Big Bad City
falls Sie die haben möchten.«
»Bitte«, sagte Carella.
Vincent Cochran schlief, als Carella ihn um Viertel vor vier an diesem Samstag nachmittag erreichte. Er erklärte Carella gleich, daß er als Komiker in Nachtclubs arbeite und manchmal erst um sieben, acht Uhr morgens ins Bett käme…
»Worum geht es denn?« fragte er. Der Mann klang verärgert und griesgrämig. Das war vielleicht nicht der geeigneteste Augenblick, um ihm von dem Mord an seiner Schwester zu berichten. Carella atmete tief ein.
»Mr. Cochran«, sagte er, »ich bedauere, Ihnen dies mitteilen zu müssen, aber…«
»Ist Anna etwas passiert?« fragte Cochran sofort.
Carella hatte keine Ahnung, wer Anna war.
»Nein, es geht um Ihre Schwester«, sagte er und trat die Flucht nach vorn an. »Sie wurde gestern abend hier im Grover Park ermordet.« Schweigen am anderen Ende der Leitung. »Wir konnten sie erst heute morgen eindeutig identifizieren.« Die Stille zog sich hin. »Wir haben Ihren Namen und Ihre Telefonnummer von ihrem Mutterhaus in San Diego. Es tut mir leid, Ihnen das mitteilen zu müssen.«
Stille.
»Spreche ich mit ihrem Bruder, Sir?«
»Früher mal«, sagte Cochran. »Sir?«
»Ja, als sie noch Kate Cochran war. Ich war ihr Bruder, bevor sie Schwester Mary Vincent wurde.«
»Sir?«
»Bevor sie Nonne wurde.«
In der Leitung herrschte wieder Stille.
»Mr. Cochran«, sagte Carella, »die sterblichen Überreste Ihrer Schwester befinden sich zur Zeit in der Leichenhalle Buena Vista hier in Isola. Wenn Sie…«
»Warum sollte ich?« sagte Cochran. »Ich habe seit vier Jahren nicht mal mehr mit ihr gesprochen. Warum sollte ich sie jetzt sehen wollen?«
»Nun ja, Sir…«
»Sagen Sie doch ihrer geliebten Kirche, sie soll sie begraben«, sagte er. »Vielleicht kommt sie auf diese Weise schneller in den Himmel.«
Es klickte in der Leitung.
Carella betrachtete den Telefonhörer. »Kommt er her?« fragte Brown. »Ich glaube nicht«, sagte Carella.
Carl Blaney hatte violette Augen, was vielleicht etwas zu exotisch für einen Gerichtsmediziner war, aber sie waren nun mal violett, weder blau noch grau, sondern so violett, wie Elizabeth Taylors Augen es angeblich waren. Und es waren traurige Augen, als hätte er viel zu viele innere Organe in viel zu traurigem Zustand gesehen.
Er begrüßte Carella um zehn vor fünf an diesem Samstag nachmittag in der Leichenhalle und hatte den Anstand, nicht zu erwähnen, daß er sich um fast drei Stunden verspätet hatte. Sie waren für vierzehn Uhr verabredet gewesen. Carella erklärte ihm, er habe sich bei über dreißig Grad im Schatten auf verstopften Straßen bis hinauf nach Riverhead kämpfen und, als er endlich zurück im Revier war, noch ein paar Telefonate tätigen müssen. Das alles beeindruckte Blaney nicht die Bohne.
Er erwiderte, hier in der Leichenhalle habe es niemand besonders eilig, und er sei sowieso gerade erst mit der Autopsie der unbekannten Toten fertig geworden, die man hier sofort Unbekannte Nonne und dann nur noch Unbekannte genannt hatte, da irgendein Witzbold herausgefunden hatte, daß sie noch immer nicht identifiziert worden war - ein Umstand, der sich nun geändert hatte, wie Carella ihn wissen ließ.
Schon Blaneys erste Untersuchung hatte die beträchtlichen Quetschungsmerkmale einer manuellen Strangulierung enthüllt. Die bläulich-schwarzen Druckstellen, die von Fingerspitzen herrührten, oval geformt, etwas bleich und verschwommen. Die halbmondförmigen Abdrücke der Fingernägel. Aber dann hatte er die Schultern auf einen erhöhten Kopfblock gelegt, den Körper ausgenommen und das Gehirn entfernt, damit das Blut aus der Schädelbasis abfließen konnte. Als der Blutfluß aus der Brust ebenfalls aufgehört hatte, begann Blaney mit der Untersuchung der intakten Halsorgane. Er machte den ersten Einschnitt direkt unter dem Kinn, was ihm eine klare und ungehinderte Überprüfung ermöglichte, ohne die Organe unbedingt entnehmen zu müssen.
»Bei der manuellen Strangulierung, also dem Erdrosseln mit bloßen Händen«, erklärte er, »treten häufig Frakturen des Kehlkopfs auf. Ich habe nach den Hörnern gesucht, weil sie besonders schwache Teile der Schilddrüsenknorpel sind und daher…«
»Die Hörner?«
»Die Enden des Zungenbeins. Wir finden manchmal Frakturen des verkalkten Zungenbeins bei alten Menschen, die einen tödlichen Sturz erlitten oder bei einem Unfall einen Schlag gegen den Hals bekommen haben. Aber normalerweise werden die Knorpel- und
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