Bezugspunkt Atlantis
der nicht sofort zur Seite sprang.
Ich umklammerte Hannibals Arm.
»Es muß sein, Großer!« beschwor er mich. »Wenn er lebend in ihre Hände gerät, dann …«
»Nein!« lehnte ich ab. »Mein Instinkt warnt davor.«
»Der Teufel soll deinen komischen Instinkt holen«, wehrte er sich.
Zu weiteren Worten kam er nicht.
Allison, Nishimura und Kenonewe traten klugerweise zur Sei te. Was sie über meine Maßnahme dachten, war mir klar. Ich hielt sie aber immer noch für richtig.
In der rechten Hand hielt ich mein Schwert. Die Spitze wies auf den Sterbenden, aber ich weigerte mich, das zu tun, was in dieser Epoche selbstverständlich war.
Blendender Lichtschein drang in die Gewölbe. Dahinter erkannte ich schemenhafte Gestalten. Kommandos ertönten in der Sprache des Erdteils Lurcarion. Wir verstanden jedes Wort.
Dann folgte ein Ruf in Whur. Ein hochgewachsener, samthäutiger Mann hatte ihn ausgestoßen.
Als meine Extrasinne auf Normalbeleuchtung umgeschaltet hatten, erkannte ich nähere Einzelheiten.
Er war ebenfalls ein Atlanter, allerdings trug er Uniform. An seinem Gürtel hing ein kinderballgroßer Individualschirmprojektor, den er soeben abschaltete. Der blaßgrüne Energieschirm erlosch.
Dieser Mann war gefährlich! Noch gefährlicher war aber der Marsianer, der in dem Augenblick die Gewölbe betrat und sich gelassen umblickte.
Er glich Folrogh so stark, daß ich kaum einen Unterschied feststellen konnte. Doch – er war jünger. Seine Bewegungen wirkten elastischer; ein Zeichen dafür, daß er sich entweder an die höhere Schwerkraft des Planeten Erde angepaßt hatte oder sie mit technischen Hilfsmitteln reduzierte. Wir wußten, daß neuankommende Marsianer Mikro-Schwerkraftneutralisatoren zu tragen pflegten.
Der Atlanter, anscheinend ein hoher Offizier der Abwehr, sprach mich erneut an.
»Senke Schwert und Haupt, Barbar, oder du wirst es auf der Stelle büßen.«
Diese Drohung war kein leeres Gerede.
Hannibal schob sofort seine Storgha in die Scheide und trat zurück.
»Unsere Leute sind feuerklar. Für alle Fälle«, teilte er telepathisch mit. »Nun laß sehen, wie weit dein Instinkt recht behält.«
Ich senkte das Schwert, steckte es aber nicht in die Hülle zurück. Zwischen meinen halbnackten, gespreizten Beinen lag der sterbende Moftinan.
»Ich senke mein Haupt vor den wahren Göttern, Lurcarioner, vor dir nicht! Und mein Schwert schwebt so lange über dem Schädel eines Diebes, bis ich sicher bin, daß er mich nicht mehr schädigen kann. Dabei ist es mir gleichgültig, ob er aus deinem Volke stammt oder nicht. Wie man sieht, wollte er mich mit seiner Waffe einschüchtern. Ich habe sie ihm aus der Hand getreten.«
»Nicht geschlagen?« fiel der Marsianer mit seiner hohen, zwitschernden Stimme ein. Er sprach ein einwandfreies Whur. Außerdem schien er sich zu amüsieren.
Der Atlanter schwieg, schaute mich aber an, wie ein Mensch unserer Zeit einen an den Vorhängen hochkletternden Affen mustert: mehr entsagungsvoll als wütend.
Jetzt neigte ich mein Haupt. Einer der Götter hatte gesprochen.
»Ihr werdet von einem perkischen Fürsten kaum erwarten, daß er einen Hilflosen mit der Waffe des Kriegers bedrängt. Diebe, die sich bei Nacht anschleichen, werden von mir mit Fußtritten bezwungen, um anschließend von meinen Männern gerichtet zu werden. Ich hoffe auf Euer Verständnis, Lurca.«
Der Marsianer schaute mich prüfend an. Dann nickte er in absolut menschlicher Art.
»Es liegt den Göttern fern, sich in die Ehrenbelange eines Perkers einzumischen. Lebt der Dieb noch?«
Ich hob den Fuß über den Verwundeten hinweg und trat endgültig zur Seite. Die erste Gefahr war vorüber. Der Atlanter schwieg und
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