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Bis aufs Blut - Thriller

Titel: Bis aufs Blut - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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wirklich demoliert hatte, waren Menschenleben. Eine zerbombte Mülltonne und zerbrochene Fensterscheiben konnte man ersetzen, Wände konnte man mit neuen Backsteinen und Mörtel reparieren. Aber vorhin im Büro hatte ich etwas erkannt: Ich hatte Drapers Schmerz erkannt. Er hatte jemanden verloren, und entgegen meiner schnodderigen gedanklichen Kommentare war es nicht ausschließlich ein finanzieller Verlust für ihn gewesen. Er hatte einen geliebten Menschen verloren. Er mochte ein knallharter Geschäftsmann sein, ein Intrigant, ein rücksichtsloser Vermarkter von Gerüchten und Leid. Ich hatte die Vorschauclips zu einigen seiner Dokus gesehen; sie konzentrierten sich auf Nahaufnahmen weinender Gesichter und in die Enge getriebene Interviewte. Aber er hatte auch eine menschliche Seite. Er konnte das Gleiche empfinden wie seine Opfer. Er machte es gerade jetzt durch.
    Sehen Sie, das ist der Grund, warum ich den Tatort immer möglichst schnell hinter mir lasse. Ich kaufe mir nach einem Job keine Zeitungen. Ich lese nichts über mich und schneide auch keine Berichte über meine Taten aus, um sie in irgendein Sammelalbum zu kleben. Ich erledige den Job und suche das Weite. Ich denke anschließend nie darüber nach. Ich ertränke die Erinnerungen in Alkohol und Reisen.
    Tja, und da war ich nun, stocknüchtern und unterwegs zu etwas, nicht davon weg. Ich war nicht einmal bewaffnet, und Hoffer, das wusste ich, würde es sein.
    Ich ließ mich vom Taxifahrer auf der High Road absetzen und ging die letzten paar hundert Meter zu Harrys Straße zu Fuß. Die Haustür war noch immer nicht repariert worden. Ich sah das gesprengte Schloss, aber keinerlei Anzeichen dafür, dass sie aufgestemmt worden wäre, keine Kratzer, wie sie eine Brechstange hinterlässt. Auch keine Fußabdrücke auf der Türfüllung, was bedeutete, dass der Eindringling mit der Schulter dagegen angerannt war.
    Ich hörte Schritte auf der Treppe. Ein Schwarzer kam heraus und starrte mich finster an.
    »Was ist hier passiert?«, fragte ich. Er schenkte mir keinerlei Beachtung. »Ich bin ein Freund von Harry.«
    Er warf mir einen Blick zu, der von Misstrauen troff. »Is nich da, Mann.«
    »Was ist mit der Tür passiert?«
    »Irgendso’n fetter weißer Scheißer hat sich dagegen geschmissen.« Wäre er ein Hund gewesen, hätte er mich beschnüffelt. »Bulle?« Ich schüttelte den Kopf. Er sah sich um, die Straße hinauf und hinunter. Ein Zug, der bislang im Bahnhof gestanden hatte, setzte sich in Bewegung und fuhr, hoch oben auf dem Damm, an uns vorbei. »Irgendso’n fetter Typ, okay? Hat die Tür eingetreten und die von Harry auch noch. Also sind wir rein, und dieser Typ hat’ne Knarre in der Hand und hält sie Harry vor die Fresse. Harry sieht aus, als ob er gleich den Löffel abgibt, okay? Also haben wir den Fucker verjagt.«
    Ich stieß einen Pfiff aus. Er verlagerte sein Gewicht auf den anderen Fuß und schien stolz über die Rolle zu sein, die er in dem Drama gespielt hatte.
    »Aber Harry geht’s gut?«
    »Keine Ahnung, Mann, der hat die Flatter gemacht. Die Bullen wollten mit ihm reden, aber Harry war weg.«
    »Kann ich ihm nicht verdenken.«
    »Eben.«
    »Hat also keinen Zweck, bei ihm zu klingeln?«
    »Die Bude ist leergeräumt. Die Bullen haben kein Schloss drangemacht, da sind irgendwelche Kids rein und haben alles mitgenommen. Die mussten wir dann auch noch rausscheuchen.«
    Ich nickte, obwohl ich den Verdacht hegte, dass der größte Teil von Harrys Habseligkeiten in der Wohnung der Dealer aufgestapelt lag.
    »Danke, dass Sie ihm geholfen haben«, sagte ich.
    »Hey«, meinte er achselzuckend, »dazu sind doch schließlich Nachbarn da, oder?«
     
    Wieder in meinem Hotelzimmer, legte ich mich aufs Bett und nahm mir die »Bibel« des »Jünger der Liebe?«-Projekts vor. Eleanor Ricks hatte nicht viel weniger als eine Hinrichtung geplant. Die Sekte hatte ihre Wurzeln im Nordwesten der USA - einer Region, die mir vertraut war -, aber ihre Ausläufer erstreckten sich über die ganze Welt. Allein in Europa gab es mehr als ein Dutzend Kommunen, davon allerdings nur eine in Großbritannien. Prendergasts Tochter hatte eigentlich einer Kommune in Südwestfrankreich angehört, aber der Brennpunkt von Ricks’ Recherchen war die britische Enklave an der schottischen Westküste gewesen.
    Wie aus einigen handschriftlichen Notizen am Ende des Dossiers hervorging, war sie zweimal in Schottland gewesen, hatte aber beabsichtigt, sobald ihre »Primärrecherchen«,

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