Bille und Zottel 05 - Die schoensten Ferien hoch zu Ross
die Schwelle, kippte, und Apfel und Birnen kullerten ihm vor die Hufe. Die waren ihm sicher. Jetzt die Tasche! Zottel packte den vorderen Henkel, hob die Tasche ein wenig an und ließ sie vor sich auf den Boden fallen. Es klirrte. Zottel schob Papiertüten und die Scherben des Saure-Gurken-Glases auseinander und forschte nach dem Kuchen. Das mußte er sein — auch wenn er jetzt intensiv nach der sauren Gurkenbrühe schmeckte. Zottel schüttelte sich ärgerlich. Zum Trost verzehrte er die Äpfel und Birnen, rollte die Tasche noch ein paarmal mit dem Huf im Sand hin und her, um zu sehen, ob sie noch irgend etwas Genießbares enthielt und marschierte weiter.
An die Campingwagen war schwer heranzukommen, also hielt er sich lieber an die Zelte. Dort stand eins offen, Zottel trat leise an die Öffnung heran. Ein Mann mit einem fröhlichen Mopsgesicht lag auf dem Rücken und schnarchte, neben ihm träumte eine mollige Blondine mit einem dreifachen Kinn. Zottel befühlte mit seinem Maul das Gesicht des Mannes.
„ Schnuckilein “, grunzte der Mann und griff Zottel an die Nase.
Der fuhr erschrocken zur Seite und landete am Gesicht der Blonden. Die Mollige zuckte zusammen. Zur Beruhigung leckte Zottel ihr über den Hals und den Ausschnitt.
„Du bist mir vielleicht ein Schlimmer!“ kicherte die Frau im Schlaf.
Da es ihr zu gefallen schien, leckte Zottel ihr auch die Schulter.
„Nicht doch, Egon, was soll das!“ gurrte die Frau.
Zottel blies ihr ins Ohr. Die Frau drehte sich wohlig stöhnend um und schlug die Augen auf. Über ihr blitzten zwei große schwarze Augen aus einem riesigen Kopf, der von einer wilden Mähne umgeben war.
„ Huaaach !“ kreischte die Frau.
Zottel stieg vor Entsetzen auf die Hinterbeine. Leider übersah er dabei, daß er sich mit dem Kopf unter dem Zeltdach befand, das Zelt wurde aus seiner Verankerung gerissen und legte sich dem wild auskeilenden, sich im Kreise drehenden Pony über den Rücken. Zottel floh voller Panik.
Wo war er hier hingeraten? Überall verfing er sich in Schnüren, hinter ihm sanken lautlos die Zelte in sich zusammen, Leinen mit Wäsche blieben an ihm hängen, flatterten ihm um die Ohren, Brust und Beine.
Rundum erhoben sich gellende Hilfeschreie.
„Ein Gespenst! Hast du gesehen? Ein gräßliches Gespenst, ein riesiges Ungeheuer!“
„Ein Phantom! Ein fürchterlicher Unhold!“
„Einbrecher! Mörder!“
„Polizei! Hilfe! Polizei!“
„Gott sei mir gnädig, ein Geist! Wahrhaftig, ein Geist!“
Es war ein ohrenbetäubender Lärm. Zottel raste zitternd von einem Ende zum anderen und suchte den Ausgang. Dabei gab er nun selbst so unirdisch fürchterliche Schreie von sich, daß den Leuten das Mark in den Knochen gefror.
„Willibald, bleib hier, verlaß mich nicht!“ wimmerte eine Frauenstimme.
„Verdammt noch mal, wo sind meine Hosen!“ donnerte ein Baß .
„Licht! So mach doch einer Licht!“ brüllte der nächste.
„Karl, wir reisen sofort ab. Hier bleibe ich keine Stunde länger!“ keifte jemand von der anderen Seite.
Zottel war beim Kiosk angelangt, er fegte um die Ecke, wobei er erst den Mülleimer, dann einen Stapel Bierkisten mitgehen ließ. Da! Dort war der Ausgang! Zottel beschleunigte seinen Galopp und schleuderte dabei ein Kofferradio zur Seite, das gehorsam zu plärren anfing. Saxophonklänge mischten sich in das Hilfe-Geschrei. Zottel, eine galoppierende Wolke aus wehenden Zeltbahnen und Kleidungsstücken entschwand im Dunkel der Nacht.
Eine Viertelstunde später fühlte Bille den heftigen Atem ihres Ponys auf dem Gesicht. Sie tastete im Halbschlaf nach seinem Kopf und bekam die Träger eines Büstenhalters zu fassen.
„He, was machst du mitten in der Nacht mit meinem Bikini?“ fragte sie erstaunt. „Wieso läufst du überhaupt hier herum?“
Bille richtete sich auf und sah vor sich etwas, daß an ein im Wind schwankendes Zelt erinnerte.
Hümhümhümhüm , machte Zottel leise, es klang sehr kläglich.
„Bettina! Joy! Wacht auf! Es ist etwas passiert!“ flüsterte Bille.
Nach und nach erwachten die Freunde aus ihren Sommernachtsträumen. Simon knipste die Taschenlampe an, und nun sahen sie die Bescherung. Stück für Stück entfernte Bille die ungewöhnliche Verkleidung vom Körper ihres Lieblings.
„ Hähä — dreimal darfst du raten, wo er war!“ kicherte Florian.
„Schaut mal da unten! Auf dem Campingplatz ist der Teufel los!“
„Mach das Licht aus! Wir müssen uns erst mal überlegen, was wir tun“, flüsterte
Weitere Kostenlose Bücher