Nebenfach, damit sie nicht zwischen den schmutzigen Trainingssachen verschwanden, und zog ein Bündel Hunderter hervor. Rambo zählte rasch und verstaute sie dann in seiner Tasche.
»Gut, Jungs. Dann ist das abgemacht. Habt ihr übrigens schon mein neues Bett gesehen? Wasserbett. Das beste auf dem Markt. Super zum Schlafen.« Rambo stand auf und nickte zum Schlafzimmer hinüber. »Eine geniale Investition, das könnt ihr mir glauben. Und die Bräute drehen durch, jede will darin vögeln.« Er grinste zufrieden und bugsierte Stefan und Anders zur Wohnungstür.
Sie lächelten höflich, und Anders sagte etwas Nettes über das Design des Bettes, als sie es durch die Türöffnung sahen. Stefan wollte gerade die Wohnungstür öffnen, als Rambo Anders packte.
»Ihr lasst mich doch wohl nicht hochgehen, Jungs? Ich meine, ihr würdet doch nicht mal auf die Idee kommen?« Sein Gesicht war neutral, abgesehen von einem besorgten Ausdruck in den schwarzen Augen.
»Nein, verdammt.« Stefan antwortete rasch und gab sich alle Mühe, um seriös und zuverlässig auszusehen. Er merkte, wie sein Herz loshämmerte.
»Gut. Denn ich finde euch beide total in Ordnung. Aber wenn etwas verschwindet oder die Abrechnung … unklar wirkt, dann sind meine Lieferanten ganz schön sauer. Verstanden?«
Stefan und Anders nickten stumm. Wagten nicht, einander anzusehen.
»Ihr müsst verstehen, dass das hier kein Spiel ist, Jungs. Ich meine, ich begreif ja nicht so recht, warum ihr das macht. An Geld scheint es euch doch nicht zu fehlen.« Rambo schaute die beiden an, schien ihre Kleider zu mustern und kurz deren Preis zu überschlagen. »Aber wie gesagt, das hier ist kein Spiel, und meine Auftraggeber sind wirklich keine, die ihr als Spielkameraden haben wollt, if you know what I mean. Und es wäre doch verdammt blöd, unsere Freundschaft … beenden zu müssen.«
Rambos Tonfall war alltäglich, sein Blick aber sagte alles.
»Ist schon gut. Sei unbesorgt. Wir sind seriös.«
Anders lächelte strahlend und hielt ihm die Hand hin, und Stefan folgte seinem Beispiel. Sie schüttelten Hände, dann öffnete Stefan die Tür, und einige Sekunden später waren sie auf dem Weg die Treppe hinunter. Als sie sich dem Zentrum näherten, blieb Anders plötzlich stehen, setzte sich auf eine Parkbank. Seine große Sporttasche stellte er vorsichtig neben sich, als habe er Angst, der kostbare Inhalt könne Schaden nehmen. Mit zitternden Fingern nahm er sich eine Zigarette und bot dann Stefan eine an.
»Dieser Kerl macht mir eine Scheißangst.«
Stefan nickte. Er wusste genau, was Anders meinte.
»Was machen wir hier eigentlich? Das ist einfach zu viel …«
»Aber hallo. Hast du Schiss? Willst du kneifen, so wie Micke?«, fragte Anders hämisch.
»Nein. Natürlich nicht«, sagte Stefan und gab sich Feuer.
Stockholm 2010
Dienstagmorgen. Erik ist noch immer krank, aber heute muss Markus zu Hause bleiben. Ich sitze in der Praxis an meinem Schreibtisch und surfe im Immonet. Nicht, weil ich tatsächlich umziehen will, aber es ist einfach ein unwiderstehlicher, krankhafter Zeitvertreib festzustellen, wie viel ich bekommen würde, sollte ich je mein Haus verkaufen wollen.
Die Sonne scheint durch die Jalousie und malt ein goldenes Gitter auf meinen Schreibtisch. Die Menschen, die mir heute auf dem Weg zur Arbeit begegnet sind, hatten Hoffnung in den Augen, einige lächelten mich strahlend an, auch wenn sie zwischen fallenden Eiszapfen und dem wütenden Morgenverkehr im Zickzack laufen mussten. Wir Nordlinge werden so vom Wetter beeinflusst, denke ich, sind so besessen von Temperaturen und Sonnenstunden und der Windrichtung. Unser Verhältnis zum Klima ist symbiotisch und unsere Geschichte so geprägt von Ritualen und Aberglauben, um die Wettermächte zu beschwichtigen. Wenn endlich der Frühling kommt, scheint das Leben an sich zurückzukehren, und es hat eine grundlegende Wirkung, nicht nur auf die Landschaft, die uns umgibt, sondern auch auf unsere Psyche.
Jemand klopft an die Tür, und Marianne steckt den Kopf herein. Sie sieht froh aus. Ihre dürren Haare sträuben sich wie immer, und sie trägt eine Art unkleidsamen Frotteeoverall. Ich finde, der würde besser in einen Kindergarten passen als in eine Praxis.
»Siri. Heute scheint die Sonne«, sagt sie sachlich und in
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