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Bis ans Ende des Horizonts

Bis ans Ende des Horizonts

Titel: Bis ans Ende des Horizonts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Sayer
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mehr Gerangel zwischen weißen und schwarzen Amerikanern als zwischen Amerikanern und Japanern.
    Danach, fuhr Tyrone fort, gab sich James viel Mühe, sich keinen Ärger mehr einzuhandeln. Als er aus dem Bau herauskam, wirkte er ruhiger als früher, trat wieder seinen Dienst beim Labor Corps an – und machte die ganze Drecksarbeit, die man dort eben so macht: Schiffe entladen, Verpflegungszelte reinigen, Böden schrubben. Irgendwie wartete er ab und hielt sich aus allem raus.
    »Aber es war schwer für Wash, nur mit einem Besenstiel bewaffnet dazustehen, und rechts und links schlugen die Granaten ein und die Japaner-Bomben von oben, und wegen Thomas gab es keine Gegenwehr.«
    »Vielleicht hattet ihr nicht genügend Munition?«, fragte Charlie.
    Tyrone schnaubte durch die Nase. »Der weiße Mann will nicht auch noch gegen Schwarze kämpfen, weil sie schon gegen die Japaner kämpfen. Er will Niggern keine Gewehre in die Hand geben. Damit sie am Ende nicht gemeinsame Sache mit den andern machen und zu den Japsen überlaufen.«
    Dann war die Nachschubeinheit von Lae nach Nadzab verlegt worden. Vor allem am Anfang gab es viele Tote und Verwundete. James, Tyrone und der Rest des Labor Corps arbeiteten rund um die Uhr. Sie mussten Schützenlöcher graben, Beobachtungsposten mit Munition versorgen und Tote und Verwundete aus dem Dschungel in das Notlazarett des Camps tragen.
    Zu der Zeit erhielten die Amerikaner Verstärkung von einer australischen Einheit, die von Port Moresby aus eingeflogen wurde. Die meisten von ihnen waren verrückt nach Jazz, und sie hatten ein altes Grammofon mitgebracht. Am Abend spielten sie Schallplatten, die sie einem Amerikaner abgekauft hatten. Eines Abends bemerkten sie, wie James und Tyrone außerhalb ihres Zeltes saßen und der Musik lauschten, und luden sie in ihr Zelt ein. Die Whiskyflasche ging herum. Sie teilten sich einige Zigarren. Sie erlaubten James, jede Platte aufzulegen, die er wollte. »Aber dann ging’s richtig los«, erinnerte sich Tyrone, »als sich nämlich herausstellte, wer er wirklich war, nämlich der Tenorsaxofonist aus der Basie-Band. Stellte sich heraus, dass sie sogar eine Count-Basie-Platte hatten, auf der er mitspielte. Mann, sie behandelten ihn wie einen Star!« James saß nächtelang bei ihnen herum und erzählte von seinen Auftritten in New York, als er mit Jay McShann unterwegs war. Eines Tages kam einer der Aussies aus Wau zurück und brachte ein Sopransaxofon mit. »Na ja«, fuhr Tyrone fort, »da wurde Wash wirklich wild und spielte damit so laut und mit so einem Schwung, dass es Thomas zu viel wurde und er ihn wieder für drei Tage in den Bau sperrte.«
    »Weil er Musik gespielt hat?«, fragte Pearl.
    »Thomas behauptete, die Musik würde die Japse anlocken wie die Motten. Danach wurde es dann richtig schlimm.«
    Die Auseinandersetzungen hatten erst zwei Tage, bevor Pearl und die Band ankamen, ihren Höhepunkt erreicht. Das Tal war von feindlichen Flugzeugen bombardiert worden. Granaten und Gewehrfeuer krachten aus den Bergen in der Umgebung, denn die Japaner versuchten das Tal, das ihnen die Amerikaner erst kürzlich abgerungen hatten, zurückzuerobern, hauptsächlich wegen des Flugplatzes. Unter dem Hagel von hochgeschleuderter Erde und Steinen füllten James und Tyrone auf Thomas’ Befehl einen Sandsack nach dem anderen mit Erde und warfen sie über den Rand der Unterstände.
    Die australischen Soldaten waren in einem flachen Schützenloch in der Nähe des Flusses in Deckung gegangen. James und Tyrone trugen gerade jeder einen der Säcke zu ihnen hinüber, als sie bemerkten, wie sich das Gebüsch auf der anderen Seite bewegte. Das bedeutete, dass die Feinde nur noch ungefähr vierzig Meter entfernt waren. Eine Mörsergranate explodierte, und Tyrone ließ seinen Sandsack fallen und sprang in das Schützenloch. Daraufhin erhob sich einer von James’ australischen Jazzfreunden und feuerte drei- oder viermal in diese Richtung. Sie hörten, wie einer von den Japanern aufjaulte, und dann wurde der Australier tödlich getroffen. Als er nach hinten kippte, ließ er seine Waffe fallen. Als Nächstes sah Tyrone, wie James seinen Sandsack wegwarf und sich das Gewehr des Mannes schnappte. Er ließ sich hinter dem Sack auf den Boden fallen und robbte neben dem Schützenloch durch den Schlamm, wobei er den Sandsack als Deckung vor sich herschob. Die Kronen der Palmen schwangen hin und her, obwohl kein Wind ging. Langsam brachte er sein Gewehr in Anschlag und zielte

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