Bis in den Tod hinein
Bewegungen Druck auf ihren Stuhl zu erzeugen. Möglicherweise würde das Holz dabei nachgeben und zersplittern. Das Gebinde der Fesseln um ihre Knöchel würde sich lösen, wenn es ihr gelänge, auch nur eines der Stuhlbeine zu beschädigen.
Du hast dir das falsche Opfer ausgesucht!
Tapfer schob sich das Model Zentimeter um Zentimeter ihrem Ziel entgegen. Als sie sich etwa zwei Meter von ihrer bisherigen Position wegbewegt hatte, stellte van Beuten jedoch fest, dass dies zu einer nicht zu unterschätzenden Konsequenz geführt hatte: Der Lüfter, der die mittlerweile minus vier Grad kalte Luft annehmbar geheizt hatte, konnte ihr aus dieser Entfernung kaum noch Wärme spenden. Und auch wenn Angst, Hunger, Durst und Kälte sie in einen körperlichen Ausnahmezustand versetzt hatten, war Tanja durchaus bewusst, was dies für sie bedeutete.
Du hast nicht viel Zeit, sonst erfrierst du. Also, Fräulein, worauf wartest du noch?
» Wie kann ich Ihnen zu Diensten sein?«, erkundigte sich Daniela Castella, nachdem sie den Anruf von Dennis entgegengenommen hatte.
» Entschuldigen Sie, dass ich deswegen bei Ihnen anrufe, aber ich bin gerade mit Tanja van Beutens Manager in der Nähe von Rathenow unterwegs. Möglicherweise versteckt sie sich in dem ehemaligen Haus ihrer Oma«, erklärte dieser. » Jetzt sehe ich aber gerade, dass ich die Kopie des Grundbuchauszugs in meinem Büro habe liegen lassen. Ich bin noch mal zu meinem Wagen gegangen, aber da liegt sie auch nicht.«
Castella war viel zu gerissen, um nicht zu bemerken, dass es mit dem Anruf ihres Mitarbeiters irgendeine besondere Bewandtnis haben musste. Wegen eines derart simplen Anliegens hätte er unter normalen Umständen niemals seine Vorgesetzte angerufen.
» Dennis«, sagte sie daher in schnörkellosem Ton. » Was ist da los bei Ihnen?«
» Gar nichts, Chefin«, antwortete dieser mit einem Unterton, der auf das genaue Gegenteil schließen ließ.
Weiter musste Castella nicht nachsetzen, denn schon einen Augenblick später erschloss sich ihr von selbst, weshalb Dennis tatsächlich angerufen hatte.
» Verdammt, was macht der denn da?«, rief der Kommissar mit erkennbar gespielter Empörung in den Hörer. » Der kann doch nicht einfach durch das Fenster einsteigen, verdammt, warum habe ich ihn allein am Haus gelassen? Ich muss da sofort hin, Chefin. Ich melde mich später!«
» Tun Sie das«, antwortete die Dezernatsleiterin mit einem anerkennenden Schmunzeln auf den Lippen. » Wenn er in das Haus einbricht, müssen Sie schließlich hinterher und ihn aufhalten. Und wenn er sich dann auch noch aus irgendeinem Grund verstecken sollte, müssten Sie in jedem Raum nach ihm suchen. Also los, tun Sie Ihre Pflicht!«
29
» Ich kann diesen Müll nicht mehr hören.« Boesherz strafte den Fernseher, in dem ein Reporter eifrig über den Mord an Kai Jurek berichtete, mit einem verächtlichen Blick.
Er hatte sich mit Olivia, die zwischenzeitlich im Institut für Rechtsmedizin mit Dr. Adrian Homann gesprochen hatte, in einer Sportsbar nahe dem Pariser Platz, unmittelbar vor dem Brandenburger Tor, verabredet.
» Stimmt«, gab den beiden ein kräftig gebauter Berliner recht, der breitbeinig am Tresen saß. » Der Fatzke bringt doch nur Leute um, die eh keener braucht. Die sollen lieber dit Model finden!«
» Ganz mein Reden«, antwortete Boesherz dem stämmigen Mann mit der Bulldogge, der bereits sein drittes Hefeweizen trank. » Die Polizei kommt ja total durcheinander, wenn sie sich um alles gleichzeitig kümmert. Immer schön ein Fall nach dem anderen.«
Der Angesprochene, dem Boesherz’ Spott allem Anschein nach entgangen war, drehte sich heftig nickend um und verfolgte weiter die Ausführungen des Reporters, denen zufolge dem Innensenator anzuraten sei, eine nächtliche Ausgangssperre zu verhängen, bis man den brutalen Serienmörder gefasst hätte. Anstatt sich über den offensichtlich unsinnigen Vorschlag zu echauffieren, setzte Boesherz sein Gespräch mit Olivia fort.
» Also, was sagt Adrian?«
» Wir haben den Jackpot«, freute sich Holzmann und sog dann an dem Strohhalm, der aus ihrem übergroßen Erdbeermilchshake hervorragte. » Jurek hat definitiv mit seinem Mörder gekämpft, es gibt alles, was man sich wünschen kann: Haare, Hautschuppen, Blut. Zwei Tage wird die Analyse brauchen, dann schicken wir Jacks DNA sofort durch das System.«
Boesherz war von dieser Neuigkeit wenig beeindruckt.
» In zwei Tagen bringt es Jack auf drei oder vier neue Opfer, das
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