Beweislast
zurück. Und weil ich gewusst hab, dass Pottstett-Bau unsaubere Sachen macht, hab ich das auch durchblicken lassen, nachdem er mich hat abblitzen lassen.«
»Und deswegen hat Herr Eckert gegenüber der Polizei den Vorfall verschwiegen?«
Ketschmar lächelte gezwungen. »Das ist doch logisch. Würden Sie denn so eine Begegnung erwähnen, wenn Sie wüssten, dass der andere etwas weiß, das am besten nicht an die Öffentlichkeit kommen sollte.«
»Die Schwarzarbeit?«
»So ist es. Als ich ihn nach Grauer gefragt hab, muss ihm das klar geworden sein.«
»Und was hat nun Sie bewogen, uns die Geschichte zu erzählen? Ich meine – wieso erst jetzt?«
Manuel Traknow schaltete sich in das Gespräch ein. »Herr Ketschmar hat sich aus verständlichen Gründen nicht der Brandstiftung bezichtigen wollen. Nun aber ist etwas geschehen, das die Situation verändert hat.«
Gespannte Stille. Nur der Verkehr, der durch die Schallschutzfenster und den dicken Vorhang in den Saal drang, störte.
»Sie werden uns das berichten«, forderte Muckenhans den Anwalt auf.
Manuel schilderte mit knappen Worten, dass sie erst jetzt den Anrufbeantworter abgehört hätten, der eine seltsame Botschaft enthalte. »Ich habe eine Kopie dabei«, erklärte er und hob sein Diktiergerät in die Höhe. Mit einigen Bewegungen setzte er es in Betrieb, worauf die osteuropäisch klingende Frauenstimme zu hören war. Allerdings war die Qualität zu schwach, als dass die Aufnahme auch auf den Zuhörerreihen hätte verstanden werden können.
Nach kurzem Schweigen knüpfte Muckenhans an das Vorgespielte an und wandte sich dem Angeklagten zu. »Sie sollen an den Container denken – wie darf man das Ihrer Meinung nach verstehen?«
»Als Drohung«, erklärte der Angeklagte, »ich bin davon überzeugt, dass man mich einschüchtern will. Falls ich das Thema Schwarzarbeit ins Spiel bringe, will Eckert auspacken.«
Muckenhans stutzte. »Auspacken, sagen Sie. Wie dürfen wir das verstehen?«
»Eckert schwärzt mich an. Er beschuldigt mich, den Container angezündet zu haben – und wenn es ganz schlimm kommt, kann er behaupten, mich am Freitagabend in der Nähe des Tatorts gesehen zu haben.«
Friesenmeiler blickte von seinem Papier auf. »Das hätte er aber gleich anfangs tun sollen. Wenn er es jetzt erst täte, wäre das einigermaßen überraschend.«
Ketschmar nickte. »Das mag sein. Aber …« – er verfiel wieder in Resignation – »bei all dem, was angeblich gegen mich spricht … bei all dem …« Er wollte es nicht aussprechen.
»Sie sagen also«, fasste Muckenhans zusammen, »Sie hätten Herrn Eckert sozusagen zur Rede stellen wollen und weil dieser nicht darauf eingegangen sei, haben Sie später, als Herr Eckert schon weg war, den Container in Brand gesteckt.«
»Ja, so war es.«
»Sie wissen, wir haben den Herrn Eckert hier. Wir können ihn fragen.« Die Rhetorik ließ erkennen, dass Muckenhans offenbar Zweifel an Ketschmars Darstellung hegte. Der Vorsitzende blickte in die Runde. »Soll zu der Erklärung noch etwas bemerkt werden?«
Kopfschütteln. »Dann wollen wir mal hören, was Herr Eckert uns zu berichten hat.«
65
Linkohr und Speckinger waren mit zwei Autos in das Tal hinausgefahren, damit sie unabhängig voneinander die verschiedenen Hofstellen aufsuchen konnten. Entlang der Haupterschließungsstraße parkten zahlreiche Mannschaftstransportwagen der Bereitschaftspolizei, außerdem Kombis, in denen Hundeboxen untergebracht waren. Diesmal sollte mit großem Aufwand nach dem verschwundenen Eugen Blücher gesucht werden. Kein Wassergraben, kein noch so kleiner Heckenstreifen durfte den Einsatzkräften entgehen. Außerdem wollten sie die Hofstellen genauer als bisher überprüfen.
Linkohr musste daran denken, dass es Vermisste gab, die nie wieder auftauchten. Sie waren wie vom Erdboden verschwunden. Als seien sie in ein Zeitloch gefallen, pflegte er immer zu sagen. Wurde dann bundesweit gefahndet, meldeten sich seltsamerweise an unterschiedlichen, oft auch geografisch ganz gegensätzlich gelegenen Orten angebliche Zeugen, die die vermisste Person gesehen haben wollten. Für die Angehörigen musste es schrecklich sein, mit der Ungewissheit zu leben.
Linkohr hatte bereits in drei Gehöften mit Bewohnern gesprochen, die allesamt einen ganz normalen Eindruck hinterließen. Keine Spur von Streit und Zank, wie dies zwischen Eulengreut- und Steinberghof schon legendär war. Den alten Blücher schilderten die Befragten als
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