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Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Titel: Bis an das Ende der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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aufsteigt oder absteigt, wir sehen seine Lampe erst heute Abend.
    All dies berichte ich Stane und Karel im Auto. Karel nickt beim Zuhören.
    Ich wette, er geht weiter zum Gipfel, sagt Stane.
    Warum glaubst du das?
    Weiß nicht. Weil er sonst schon runtergestiegen wäre.
    Na ja, sage ich, vielleicht ist er müde.
    Vielleicht, sagt Stane. Aber ich hab da so ein Gefühl.
    Stane hat alle möglichen Gefühle; er möchte furchtbar gern glauben, dass er übernatürliche Kräfte besitzt. Wir bestärken ihn darin nicht; sein letztes Gefühl hat ihm gesagt, dass er zum Geburtstag ein Fahrrad bekommt, dabei hatte er schon im Jahr davor eins bekommen.
    Sowohl Stane als auch ich schlafen fast den ganzen Weg bis zu Papas Haus. Ich träume nicht einmal, und dann berührt mich Karel am Arm. Ani, wir sind da, sagt er.
    Papas Haus ist klein und dunkel, ein Hüttchen an einer Stra ße, die früher einmal einsam war, an der sich jetzt aber ein Haus an das andere reiht. Die Stadt ist zu Papa gekommen, sagt Jozef, nicht umgekehrt.
    Papa steht schon an der Tür, umarmt uns alle mit seinen Bärenpranken und brummt dazu wie ein Bär. Er riecht nach Zigaretten und zu viel Kölnischwasser. Er ist fast achtzig und völlig kahl. Er hat Jozefs Augen, eisblaue Augen – aber in Papas Schädel wirken sie hart, beängstigend. Vielleicht wirken sie deshalb so, weil ich weiß, wie es war, als sein Sohn aufzuwachsen. Papa mag mich, glaube ich, aber manchmal sieht er mich an, und mich schaudert es bei dem Gedanken, dass er ahnt, was ich alles weiß.
    Drinnen sitzen wir um den Esszimmertisch, und Papa schlurft geschäftig zwischen uns und der Küche hin und her. Kaffee?, fragt er. Ihr seid doch bestimmt müde.
    Ja, sehr gern, sage ich.
    Was ist mit dir, Stane? Für dich auch Kaffee?
    Aber nur, wenn er ganz schwach ist, sage ich.
    O nein, nein, starker Kaffee, sagt Papa. Starker Kaffee macht starke Männer. Papa zerzaust Stane das Haar. Stane guckt mich an, halb voller Hoffnung und halb voller Furcht. Wir können ja ein bisschen Zucker reintun, sagt Papa zu ihm. Zucker für mein Zuckerbübchen.
    Ist gut, sagt Stane.
    Papa, sagt Karel. Du bist nicht seine Mutter.
    Ein strafender Blick auf Karel, ein rascher Blick in meine Richtung, finster, und ein, zwei Sekunden lang sehe ich es, sehe etwas von dem, was Jozef so oft gesehen haben muss, als er ein Junge war. Aber Papa ist ein alter Mann, vieles hat sich für ihn verändert, und so verlieren seine Züge an Härte. Er nickt Karel zu.
    Ja, ja, sagt er. Die Buben von heute sind auch nicht mehr, was sie mal waren. Dann also Milch? Möchtest du Milch, Stane?
    Stane weiß nicht, was er sagen soll, und schaut wieder zu mir her, flehend.
    Milch ist eine gute Idee, Papa, sage ich. Sag danke, Stane.
    Danke, Großpapa.
    Karel sagt: Ich helf dir, Papa.
    Mama, krieg ich was von deinem?, flüstert Stane, sobald sie in der Küche sind.
    Aber nur einen Schluck, sage ich, während ich durch die Türöffnung Karel und Papa beobachte. Karel hilft ihm mit den Tellern und Tassen, mit genau den gleichen Bewegungen, wie er sie auch in meiner Küche hat – emsige Bewegungen wie bei einem Kellner, der sich an einem Tisch zu schaffen macht. Papa grummelt, und manchmal schaut er hin und her, verwirrt. Karel dirigiert ihn mit leichten Berührungen an der Schulter, kleinen Scherzen über Jozefs und mein Gesundheitsfanatikertum, darüber, wie alt Papa langsam wird und dass sie ihn schnellstens ins Heim stecken sollten. Ein schlechter Sohn bist du, knurrt Papa.
    Ich flüstere Stane zu, dass sein Großpapa nur Spaß macht.
    Wäre Jozef jetzt hier, dann wäre es schon nach der Sache mit dem Kaffee aus gewesen. Dann würden wir den beiden jetzt beim Streiten zuhören, oder wir würden, verstummt im Angesicht dieses Tauziehens, auf Jozef starren, der sich weigert, seine Tasse auch nur anzurühren.
    Ich kann so viel an diesen Männern sehen, das sie selber nicht sehen. Jozef und Gaspar haben sich beide gegen Papa aufgelehnt. Sie sind ausgezogen, sobald es nur ging, beide noch als Halbwüchsige. Karel ist der Jüngste; er war noch zu Hause, als ihre Mutter starb. Karel und Papa haben ihr Sterben gemeinsam durchgestanden. Ich habe sie nicht mehr gekannt, aber Karel schlägt ganz deutlich ihr nach. Er weiß, dass man Papa mit Bitten und Schmeicheln beikommt, nicht mit Rebellion. Papa drüben in der Küche lacht und streicht Karel über den Rücken. Das Äußerste an Berührung, das ich bei Jozef und seinem Vater erlebt habe, ist ein

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