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Birne sucht Helene

Birne sucht Helene

Titel: Birne sucht Helene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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halten. Eine Tür hatte es Andy besonders angetan, die unauffällig in die Wand eingelassen war. Immer mal wieder gingen Menschen mit Namensschildern hinein oder kamen heraus. Auch der Frühlingskollektions-Dressman aus dem Keller. Andy musste nur drei Kakao mit extra Sahne (»Ja, gerne auch mit einem Keks«) lang warten. Dann erschien sie.
    Zierlich, mit hübschen roten Locken und einem großen Mund. Doch von dem tollen, unwiderstehlichen Lächeln, das Paul beschrieben hatte, war nichts zu sehen. Sie zog eine Flappe. Es war, als trüge sie ein Schild mit der Aufschrift: Bloß nicht ansprechen – sonst erschlage ich Sie mit den Diercke-Atlanten!
    Trotzdem musste Andy jetzt genau das machen. Keine Ahnung,wie er sie in ein Gespräch über ihre Beziehung verwickeln konnte. Am besten war immer, wenn man etwas über sich selbst erzählte, über die eigene Beziehung.
    Leider hatte er zurzeit keine.
    Außer der zu Paul, und die zählte ja nicht. Aber besser als nichts.
    Er folgte Eli auf die oberste Etage, wo sie sich hinter einem mannshohen Bücherstapel postierte (Die schönsten Bahnstrecken der Alpen – Der große Panorama-Bildband) , praktisch uneinsehbar.
    Gerade als er zu ihr gehen wollte, verschwand sie in eine andere Richtung. Wenn er jetzt rechts um dieses Regal ginge, müsste er sie abfangen können!
    Hey, das machte richtig Spaß. Wie früher beim »Wizardry« spielen, nur dass dies kein Verlies, sondern eine Buchhandlung war. Und er keine Monster, sondern Buchhändler jagen musste. Aber Andy war mit dem zufrieden, was das Schicksal ihm zugestand.
    Tatsächlich. Da kam sie. Ungeschützt. Die Beute hatte keine Chance zu entkommen! Andy räusperte sich. Es klang, als würde er ein Eichhörnchen hochwürgen.
    »Oh«, sagte Eli. »Kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein?«
    »Einen Beziehungsratgeber, bitte.«
    Sie lachte auf. »Da bin ich wirklich nicht die Expertin. Aber wir haben hier einen Kollegen, den Herrn Holz, unser … Spezialist auf dem Gebiet Beziehungen. Sie finden ihn im Erdgeschoss.« Eli drehte sich weg.
    »Ich möchte mich aber von Ihnen beraten lassen.«
    Sie musterte ihn. »Tut mir leid, aber ich habe einen dringenden Vertretertermin. Herr Holz ist sicher für Sie da.«
    Hm, das lief irgendwie nicht so toll. Andy erinnerte sich daran, was manche Frauen im Copyshop machten, wenn sie wollten, dass er ihnen half, obwohl er Arbeit bis unter beide Arme hatte. Sie weinten. Besonders Studentinnen konnten das gut. Lernten sie wohl im Proseminar.
    AndysVersuch fiel allerdings ziemlich mickrig aus. Trotzdem brachte es Eli dazu, bei ihm zu bleiben.
    »Meine … Frau will immer, dass ich mit ihr über ihre Arbeit rede.« Das tat Paul tatsächlich, und es nervte Andy kolossal.
    »Es tut mir leid«, sagte Eli mit einer Stimme, die zeigte, dass es ihr überhaupt nicht leid tat. »Aber das ist doch nicht schlimm. Unternimmt Ihre Frau oft etwas mit Ihnen? Geht Sie regelmäßig mit Ihnen essen?«
    Andy überlegte. Machte Paul das?
    »Nee, eigentlich nicht. Meist bestellen wir uns was. Jetzt fällt mir erst auf, wie faul der, äh, die ist.«
    »Seien Sie bloß froh! Ansonsten bekommen Sie nämlich so eine Standardbehandlung, wie alle vorher, inklusive roter Rose und Kerzenlicht. Danach fühlt man sich wie eine Cola-Flasche.«
    »Cola-Flasche?«
    »Cola-Flasche. Eine wie die andere. Austauschbar. Männer sind so zum Kotzen.«
    Was redete diese Eli nur für einen Blödsinn? So fand er nie etwas über den Stand ihrer Beziehung heraus. Er würde sie jetzt ganz direkt fragen, wie es mit ihrem Traummann lief. Einfach freiheraus, die Überrumpelungstaktik. Eigentlich die einzige Taktik, die Andy wirklich beherrschte.
    Doch plötzlich stand der Buchhändler aus dem Kellergeschoss hinter ihr, mit einer riesengroßen Schachtel in Herzform in der Hand. Sicher Pralinen, dachte Andy. Und sicher der Traummann. Wenn er eine Frau wäre, würde der ihm nicht gefallen. Er sah aus, als würde er seine CD s alphabetisch ordnen und Metallica für einen Autolack halten.
    Mit einem Mal schob sich ein anderer Verkäufer zwischen ihn und das Paar.
    Er hatte kurze blonde Haare – und einen attraktiven Augenaufschlag. Für einen Mann, versteht sich.
    »Kannich Ihnen vielleicht behilflich sein?«
    »Bekommt ihr hier einen Sprachchip eingebaut, damit ihr diesen Satz automatisch raushaut?«
    »Wie bitte?«
    »Sie können gleich wieder abdrehen. Die Frau da, die Eli Spatzner, berät mich schon.«
    »Ich übernehme!« Der Buchhändler

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