Bis aufs Blut - Thriller
Hoteleingang gehalten hatte, ließ ich Bel herauskommen. Wir verstauten unser Gepäck im Kofferraum und dazu noch eine Einkaufstüte, die Clancy gehörte. Sie enthielt einen Fotoapparat, Filme und einen kleinen Kassettenrekorder.
»Sea Tac?«, fragte der Taxifahrer. Aber ich nannte ihm die Adresse der Autowerkstatt.
Wir fuhren nah am Krankenhaus vorbei und blieben auf der Hauptroute. Aber dann war die Straße gesperrt, und ein Polizist leitete den Verkehr um.
»Da muss ein Unfall passiert sein«, meinte der Fahrer.
»Könnten Sie rechts ranfahren?«, fragte ich ihn. Er tat es. »Warten Sie hier, ich bin gleich zurück.« Ich sagte Bel, sie solle sitzen bleiben. Ich glaube, Sie wusste, was ich befürchtete. Sie biss sich auf die Unterlippe, nickte jedoch.
Ich ging zur Absperrung zurück. Davor hatten sich schon etliche Gaffer versammelt. Ein Auto stand mitten auf der Kreuzung, und allerlei amtlich aussehende Leute gingen geschäftig darum herum. Ein Rettungswagen war ebenfalls vor Ort, aber größtenteils schien es sich bei den Männern um Polizisten zu handeln. Einige von ihnen machten Fotos.
Das verlassene Auto war unser weißer Trans-Am. Die Windschutzscheibe war mit Blut bespritzt. Einer der Gaffer fragte, was da los sei. Ein anderer, der offenbar schon länger da stand, konnte es nicht erwarten, sich als Insider zu outen.
»Eine Schießerei aus einem vorbeifahrenden Auto. Wahrscheinlich Drogendealer, allmählich wird’s hier so schlimm wie in L.A. Die haben ihn über die ganze Innenseite des Wagens verspritzt. Sieht aus wie Erdbeeren in einer Küchenmaschine, haben mir die Bullen erzählt.«
»Erdbeeren?«
Ich entfernte mich mit Füßen wie aus Blei. Bel brauchte keine Fragen zu stellen. Ich sagte dem Fahrer, es gebe eine Programmänderung. Wir fuhren die Aurora entlang, bis wir ein billiges Motel fanden, das in rotem Neon versprach, »Zimmer frei« zu haben.
Es erinnerte mich an das erste Motel, in dem wir nach dem Kauf des Trans-Am abgestiegen waren: knallige Farben und Zimmermädchen, die sich nur sporadisch blicken ließen. Ich ging hinaus zur Eismaschine, während Bel die »garantiert keimfreien« Plastikbecher auspackte, die sie im Bad gefunden hatte.
Wir tranken Tequila. Bel leerte ihren zweiten, bevor sie in Tränen aufgelöst aufs Bett fiel. Ich stand am Fenster und spähte durch die Ritzen der Jalousie nach draußen. Ich hatte ausdrücklich ein Zimmer nach hinten raus verlangt, ohne so recht zu wissen, inwieweit wir da sicherer sein würden. Das Fenster bot eine Aussicht auf den müllübersäten Parkplatz und, jenseits davon, auf eine enge Straße mit heruntergekommenen Bruchbuden, die kaum die Bezeichnung »Bungalows« verdienten.
»Und was tun wir jetzt?«, fragte sie.
»Dasselbe, was wir sonst auch getan hätten«, erwiderte ich. »Nur wissen wir jetzt, dass sie uns dicht auf den Fersen sind. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.«
»Ja, und Morgenstund’ hat Gold im Mund. Das sind doch nur blöde Sprüche, Michael!«
»Bel.« Ich ging zum Bett und zog sie hoch, drückte sie fest an mich. Ich strich ihr mit den Händen über das Haar. Ich küsste ihre feuchten Wangen. Ich wusste nicht, wie lange wir in diesem Motel sicher sein würden. Vielleicht ein paar Tage, vielleicht aber auch nicht so lang. Es gab Dutzende, vielleicht Hunderte von Motels an der Aurora. Aber ich war mir sicher, dass Kline und seine Männer jedes Einzelne davon überprüfen würden. Je schneller wir uns an die Arbeit machten, desto besser.
»Bleib hier«, sagte ich. »Schalt die Glotze an. Die haben hier HBO.«
»Ich will kein HBO! Ich will, dass das alles hier ein Ende hat!«
»Es geht aufs Ende zu, Bel, glaub’s mir.« Das Problem war nur, dass ich mir nicht zutraute, das Skript für das große Finale zu schreiben.
Ich tat etwas, das nicht viele auf der Aurora tun. Ich machte mich zu Fuß auf den Weg. In Sachen Bürgersteige hatte die Avenue nicht gerade viel zu bieten, und die Autofahrer sahen mich an, als wäre ich ein überfahrener Kojote. Weit brauchte ich allerdings nicht zu laufen. Wir waren nicht ganz zufällig in diesem bestimmten Motel gelandet. Ganz in der Nähe gab es fast ein halbes Dutzend Gebrauchtwagenmärkte. Ich spazierte in den ersten und sah mich um. Die hatten hier schon ein paar schicke Sachen auf Lager, blank polierte Exemplare aus den Fünfzigern und frühen Sechzigern, ganz Chrom, Heckflossen und Leder. Aber ich wollte etwas weit Schlichteres. Vor allen Dingen wollte ich Washingtoner
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