Bezueglich Enten und Universen
Aber jetzt brauchte er Kleidung zum Wechseln.
Während er mit dem Schlüssel in der Eisschicht über dem Kofferraumschloss herumstocherte, dachte er über mögliche Themen für den diesjährigen Wettbewerb nach. Wie immer sollte es für die Teilnehmer eine Überraschung sein und erst in der Eröffnungsnacht enthüllt werden. Das letztjährige Thema
Mehl-Kompositionen aus aller Welt
(die Teilnehmer hatten das verbreitete Weizenmehl gegen die unbekannteren Sorten aus Reis, Soja und dem südamerikanischen Quinoa eingetauscht) war ein großer Erfolg gewesen. Ein Schokoladenkuchen aus Quinoa hatte den ersten Preis gewonnen.
Endlich schaffte er es, den Schlüssel ins Kofferraumschloss zu stecken, doch dann stutzte er. Irgendetwas war ungewöhnlich. An den meisten Tagen donnerten so früh am Morgen Lieferfahrzeuge und Autos die Uferstraße entlang zu den anderen Motels und den Häusern der Ortsansässigen, bis zu der Stelle, wo die Straße direkt am Fuß des Bergs in einer großen Schleife vor dem Skiverleih endete. Wahrscheinlich verspäteten sich alle wegen des Eissturms, dachte er.
Aus dem Augenwinkel sah R. Smith, wie das Sonnenlicht sich am Ufer metallisch spiegelte. Ohne genau zu wissen warum, ließ er den KofferraumKofferraum sein und überquerte die Straße. Zweimal glitt er auf der spiegelglatten Oberfläche aus und konnte sich gerade noch auf den Beinen halten, bis er das erreichte, was da am Strand lag.
R. Smith hatte noch nie eine Leiche gesehen. Der erste Gedanke, der ihm durch den Kopf schoss, war, dass sie unmittelbar vor Beginn des Eisregens getötet worden sein musste.
Es gab keine andere Erklärung für die schimmernde Eisschicht, die den Körper überzog und ihn wie einen natürlichen Teil der Landschaft erscheinen ließ. Sie bedeckte das Gesicht der Frau und konservierte ihren schockierten Ausdruck, als hätte sie gerade eine unerwartete Nachricht erhalten – und sie glitzerte auf ihren langen Haaren, die so aussahen wie das Eis selbst.
Sie überzog auch das Messer.
Ich legte den Stift weg und hob den Blick von dem Notizblock in Bienenform – und starrte genau in Augenhöhe in einen kleinen Riss in den blasslila Fliederblüten der Tapete. Einen Moment lang schoss mir der wilde Gedanke durch den Kopf, dass Franny und Trevor Kameras in den Wänden installiert hatten, um ihren Gästen nachzuspionieren und illegale Aktivitäten dem DIM zu melden. Kopfschüttelnd angesichts meiner wachsenden Paranoia lehnte ich mich im Stuhl zurück und las noch einmal durch, was ich geschrieben hatte, berichtigte hier und da ein Wort. Es war kein schlechter Anfang. Ich schrieb den ersten Satz des nächsten Kapitels:
R. Smith erkannte sie nicht.
Strich ihn durch und schrieb stattdessen:
Die Frau kam R. Smith bekannt vor, als hätte er sie schon einmal gesehen.
Ich legte die Seiten zusammen, stopfte sie in den Rucksack und ging zu Bett.
28
ICH VERLASSE DAS QUEEN BEE INN MIT EINEM GLAS
Aus tiefem Schlaf schreckte ich hoch, schlug die Augen auf und sah mich von lila Blüten umgeben. Es war Morgen, ich wohnte immer noch in Frannys und Trevors Pension und es war Samstag, mein letzter Tag in Universum B. Ich stand auf, duschte, zog mein letztes sauberes Hemd und frische Shorts an, dann machte ich mich ans Packen.
Während ich einen Plastikbeutel mit Schmutzwäsche in den Rucksack steckte, fiel mir wieder der Anruf ein, der mich bei derselben Tätigkeit vor der Reise nach Universum B erreicht hatte. Das örtliche DIM-Büro hatte mich vorgeladen. Das gefälschte Geburtsdatum, das meine Eltern arrangiert hatten, war weder mein Fehler noch mein Wunsch gewesen, aber eine humorlose Person, die sich als Agent Dune vorstellte, führte mich in ein fensterloses Büro und fragte mir eine Stunde lang Löcher in den Bauch. Ich war besorgt, dass man mich der Fälschung persönlicher Daten anklagen würde, aber am Ende stellte der Agent mir einfach eine neue Identikarte aus und sagte, dass ich gehen könne, sobald ich die Gebühr für die Datenkorrektur bezahlt hätte. Ich bin noch nie von einem Ort so schnell verschwunden.
Eine Socke fehlte und ich sah mich im Zimmer danach um (in der Hoffnung, dass sie nicht durch ein mikroskopisches Wurmloch in ein anderes Universum getunnelt war). Frannyund Trevor, Pensionsbesitzer und freundliche Gastgeber, hatten mir also nachspioniert, und zwar mithilfe von nichts weniger als einem Buch. Im Rückblick ziemlich offensichtlich. Es musste Franny gewesen sein, die Tante Henriettas Foto an
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