Bis aufs Blut - Thriller
und der roten Paisleykrawatte machte er wohl einen ausreichend seriösen und telegenen Eindruck. Es war nicht immer leicht, beides gleichzeitig zu erreichen. Ein Taxi sollte ihn abholen, also brauchte er nichts weiter zu tun, als zu warten. Der Hamburger lag ihm im Magen, also schluckte er etwas dagegen, legte sich dann aufs Bett und sah fern. Das Telefon klingelte, und er nahm ab.
»Ja?«
»Mr. Hoffer, an der Rezeption liegt ein Brief für Sie.«
»Was für ein Brief?«
»Ein Bote hat ihn gerade gebracht.«
»Okay, hören Sie zu, ich erwarte ein Taxi, das mich ins Fernsehstudio bringen soll.« Er konnte es sich nicht verkneifen, obwohl er das der Rezeptionistin schon einmal erzählt hatte. »Ich breche in ungefähr fünf Minuten auf, ich hol den Brief dann auf dem Weg nach draußen ab.«
»Ja, Sir.«
Hoffer legte schnell auf. Seine Eingeweide meldeten sich zu Wort, und er stürzte ins Bad.
Als er in seinem Taxi saß, sagte er sich, dass es doch eher an den Langusten liegen musste. Es sei denn, er bekam allmählich ein Geschwür oder was in der Art; der Schmerz fühlte sich ganz danach an, eine Art Krampf. Er packte seine Eingeweide und quetschte sie zusammen, ließ dann wieder los. Irgendwas mit dem Dickdarm vielleicht. Nein, es war nur das Essen. Egal wie luxuriös sich ein Restaurant auch gab - seine Küche war und blieb trotzdem eine Küche, und Krustentiere waren und blieben Krustentiere.
Er riss den braunen Umschlag auf, der an der Rezeption auf ihn gewartet hatte, und erkannte an der Handschrift, in der sein Name geschrieben war, dass der Brief von Barney stammte. Im Umschlag lag lediglich ein maschinengeschriebenes Blatt. Jesus Maria, der Mann hatte das wirklich selbst getippt, aber wichtig waren nur zwei Zeilen: die zwei Adressen in Yorkshire. Der Waffenhändler namens Darrow wohnte in Barnsley, während der mit Namen Max Harrison in der Nähe von Grewelthorpe lebte.
»Grewelthorpe?«, sagte Hoffer laut, als traute er seinen Augen nicht.
»Was ist das, Chef?«, fragte der Taxifahrer.
»Ein Ort oder so.«
»Nie von gehört.«
»Liegt in Nord-Yorkshire.«
»Dann ist ja alles klar, weiter nördlich als Rickmansworth bin ich noch nie gewesen. Yorkshire ist Ausland, hier runter kommen die Eingeborenen nur zu Rugby- oder Fußballspielen. Komische Typen, das können Sie mir glauben. Sie arbeiten also beim Fernsehen?«
Bislang hatte dieser Trip Hoffer lediglich fünf kurze Zeitungsinterviews, ein Feature in einer Sonntags-»Lifestyle«- Beilage, einen Artikel in einer Illustrierten, den er sich mit einem bald anlaufenden Kriminalthriller hatte teilen müssen, und ein halbes Dutzend kurze Radiobeiträge eingebracht. Aber jetzt war das Fernsehen auf ihn aufmerksam geworden, und er schwatzte der Produktionsassistentin das Versprechen ab, dass er eine Kopie der Aufzeichnung bekommen würde.
»Wird aber auf einem amerikanischen Gerät nicht laufen«, warnte sie ihn.
»Dann kaufe ich mir eben einen britischen Videorecorder.«
»Aber vergessen Sie nicht, wir haben hier 240 Volt.«
»Scheiße, dann besorg ich mir eben einen Trafo!«
»Ich versuch Ihnen doch nur zu helfen.«
»Ich weiß, Entschuldigung, ich bin bloß ein bisschen nervös.«
Während sie ihn dann endlos lange Korridore entlangführte, erklärte sie, dass es außer ihm noch drei Gäste geben würde: einen Modedesigner, einen schwulen Fußballspieler und eine Schriftstellerin. Sie lächelte ihm zu.
»Sie stellen die härtere Seite der Show dar.«
»Falls ich diesen verdammten Gewaltmarsch überlebe«, ächzte Hoffer. Dann kam ihm eine Idee. »Haben Sie hier im Haus eine Bibliothek?«
»So was Ähnliches, wir haben ein Recherchenarchiv.«
Hoffer blieb abrupt stehen und schnappte nach Luft. »Könnte ich Sie um einen großen Gefallen bitten?«
»Sie meinen, um noch einen großen Gefallen.« Die Assistentin warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und seufzte. Sie hatte wahrscheinlich schon Gäste gehabt, die sie gebeten hatten, ihnen einen zu blasen. Und im Vergleich dazu, sagte sich Hoffer, war sein Wunsch wahrlich bescheiden.
»Schießen Sie los«, sagte sie, »worum geht’s?«
Also sagte Hoffer es ihr.
Die Talkshow selbst war eine Tortur, und sie mussten alle in Sesseln sitzen, wie sie sich Torquemada als Kackstuhl für besonders verstockte Häretiker ausgedacht hätte. Sie alle außer dem Gastgeber natürlich. Jimmy Bridger, wie der schwule Soccer-Spieler Hoffer in der »Hospitality Lounge« erklärte, war zuerst Sportler,
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