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Bis auf die Haut

Bis auf die Haut

Titel: Bis auf die Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikki Gemmell
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abwehrend die Hände hoch, will sich nicht weiter darüber ausbreiten –, und dann zwei Hollywoodfilme, die totalen Flops, und seitdem nicht mehr viel. Ich lebe in der ständigen Angst, in einer dieser »Was macht eigentlich …?«-Spalten aufzutauchen.
    Du lachst. Schauspielern gegenüber warst du immer misstrauisch, hattest den Verdacht, dass sie sich nicht mit der schmutzigen Wirklichkeit abgeben, sondern aus zweiter Hand leben. Auch wenn die Frage zu direkt ist, bist du plötzlich so forsch und stellst sie: Aber wovon leben Sie denn, um Himmels willen?
    Synchronsprechen. Werbespots. Ausländische Videolizenzen. Gelegentliche Gastrollen. Und ich war vernünftig genug, mir in jungen Jahren eine Wohnung zu kaufen.
    Und was machen Sie zwischendurch? Wie füllen Sie Ihre Tage aus?
    Lassen Sie mich überlegen – also, ich schlafe erst mal bis um eins. Kipp zum Frühstück ’nen Scotch. Dann zieh ich mir ne Prise Koks rein. Ihr lacht beide. Nein, nichts dergleichen; ich gehe ins Fitnesstraining und unterrichte an der Schauspielschule, nehme an Castings teil, so was in der Art. Ich lese viel, reise viel, gehe Rudern, ins Kino, trinke zu viel Tee.
    Ein solches Leben kannst du dir nicht vorstellen, niemand in deinem Alter lebt noch so in den Tag hinein. Dieser Gabriel Bonilla beantwortet dir deine Fragen mit einer Nonchalance, als hätte er sie schon tausendmal beantwortet. Du findest sein mangelndes Interesse an Besitz und Karriere, seinen ganzen Lebensstil seltsam und weltfremd, doch deine Neugier ist geweckt. Er scheint keine Bedürfnisse zu haben, besitzt eine Wohnung und genügend Geld, um sich über Wasser zu halten, braucht nicht zu kämpfen oder irgendwelchen Dingen hinterherzuhecheln. Diese Leichtigkeit des Seins hat ihre Reize. Und dann erzählt er, dass er an einem Drehbuch über eine Sache arbeitet, der er wie einer Sucht verfallen ist, und du beugst dich wieder vor: Was ist das denn? Kommen sie schon, sagen Sie’s mir.
    Der Stierkampf.
    Du lachst, schluckst dein Lachen aber schnell hinunter. Stopfst das kleine Mädchen in seine Kiste zurück, setzt dich auf den Deckel.
    Stierkampf?
    Auch er lacht, sein Vater war Stierkämpfer, kein sehr erfolgreicher, weil er nicht selbstmörderisch genug veranlagt war, sondern das Leben zu sehr liebte; über Kämpfe in Provinzarenen ist er nie hinausgekommen. Er, Gabriel, habe nun die Idee zu einem Film, habe seiner Familie bereits verkündet, dass er endlich ein richtiges Leben beginnen wolle, und vergrabe sich in den wunderbaren Bibliotheken Londons, den besten der Welt, stecke bis über beide Ohren in Recherchen. Er schreibe auch dort, weil er wahnsinnig würde, wenn er aus seiner Wohnung nicht herauskäme. Du untersuchst seine Hände, die lang und schmal sind wie die eines Priesters, nimmst sie in die deinen. Er erzählt dir, ein Stierkämpfer müsse sich auf die Kraft seiner Handgelenke verlassen, wenn er die Banderillas setzt, und du schiebst deine Hände unter seine Handgelenke und versuchst, sie zu umschließen wie eine Dolle das Ruder, umspannst sie behutsam und hebst sie hoch, um ihr Gewicht zu prüfen.
    Ähneln Ihre Handgelenke denen Ihres Vaters?
    Absolut.
    Aber sie sind so schmal, verulkst du ihn, damit kann man doch keinen Stier umbringen!
    Der Stierkampf hat nichts mit Kraft oder Aggression zu tun. O dios mío, Sie müssen noch viel lernen, und er beugt den Kopf zu seinen Händen hinunter, die immer noch in den deinen liegen.
    Wie ist es so schnell so weit gekommen?
    Du setzt dich wieder zurück. Betrachtest ihn. Die Unterlippe voll, aufgeplustert wie ein Kissen, zum Aufplatzen reif. Die langen, schwarzen Wimpern, wie die Wimpern eines Kindes. Seine Größe, die sogar im Sitzen auffällt, die leichte Befangenheit in seiner Haltung, als wäre er vielleicht in der Schule deswegen gehänselt worden. Der durchtrainierte Körper.
    Er ist schön, auch seine Schüchternheit, seine Anständigkeit, sein Anzug sind schön. Du warst nie mit einem körperlich schönen Mann zusammen, das hat nie eine Rolle gespielt, das war dir nie besonders wichtig. Du stellst dir diesen Gabriel Bonilla nackt vor, deine Hand liegt auf seiner Brust und misst ihre Breite ab und spürt das klopfende Herz, und du schlägst die Beine übereinander und presst die Schenkel zusammen und lächelst wie eine Zehnjährige, die gerade dabei ertappt wurde, wie sie die letzte Praline ihrer Großmutter vernascht.
    Eines Tages nehme ich Sie zu einem Stierkampf mit, das wird Ihnen gefallen,

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