Biest: Thriller (German Edition)
hätte sie ihm gerade ein Geburtstagsgeschenk überreicht. Sie sah noch besser aus, als er sie in Erinnerung hatte. Trotz Wollmütze und dem etwas unförmigen Pullover. Mit einer schnellen, präzisen Bewegung richtete der Mann neben ihm die Pistole gegen die Decke, um sie dann zurück in ein Schulterholster zu stecken. Yael nahm ihn bei der Hand und bedeutete ihm, sich neben sie zu setzen. Der Mann, der ihm mehr oder weniger als Aron vorgestellt worden war, nahm am Kopfende des Tisches Platz.
»Sind die beiden die Story?«, fragte er, als ihm Yael Tee aus einem Samowar einschenkte. Yael nickte, aber Aron unterbrach sie überraschend heftig: »Die Story ist im Moment wirklich nicht unser Problem, das können wir auch alles unterwegs noch klären. Deswegen machen wir ja den ganzen Aufriss mit vier statt mit drei Leuten.« Marcel entging der leichte Vorwurf, der in seiner Stimme in Richtung Yael mitschwang, nicht. Vielleicht war sie seine einzige Fürsprecherin in dieser Runde. In der zudem jeder außer ihm Bescheid darüber zu wissen schien, worum es hier ging. Er musterte seine beiden Tischnachbarn. Seine Story. Ein etwas durch den Wind geratener junger Mann und eine junge Frau, die offenbar seine Freundin war. Trotz des verärgerten Einwurfs von Aron stellte er sich den beiden vor und fand heraus, dass sie Maja und Dimitrij hießen. Als er sie fragen wollte, was sie hierher, an einen Tisch mit einer Agentin des Mossad, geführt hatte, legte ihm Yael die Hand auf den Arm und schüttelte den Kopf, als er zu ihr hinübersah. »Nicht jetzt«, flüsterte sie mit einem Seitenblick auf Aron.
»Können wir also endlich weitermachen?«, fragte er sichtlich genervt und breitete einen weiteren Stapel Fotos in der Tischmitte aus. Marcel betrachtete die Bilder ohne jede Ahnung, wohin das führen sollte.
»Das ist die HMS Halland«, setzte Aron eine Diskussion fort, die offensichtlich schon einige Zeit vor seiner Ankunft begonnen hatte, wenn er die Anzahl der Fotos als Maßstab nahm. »Eines der modernsten U-Boote der Svenska Marinen, der schwedischen Marine. Die Halland ist unser Ticket in die Freiheit.«
»Und wie kommen wir an Bord?«, fragte Yael. »Das Ding wird ja wohl kaum in einem russichen Hafen anlegen.«
»Ich weiß«, seufzte Aron, »und glaub mir, das ist auch die größte Herausforderung bei der ganzen Operation. Feinblat hat mich angewiesen, euch unter allen Umständen in einem Stück aus Russland herauszubekommen, und er hat über irgendeine europäische Sondereinheit, die in der ganzen Sache mit drinhängt, auch das U-Boot organisiert. Allerdings hat er mich auch eindringlich vor Kharkovs Verbindungen zum FSB gewarnt – und ich hatte nur eine Woche für die Planung, beim Schajetet nehmen wir uns dafür normalerweise Monate Zeit.«
Marcel jubilierte innerlich. Er hatte doch recht gehabt mit der russischen Spur und dem FSB, die er von Anfang an hinter der ganzen Sache vermutet hatte. Keine der ganz großen Nummern, eher zweite Reihe. Aber nicht weniger smart und dafür umso nationalistischer.
»In der Armee sagen wir«, fuhr Aron fort, »dass ein Plan nur funktioniert, wenn er idiotensicher ist. Und mit dreieinhalb Zivilisten«, er zwinkerte Yael zu, »werden wir das in diesem Fall ja wohl herausfinden.« Er sagte es mit einem Seitenblick zu Marcel. Danke schön, dachte dieser. »Na ja, wird schon schiefgehen«, murmelte der Israeli.
»Was willst du denn damit sagen?«, fragte Yael irritiert.
»Ich meine, was bleibt uns für eine Möglichkeit, wenn wir nicht vom Land auf das U-Boot kommen?«
»Ein Zodiac?«, schlug Marcel vor.
Aron horchte auf: »Aha, der Herr Journalist hat eine Idee. Und gar nicht mal so eine schlechte. Aber weißt du, was so ein Ding wiegt? Also eins, mit dem wir auch weit genug rauskommen? Und hast du eine Ahnung, wie groß so ein U-Boot eigentlich ist? Und wie lange es der Kapitän riskieren würde, aufgetaucht zu fahren? Und was ist mit dem Wellengang? Hast du schon mal probiert, bei Windstärke sieben auf ein verdammtes U-Boot zu klettern? Beim ersten Mal fällt fast jeder ins Wasser. Und das heißt: aus und vorbei.«
»Euch ist doch bestimmt etwas eingefallen«, monierte Yael mit einem Augenzwinkern, als energisch an die Tür geklopft wurde. Fünf Augenpaare wanderten zu dem alten Mann, der im Türrahmen stand.
»Vor der Tür parkt ein Auto mit einem Mann. Er telefoniert.«
Yael sah ihn fragend an: »Und?«
»Er telefoniert jetzt nicht mehr.«
Marcel zweifelte an der
Weitere Kostenlose Bücher