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Bis ans Ende des Horizonts

Bis ans Ende des Horizonts

Titel: Bis ans Ende des Horizonts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Sayer
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fünf Mann bestehen durfte.
    »Eure Kameraden dort oben«, erklärte Rudolph, »haben seit einer Ewigkeit keine anständige warme Mahlzeit gesehen, geschweige denn einen Film oder etwas Derartiges. Wir müssen für sie daher mehr tun als ein paar Liedchen spielen. Sie brauchen eine echte Vorstellung, bei der auf der Bühne etwas geboten wird. Also auch Tanzeinlagen. Sketche. Nach Möglichkeit auch ein paar Zauberkunststückchen.«
    Die Einheit war zwischen der Kommandobaracke des örtlichen Kompaniechefs und dem Verpflegungszelt zum Befehlsempfang angetreten. Es war bereits heiß, und die Mücken summten um ihre Köpfe.
    »Also bitte jetzt, Freiwillige vor«, fuhr der Offizier fort. »Im Prinzip ist jeder angesprochen. Natürlich gibt es keinen Extrasold, aber ihr solltet daran denken, was euer Einsatz für eure Kameraden bedeutet.«
    Alle nickten kurz, hielten jedoch den Blick zu Boden gerichtet und zerquetschten Fliegen und Moskitos.
    Charlie fragte, woher sie Requisiten und Kostüme nehmen sollten.
    »Vermutlich können wir uns was von den Yankees ausleihen. Drüben bei den Latrinen haben sie eine kleine Lagerhalle für alles Mögliche.« Rudolph deutete mit einer Kopfbewegung auf ein kleines Gebäude, eine Baracke mit Wellblechdach jenseits eines Baches.
    Anschließend erkundigte sich Blue mit zittriger Stimme, wo genau die Front verlaufe.
    Rudolph schaute auf den Marschbefehl, den er in Händen hielt. »Die Minnesänger sollen in drei verschiedenen Camps auftreten, die sich im Markham Valley zwischen hier und Nadzab befinden. In Nadzab erhalten sie weitere Befehle; entweder werden sie dann hierher zurückkehren, oder es geht weiter an der Front entlang. Noch weitere Fragen?«
    Pearl wollte wissen, ob sie auch in amerikanischen Camps Vorführungen hätten.
    »Selbstverständlich«, erwiderte der Offizier, der in der zunehmenden Hitze immer gereizter wurde. »Also, wir haben jetzt nicht mehr viel Zeit. Diese neue Show muss bis zum Ende der Woche geprobt werden und dann wirklich stehen. Also, wer macht mit?«
    Etwas später am Tag stand Charlie in einer übergroßen Hose mit Hosenträgern im Verpflegungszelt und imitierte verschiedene berühmte Leute; die Palette reichte von dem berühmten amerikanischen Komödianten und Schauspieler Jimmy Cagney über Hitler bis zu Oliver Hardy, dem Dicken aus Dick & Doof . Dann gab er einen Sketch mit einer Handpuppe zum Besten, die er aus einer Armeesocke gemacht hatte. Obwohl Blue sich vor dieser gefährlichen Tournee an die Front fürchtete, hatte er noch mehr Angst davor, von Charlie getrennt zu sein. Er überraschte alle mit einer Nummer, bei der er auf einem Faltstuhl sitzend die Posaune mit den Füßen spielte; das hatte er schon als Kind gekonnt. Marks, der Schlagzeuger, hatte sich das Gesicht weiß geschminkt und ein Clownskostüm angezogen. Er führte eine Art Stepptanz auf einem Ölfass auf und verwendete dabei sein Gewehr mit aufgepflanztem Bajonett als Spazierstock. Und er konnte sogar auf Händen laufen. Der Organist, Farthing, war ein ausgesprochen kräftiger Typ mit Beinen so dick wie Baumstämme. Er hatte in der kleinen Lagerhalle eine blonde Perücke aufgetrieben und außerdem ein glitzerndes rosafarbenes Kleid, in das er sich hineinquetschte. Die Lippen malte er sich rot an. So kostümiert balancierte er einen Besenstiel auf der Nase und anschließend ein Gewehr auf dem Kopf. Zum Abschluss steckte er sich zwei Ananas in den Ausschnitt des Kleides und imitierte die Filmschauspielerin Mae West, das bekannte Kurven- und Busenwunder. Pearl war besonders darauf erpicht, in den amerikanischen Camps zu spielen, auch wenn diese sehr nahe an der Front waren. Außerdem wollte sie mit Charlie und Blue zusammenbleiben, denn die beiden waren die Einzigen, die ihr Geheimnis kannten. Als sie dran war, stellte sie sich vor Rudolph auf und begann In a Persian Market zu spielen.
    Der Offizier unterbrach sie schnell. »Wir wissen alle, dass du Saxofon spielen kannst, Willis«, bellte er sie an. »Aber für diesen Auftrag brauchen wir etwas Besonderes.«
    Pearl erzählte einen alten Witz, den sie von ihrem Vater kannte, über einen Priester, der an Verstopfung litt. Als sie zur Pointe kam, räusperte sich Rudolph lediglich.
    »Kannst du nicht irgendeine kleine einstudierte Nummer?«, fragte er. »Irgendwas aus der Klamottenkiste sozusagen?«
    Sie schaute von einem zum anderen, jeder hatte sein Utensil: die Handpuppe aus der Socke, den Besenstiel, die Perücke – was auch immer.

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