Bibbeleskaes
Frage, Sophie war eine, die bekam, was sie wollte. Wie ich aus Edgars eiligem Kopfnicken schloss, briet man ihr in der Linde nicht zum ersten Mal eine Extrawurst. Mir warâs an dem Abend recht, ich stand lieber noch mal in der Küche als vor der Tür des Elternschlafzimmers.
Aus der Kühlung holte ich eine rote und gelbe Paprika, setzte in der Küche Wasser für Spaghetti auf und würfelte eine Schalotte klein. Sophie schob zuerst ihren Kopf und, als ich nicht protestierte, den ganzen Körper in die Küche, setzte sich mit ihrem breiten Hintern auf den Pass, lieà die kurzen Beine baumeln und beobachtete interessiert, wie ich die Paprika zerkleinerte.
»Immer aus dem Handgelenk. Ich findâs toll, wie ihr Profis schneidet. So leicht, so schnell und dann noch gleichmäÃig. Der Felix hat das lang geübt, jetzt kann er es einigermaÃen. Was hat der an Geld in Messer investiert! Was machst du mir? Mhmm, Paprika mag ich. Mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen. Dauert es noch lang?«
»Acht Minuten«, gab ich vor, als ich die Spaghetti ins kochende Wasser warf und ihr zwei Paprikastücke zum Knabbern hinlegte.
»Nach so einem Tag frage ich mich immer, warum ich mir das antue.« Stöhnend stützte sie die Arme auf dem Pass ab, dehnte den Oberkörper nach hinten, drehte den Kopf nach rechts und nach links und griff dann mit jeder Hand nach einem Paprikastreifen. »Heute Morgen Kreistagssitzung und ein Gespräch mit dem Landrat, heute Nachmittag Besuch im Altenheim Sankt Josef und bis grade eben Fragerunde zum Wahlprogramm mit den beiden anderen Kandidaten bei der Oberkircher SPD . Sehr anstrengend, vor allem der Bäuerle, weil der einem so gern an den Karren pisst. Aber ich habe mich wacker geschlagen, und zum Glück ist schon Endspurt. Am Sonntag heiÃt es entweder Daumen rauf oder runter.«
»Und? Wie stehen deine Chancen?« Ich legte ein Stück Butter in eine kleine Pfanne, briet die Zwiebeln an, fügte Zucker zum Karamellisieren und die Paprika dazu und löschte das Ganze mit einem Schuss Wermut ab.
»Nicht schlecht, so wieâs ausschaut. Aber genug jetzt von der Bürgermeisterei. Wie geht es dir denn? Hast du Scherwiller gut überstanden?«
Sie sah mich an. Interessiert, freundlich, offen, ohne erkennbaren Hintergedanken. Keine schlechte Grundhaltung für eine Politikerin. Aber Vorsicht war die Mutter der Porzellankiste.
»Ich habe nichts mehr von der Polizei gehört, wenn du das meinst«, sagte ich.
Sie nickte zwischen zwei Paprikabissen. »Ja, die können einem schwer zusetzen. Machen aber nur ihren Job. Und du hast nun mal Murnier eine geknallt. Ich kann das übrigens gut verstehen. Die alten Machos müssen endlich merken, dass Frauen sich nicht mehr alles gefallen lassen.« Dann, nach einer kleinen Pause, fügte sie hinzu: »Klug war es allerdings nicht.«
»Hab ich ahnen können, dass der Typ ein paar Stunden später ermordet wird?«
»Das meine ich nicht. So eine Ohrfeige tut nur kurzfristig weh. Wirksamer ist, wenn so einer länger leiden muss. Am besten, wenn es gelingt, seinen guten Ruf zu ruinieren. Eine Anzeige wegen sexueller Belästigung, Briefe an Familienangehörige, ein Artikel in der örtlichen Presse und so weiter.«
»Da geht aber die Politikerin mit dir durch«, sagte ich, als ich die Spaghetti abschüttete. »Der Kerl hat mich beleidigt, ich hab ihm dafür eine geknallt. Damit ist für mich die Sache erledigt. Und so eine öffentliche Ohrfeige trägt bestimmt auch dazu bei, dass er in Zukunft seine Drecksfinger bei sich hält«, fügte ich hinzu.
»Wenn Murnier nicht umgebracht worden wäre, vielleicht«, lenkte Sophie ein. »Aber jetzt hat die Ohrfeige dich nur in Schwierigkeiten gebracht.«
»Ich habe den Typen nicht erstochen, wenn es das ist, was du wissen willst.«
»Gott bewahre! So was denk ich nicht im Schlaf! Eine Ohrfeige ist doch ein ganz anderes Kaliber als Mord.«
Spaghetti auf den Teller, einen Schuss Sahne in die SoÃe, Salz und Pfeffer drüber.
»Et voilà «, sagte ich. »Eigentlich gehört noch ein bisschen frischer Parmesan drübergerieben, aber so was führt meine Mutter nicht. Soll ich dir den Teller drauÃen an Felixâ Tisch stellen?«
»Nein, nein! Lass ihn direkt hier. So spätabends mag ich es unkompliziert. Es gibt zum Essen keinen schöneren Ort als
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