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Bis zum letzten Atemzug

Bis zum letzten Atemzug

Titel: Bis zum letzten Atemzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudenkauf
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ist doch selbstverständlich. Wir sind froh, wenn wir helfen können.«
    »Wenigstens brummt der Laden«, scherze ich lahm und greife in meine Tasche, um Lonnie für den Kaffee zu bezahlen.
    »Der geht heute aufs Haus«, sagt er und schüttelt den Kopf. »Ich kann den Leuten doch kein Geld für Kaffee und Kuchen abnehmen, wenn das hier der schlimmste Tag ihres Lebens werden könnte.«
    »Danke, Lonnie«, sage ich. »Das ist wirklich sehr nett von dir.« Er zuckt mit den Schultern und hinkt zurück hinter den Tresen, wo er Kaffeebecher nachfüllt und die Leute zum Lächeln bringt. Wieder einmal werde ich daran erinnert, warum ich Broken Branch so mag und warum ich mich entschieden habe, hier zu wohnen, zu arbeiten und Maria aufwachsen zu lassen. Ich hoffe nur, dass wir jeden einzelnen Schüler, Lehrer und Mitarbeiter der Schule sicher aus dem Gebäude bekommen. Ansonsten könnte es sein, dass neunzig Prozent von Broken Branchs Kindern auf einen Schlag ausgelöscht werden. Trotz der Wärme im Café und dem heißen Kaffee in meinen Händen lässt mich der Gedanke zittern. Sollte das passieren, würde Broken Branch zu einer Geisterstadt, würde der Ort sterben und verdorren. Das dürfen wir nicht zulassen. Ich darf das nicht zulassen. Maria muss in ihr Zuhause, ihre Stadt, zu ihrer Schule und ihren Freunden zurückkehren. Zu mir.

HOLLY
    »Vielleicht kann ich mal für ein paar Minuten nach draußen gehen, wenn Augie und P. J. hier sind«, erzähle ich meiner Mutter hoffnungsvoll, als sie in mein Zimmer zurückkehrt. Ich war seit beinahe acht Wochen nicht mehr draußen und kann den Himmel von Arizona nur durch das Fenster meines Krankenhauszimmers sehen.
    »Ja, vielleicht«, erwidert meine Mutter zweifelnd. Ich weiß, sie macht sich Sorgen wegen der Hitze und der starken Sonne. Für den Rest meines Lebens werde ich meine beschädigte Haut sorgfältig bedeckt halten müssen, um keinen Sonnenbrand zu riskieren. »Oh«, sagt meine Mutter und holt ihr Handy aus der Handtasche. »Ich frage mich, wer das ist?« Sie hält sich das Telefon ans Ohr. »Hallo?«, sagt sie mit der überlauten Stimme, die sie am Handy immer benutzt, wie ich in den letzten Wochen gelernt habe. Als ich meine Mutter das letzte Mal vor dem Unfall gesehen habe, habe ich noch kein Handy besessen und meine Mutter garantiert auch nicht. Sie hält die Hand über das Mikrofon. »Das ist Gloria Warren«, flüstert sie und steht auf, um das Zimmer zu verlassen. »Ich bin gleich wieder zurück.«

MEG
    Als ich mich dem Tisch nähere, an dem Verna Fraise sitzt, erheben sich die drei Männer und tippen sich grüßend an die Hüte.
    »Gibt es Neuigkeiten von meinen Enkelinnen?«, fragt Verna hoffnungsvoll.
    »Nein, leider nicht«, erwidere ich entschuldigend. »Aber ich habe ein paar Fragen an Sie.«
    »Dann lassen wir euch mal allein.« Will Thwaite tritt vom Tisch zurück, und die anderen Männer folgen seinem Beispiel.
    »Mr Thwaite, wenn Sie noch bleiben könnten …«, sage ich.
    Er zögert einen Moment, setzt sich dann aber wieder hin.
    Will Thwaite muss mindestens schon siebzig sein, aber er sieht jünger aus. Er wirkt auf diese lebhafte, rotgesichtige Art gesund, die typisch ist für Menschen, die viel im Freien arbeiten. Er hat einen breiten Brustkorb und O-Beine, ist ungefähr einen Meter fünfundsiebzig groß, wirkt aber viel größer. Sein Gesicht wird von tiefen Falten durchzogen und von roten Flecken, die selbst für mein ungeschultes Auge nach Hautkrebs im Anfangsstadium aussehen. Er trägt seine Arbeitskleidung – Overall, Stalljacke und braune, schmutzverkrustete Lederstiefel. Abwesend rührt er Milch in seinen Kaffee und wartet darauf, dass ich anfange zu sprechen.
    Verna hingegen lässt mir keine Möglichkeit, irgendeine Frage zu stellen, weil sie selber zu viele hat. »Haben Sie irgendeine Ahnung, wo Beth ist?«, fragt sie. »Warum ist sie nicht mit dem Rest ihrer Klasse hergekommen?«
    »Ich weiß es nicht«, gebe ich offen zu. »Einer ihrer Klassenkameraden hat berichtet, dass Beth die ganze Zeit über sehr aufgebracht gewesen ist …«
    »Was erwarten Sie denn?«, unterbricht mich Verna. »Ein Mann mit einer Waffe stürmt in die Schule. Natürlich ist sie da aufgebracht. Ich würde mir mehr Sorgen machen, wenn sie es nicht wäre.«
    »Das ist das Problem.« Ich verschränke meine Finger und lege die Hände auf den Tisch. »Nicht einer der Schüler, der aus Beths und Augies Klassenzimmer kam, wusste von dem Eindringling. Sie wussten, dass es

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