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Bis in den Tod hinein

Bis in den Tod hinein

Titel: Bis in den Tod hinein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Kliesch
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gekümmert, dass ihm einige Gramm Marihuana an die Wohnungstür geliefert worden waren. Dann hatte er seine Heizung auf volle Leistung eingestellt und seine Türklingel deaktiviert. Es kam immer wieder vor, dass besonders hartnäckige Journalisten seine Adresse herausfanden, um ihm Geld für ein exklusives Interview anzubieten. Tatsächlich zahlten sie aber fast immer schlecht, und alles, was später zu lesen war, widersprach seiner Wahrnehmung von sich selbst und dem, was er in den Gesprächen gesagt zu haben glaubte.
    Es klopfte erneut, dieses Mal jedoch länger und kräftiger.
    » Mann, Fresse!«, rief Moldenhauer quer durch die kleine Wohnung.
    Als es kurz darauf ein weiteres Mal klopfte, hielt es den jungen Mann aber nicht länger auf seiner Couch. Aus einer Mischung von Verärgerung und Neugier heraus marschierte er durch den mit allerlei Gerümpel verstellten Flur bis zu seiner Wohnungstür, in die kein Spion eingebaut war.
    » Was ist denn?«, fragte er durch das dünne Pressholz hindurch.
    » Vermissen Sie das hier? Ich habe es vor Ihrer Tür gefunden«, fragte eine eher helle, wenig bedrohlich klingende Männerstimme.
    » Was vermisse ich?«
    Moldenhauer war erleichtert darüber, dass es sich weder um einen Journalisten noch um jemanden zu handeln schien, dem er Geld schuldete.
    » Ich weiß nicht genau. Es ist in einem Umschlag, ich will das nicht aufmachen. Es lag hier so, als ob es jemand für Sie abgegeben hätte.«
    Steve Moldenhauer überlegte. Konnte es sich möglicherweise um einen Trick handeln, mit dem ihn jemand dazu bringen wollte zu öffnen? Er war sich sicher, keinen Umschlag verloren zu haben, andererseits war vorhin sein Drogenlieferant bei ihm gewesen, der durchaus etwas hätte verloren haben können. Was, wenn es sich dabei um Marihuana oder Bargeld handelte?
    » Lassen Sie es einfach da liegen«, antwortete er schließlich. » Ich hole das später rein.«
    Es dauerte einige Sekunden, bis der Mann im Flur antwortete.
    » Ja, gut. Dann noch einen schönen Abend!«
    Moldenhauer versuchte, anhand von Geräuschen festzustellen, ob der Unbekannte in eine Wohnung auf der Etage gegangen war, den Fahrstuhl gerufen oder das Stockwerk über das Treppenhaus verlassen hatte. Doch alles, was dabei an sein Gehör drang, war das Brüllen zweier Frauen. Im Fernseher beharkten sich die Damen mittleren Alters ohne jedes rhetorische Niveau darüber, wem von ihnen die Gunst eines ohnedies nicht als übermäßig attraktiv zu bezeichnenden Herrn mit Schmerbauch und Oberlippenbart zustehe. Sehr bald gerieten die Improvisationskünste der Darstellerinnen jedoch an ihre Grenzen, woraufhin der Disput in ein nicht enden wollendes Guck du dich doch selbst mal an! mündete.
    Ungeachtet dessen entschied sich Steve Moldenhauer dafür, besser noch eine Weile abzuwarten, bis der Mann– wer immer es auch gewesen sein mochte– verschwunden war. Sein Misstrauen war dabei nicht allein seinen negativen Erfahrungen mit Presse und Polizei geschuldet. Es kam ihm vor allem verdächtig vor, dass sich in diesem Haus, das er bereits seit Jahren bewohnte, tatsächlich jemand darum bemüht haben sollte, eine Fundsache an ihren mutmaßlichen Eigentümer zurückzugeben. Moldenhauer kannte niemanden, weder in diesem Gebäude noch in seinem sozialen Umfeld, der einen verlockend aussehenden, unbeobachtet aufgefundenen Umschlag nicht unverzüglich selbst eingesteckt hätte. Er beschloss daher, noch eine Weile zu warten, bis er vor seiner Tür nachsehen würde.
    Der junge Mann ging den kurzen Weg in das einzige Zimmer der Wohnung zurück, ließ sich wieder auf sein Sofa sinken und zündete die Zigarette an, die er vor seinem Gang zur Tür im Aschenbecher abgelegt hatte. Während aus dem Fernseher nun O-Töne der Laiendarstellerinnen in die Kamera gesprochen wurden, die die Redaktion mit sarkastischen Texteinblendungen unterlegt hatte, klingelte Moldenhauers Handy. Ohne auch nur darüber nachzudenken, sah er zuerst auf das Display und nahm den Anruf dann entgegen.
    » Alter, was geht?«, begrüßte er den Anrufer, mit dem er gelegentlich um die Häuser zog, wenn ihnen langweilig war.
    » Heute Klub, bist du dabei?«, erhielt er zur Antwort.
    » Auf keinen Fall, Mann. Arschkalt!«, wiegelte Moldenhauer ab und stellte endlich den Fernseher leiser. » Mach mal ’n paar Ladys klar und komm rüber.«
    » Auf keinen! Komm mal mit, Alter.«
    Das Gespräch gewann in seinem weiteren Verlauf zwar nicht an Substanz, dauerte aber ungeachtet dessen noch

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