Bianca Exklusiv Band 87
einem Lagerplatz mit frischem Wasser umsehe. Wir brauchen etwas anderes als diese Brühe.” Er deutete auf den Strom. „Und wage dich nicht mehr in die Nähe des Wassers. Du kannst von Glück sagen, dass ich dir nicht vom ganzen Körper Blutegel ablösen muss.”
Nachdem Nick im Dickicht verschwunden war, setzte sich Dany unter einen Baum und senkte den Kopf. Warum hatte sie sich nur so kindisch verhalten? Er hatte sie dazu gebracht.
Seine beherrschende Art und sein arrogantes Verhalten waren schuld - sie hatte ihm einfach die Stirn bieten müssen. Aber tief in ihrem Inneren wusste sie, dass das nicht der wirkliche Grund gewesen war. Sie hatte einfach Angst davor gehabt, bei der Flussüberquerung in seinen Armen zu liegen und den Kopf gegen seine Brust zu schmiegen.
Er hatte es ja auch nicht gewollt… Immer wieder hatte er ihr deutlich zu verstehen gegeben, was er von ihr hielt. Seit sie den ersten Lagerplatz verlassen hatten, hatte er sich völlig von ihr abgekapselt. Er benahm sich, als wäre schon ihr Anblick schwer zu ertragen - von einer Berührung ganz zu schweigen. Auch die zweideutigen Wortspiele hatte er unterlassen …
Ein Schwarm bunt gefiederter Vögel flatterte über den Strom. Dany dachte daran, wie sie eines Tages bei einem Spaziergang in der Nähe von Gramps Haus ganz flüchtig einen Eisvogel gesehen hatte. Wie aufgeregt sie damals gewesen war! Und jetzt war sie hier, in einem Urwald, der vor Leben vibrierte, und sah zahlreiche Vögel mit prächtigem Gefieder …
Nick war schon sehr lange fort. War er in Schwierigkeiten? Hatten die Schmuggler sie bereits eingekreist, und war er ihnen direkt in die Arme gelaufen? Aus der leichten Beunruhigung wurde plötzlich Panik. Dany hob einen Ast auf. und rannte ins Dickicht. Bereits nach wenigen Schritten lief sie Nick direkt in die Arme und warf ihn fast um. Er runzelte verärgert die Stirn.
„Habe ich dir nicht gesagt …” Offensichtlich versuchte er mühsam, sich zu beherrschen.
„Verflixt, wohin willst du?”
Dany senkte den Kopf. „Ich … ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Die Schmuggler …”
Sie sprach nicht weiter.
„Und was hättest du dann gemacht? Wärst du wie Superman über die Ganoven hergefallen - scharf bewaffnet mit einem Stock -, um mich zu retten?” Nick lächelte humorlos.
„Keine Sorge. Das nächste Mal werde ich mich nicht mehr darum kümmern. Meinetwegen können sie dich schnappen. Und dann bin ich dich los”, entgegnete sie hitzig.
„Richtig.” Nick nahm ihr den Ast aus der Hand und brach ihn verächtlich entzwei, bevor er ihn in die Büsche warf.
Das hat er nur getan, um mir zu zeigen, wie dumm ich mich verhalten habe, dachte Dany mürrisch. Als er seinen Rucksack geschultert hatte und ihr Bündel aufheben wollte, riss sie es ihm aus der Hand.
„Vielen Dank. Das kann ich selbst tragen.”
Nick zuckte gleichgültig die Schultern. „Wie du willst.” Ohne sich nach ihr umzusehen, ging er voraus. Erst nach etwa fünf Minuten blieb er stehen. Dany holte ihn ein und folgte seinem Blick.
„Ein Haus? Hier?” fragte sie überrascht.
„Ja. Eine Hazienda.”
„Aber … wohnt hier jemand?”
„Sieh genau hin.”
Üppige grüne Pflanzen wucherten entlang der Mauern. Das schräge Dach war noch unbeschädigt, aber ebenso verblichen wie die Wände. Um die Veranda und die schmiedeeisernen Balkone rankten sich wild wuchernde Bougainvillea und weiße Jasminsträucher, die einmal jemand liebevoll gepflanzt und gepflegt hatte. Man konnte noch erkennen, dass das Haus früher wunderschön gewesen war, doch jetzt machte es einen traurigen Eindruck.
„Es ist also verlassen?” flüsterte Dany leise und trat einen Schritt näher zu Nick.
„Ja, ich habe mich im Inneren bereits gründlich umgesehen. Wir werden die Nacht hier verbringen. So hast du wenigstens einmal ein richtiges Dach über dem Kopf.”
„Und die Eigentümer - sind sie tot?” Ihr Mund war plötzlich wie ausgetrocknet.
Nick sah sie an und lachte. „Du hast wohl zu viele Gruselfilme gesehen.” Doch dann legte er ihr den Arm um die Schultern. „Keine Angst. Ich verspreche dir, hier gibt es keine Geister.”
„Aber warum sollte hier jemand leben wollen?”
„Vor einigen Jahren hat die Regierung ein Projekt gestartet, um den Anbau von Kautschuk in diesem Gebiet zu fördern. Man hat einige Menschen aus Santa Clara hierher gelockt und ihnen entsprechendes Anfangskapital gegeben. Der Plan scheiterte jedoch, und die Gebäude verfielen langsam. Jetzt
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