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Bis in den Tod hinein

Bis in den Tod hinein

Titel: Bis in den Tod hinein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Kliesch
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ein zauseliger Professor, schwache Gags und für seine anspruchsvollen Ohren äußerst strapazierende Hintergrundmusik waren ihm davon nicht in Erinnerung geblieben. Die Bühnenumsetzung des Stoffes, die, ebenso wie schon der Film, von Roman Polanski inszeniert worden war, stellte in den strengen Augen des Kommissars allerdings keinen Vergleich dazu dar. In opulenten Kostümen bewegten sich allerlei unheimliche Gestalten durch ein ausgereiftes Bühnenbild und sangen Arien, die ebenso bombastisch wie bewegend waren. Auch wenn Boesherz die leichte Muse an sich nicht besonders am Herzen lag, konnte er nicht umhin, sich von der Geschichte um Professor Abronsius und seinen jungen Schüler Alfred mitreißen zu lassen.
    Jetzt gerade war es der Darsteller des Vampirs Graf von Krolock, der im Angesicht der Gräber der Frauen, die er über die Jahrhunderte geliebt und doch getötet hatte, über sein Leben als Untoter sann und dabei eine der bewegendsten Arien des Musicals vortrug.
    » Man muss ja heute schon froh sein, wenn Vampire keine verweichlichten Luschen in Designeroutfits sind, die romantisch dasitzen und den Menschen nichts tun«, flüsterte Severin Linda Bartholy ins Ohr, die zufrieden in sich hineinlächelte.
    Boesherz ging zwar nicht selten mit Frauen aus, doch nur vereinzelt kam es dazu, dass er eine seiner Bekanntschaften danach noch ein weiteres Mal treffen wollte. Vielleicht, so überlegte er, hatte Olivia nicht ganz unrecht mit ihrer Vermutung gehabt, er mache sich möglicherweise selbst nur etwas vor. Vielleicht war ihm das Leben als Single mit all den Freiheiten und Vorzügen der Selbstbestimmtheit im tiefsten Innern tatsächlich lieber. So gab es schließlich niemanden, der Schmutz in seine Wohnung tragen oder permanent die Möbel umstellen würde. Niemanden, der sich beschwerte, wenn er wieder viel zu viele Überstunden gemacht hatte, und niemanden, der ihm immer wieder auszureden versuchte, einen so gefährlichen Beruf auszuüben.
    Aber ewig einsam sein?, ging es ihm durch den Kopf, während er der Arie weiter lauschte.
    » Ich will ein Engel oder ein Teufel sein und bin doch nichts als eine Kreatur, die immer das will, was sie nicht kriegt«, hieß es in dem Liedtext, den der Autor Michael Kunze geschrieben hatte.
    Und, Severin, fragte sich Boesherz dabei und sah noch einmal kurz zu Bartholy hinüber. Willst du sie? Oder ist sie auch bald nur noch ein Kreuz auf deinem Friedhof der gescheiterten Versuche?
    Nachdem der letzte Vorhang gefallen und das Ensemble mit begeisterten Ovationen gefeiert worden war, hatten Boesherz und Bartholy sich noch in das Restaurant begeben, das sich direkt neben dem Theater des Westens befand.
    » War das Ihr erstes Mal?«, fragte Linda mit einem Zwinkern und nahm dabei einen zaghaften Schluck von ihrem Weißwein.
    Boesherz zog mit aristokratischem Gesichtsausdruck seine linke Augenbraue hoch.
    » Meine Eltern haben mich schon als Kind vor der Großstadt gewarnt. Ein Moloch, der mich mit seinem Glanz und seinen Verführungen vom rechten Weg abbringen wird«, antwortete er. » Und jetzt sehen Sie, was aus mir geworden ist: Ich war in einem Musical. Meine Eltern hatten recht!«
    Beide lachten, bevor Linda Bartholy sich vorbeugte und an ihrem Blick erkennen ließ, dass sie Boesherz eine ernst gemeinte Frage stellen wollte.
    » Glauben Sie an Zufälle?«
    Linda bemerkte bereits an Severins Gesichtsausdruck, dass er eine klare Haltung zu dem Thema zu haben schien.
    » Von allen möglichen Erklärungen ist der Zufall immer die mit Abstand unwahrscheinlichste«, dozierte Boesherz auch sofort, als stehe er einer Gruppe Studenten der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege gegenüber.
    » Wie würden Sie das denn nennen: Sie sind kaum ein paar Wochen in Berlin, schon taucht dieser Serienmörder auf. Und von allen Experten auf diesem Gebiet werde ausgerechnet ich zu dem Fall hinzugezogen.«
    Boesherz entging nicht, welche Botschaft Linda Bartholy ihm mit dieser Andeutung zu übermitteln versuchte. Auch verkannte er weder ihre Blicke noch ihre Körpersprache.
    Sie meint es aufrichtig. Und du?
    » Auch das war kein Zufall, jedenfalls kein lupenreiner«, gab Severin zur Antwort. » Alle Ihre Bücher über Serienmörder waren in den Bestsellerlisten, und das aktuelle läuft auch gut an. Der Fall Jack interessiert die Medien in besonderem Maße. Betrachtet man also das Aufeinandertreffen von Serienmorden und hohem Medieninteresse, kommt man schnell zu dem Schluss, dass Castella von

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