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Billigflieger

Titel: Billigflieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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kurzfristigen Affären mit Frauen mögen ja ganz anregend sein, aber auf Dauer sind sie auch ermüdend. Kein Mensch kann jahrelang immer nur Actionfilme sehen. Irgendwann wird es einfach Zeit für gemütliche Familienserien. Die sind zwar vielleicht langweilig, aber dafür nervenschonend.
    Ich setze mich auf, lehne mich mit dem Rücken gegen das Führerhaus des Transporters und blicke nach hinten auf die Straße. In der Höhe von Manacor setzt der Fahrer den Blinker und biegt in die Straße nach Palma ein, während es rechts nach Inca geht. Dort müsste man auch langfahren, wenn man nach Deia wollte.
    Ich muss lächeln, denn mir wird klar, dass diese Fahrt so etwas wie das Symbol meines Lebens ist. Wenigstens wird es das eines Tages sein. Irgendwann in der Zukunft werde ich auf diesen Urlaub zurückblicken, und ich werde genau dasselbe sehen - eine Gabelung. Und ich habe mich nicht für Deia entschieden, nicht für Katie, sondern für Palma, also für Nina, für meine Freunde und für mein vertrautes Leben. Und das erfüllt mich mit einer tiefen Zufriedenheit.
    Während sich der Gemüsetransporter allmählich Palma nähert, komme ich auf die Idee, mal wieder mein Handy abzuhören. Ich habe das Gerät aus guten Gründen seit gestern Morgen nicht eingeschaltet. Sollte sich Nina im Nachhinein darüber beschweren, könnte ich immer noch behaupten, dass ich es verlegt hätte.
    Ich stelle das Gerät also an und gebe meinen PIN-Code ein. Dann blicke ich gespannt auf das Display, ob ich vielleicht einen Anruf oder eine SMS bekommen habe.
    Habe ich. Und nicht nur eine. Treffender wäre daher die Beschreibung, dass mein Handy förmlich in meiner Hand explodiert, so viele SMS, Anrufbenachrichtigungen und Hinweise auf entgangene Telefonate blinken und piepen.
    Ich wähle meine Mailbox an, was erstens im Ausland ein technisch schwieriges Unterfangen ist (von wegen Komfort- Mailbox) und zweitens ein Vermögen kostet. Egal. Könnte ja etwas Wichtiges sein.
    Kurz darauf meldet sich diese entzückende Frauenstimme, von der ich mich immer frage, ob sie einem echten Menschen oder einem Roboter gehört. (Eines Tages wird man das selbst dann nicht unterscheiden können, wenn diese Frau wirklich vor einem steht - eine paradiesische Vorstellung, schließlich wäre dann klar, wofür sich die meisten Männer entscheiden würden. Bestimmt nicht für die Frau aus Fleisch und Blut, schließlich lässt die sich nicht ausschalten.)
     
    Guten Tag. Sie haben sechs neue Nachrichten und eine gespeicherte Nachricht. Erste neue Nachricht, gestern, 13 Uhr 34:
    »Hallo, Jo, hier ist Nina. Amüsierst du dich? Torsten und Angelika kommen auch zur Hochzeit, toll nicht? Ich weiß ja, dass du sie nicht leiden kannst, aber du weißt doch, wie gut sie sich mit Mario und Britta verstehen, und die kannst du schließlich auch nicht leiden. Na ja, ich wollte mich nur mal so melden. Küsschen, Nina.«
     
    Wollen Sie die Nachricht noch einmal hören? Dann drücken Sie die eins. Wollen Sie die Nachricht speichern? Dann drücken Sie die zwei. Wollen Sie die Nachricht löschen? Dann drücken Sie die drei.
    Ich drücke die drei und wünsche mir dabei, es gäbe auch eine Mailboxstimme für mein ganzes Leben, die mich nun Folgendes fragen würde:
    Wollen Sie Ihre Verlobung noch einmal eingehen? Dann drücken Sie die eins. Wollen Sie Ihre Verlobung überdenken? Dann drücken Sie die zwei. Wollen Sie Ihre Verlobung lösen? Dann drücken Sie die drei.
    Aber natürlich fragt das niemand. Das Leben hat nun einmal kein automatisches Menü, das man einfach mit einem Tastendruck bedienen könnte. Man muss alles selber machen. Manuell. Aber das ist vielleicht auch besser so. Alles andere wäre doch zu einfach.
     
    Zweite neue Nachricht, gestern, 15 Uhr 34:
    »Jo-o? Hier ist Nina. Warum gehst du nicht ans Telefon? Du stellst doch nicht irgendeinen Unsinn an? Ruf doch bitte mal zurück. Bis dann, Nina.«
     
    Dritte neue Nachricht, gestern, 16 Uhr 15:
    »Ruf! Mich! An! Die Nummer, unter der du was erleben kannst. Was ist in dich gefahren, Jo? Hier ist Nina. Letzte Chance, es wiedergutzumachen.«
     
    Vierte neue Nachricht, gestern, 22 Uhr 01:
    »Jo? Hier ist Nina. Wenn du schon nicht mit mir sprechen möchtest, dann willst du mich vielleicht ja lieber sehen? Habe gerade mal ins Internet geschaut. Es gibt Last-Minute-Flüge nach Palma. Die kosten nur hundert Euro. Würdest du dich freuen, wenn ich zu dir komme? Wenn nicht, ist auch egal. Wir könnten dann am Sonntagmorgen einfach

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