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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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zeitgemäß!« Schierstädt lachte laut. »Kommen wir zur Sache! Die Vereinigung der acht Provinziallandtage als vereinigter Landtag wird dem Volke kaum genügen, solange nur Eisenbahn- und Steuerfragen dort behandelt werden sollen. Die Zweite Kammer sticht auch sehr ab gegen die Erste, das Herrenhaus. Immerhin ist's ein guter Anfang, und ich beglückwünsche Sie nicht, Bismarck, daß Sie bei der Eröffnung nicht anwesend sind. Dieser 11. April1847 wird sicher von Bedeutung sein, und das wäre was für Sie unruhigen Geist.« – –
    Otto Bismarck war ganz einfach ein verliebter Bräutigam. Wenn seine Braut mal nicht zur rechten Zeit einen Liebesbrief schickte, lief er umher wie ein brüllender Löwe, »Jeanne la méchante!« »Tigresse!« »La chatte la plus noire!«
    Das Einstreuen französischer und englischer Brocken konnte er nicht lassen. Sogar Byrons Gedichte an die Schwester Augusta schrieb er seitenlang ab, um seine Gefühle auszudrücken, als sei er ein von aller Welt verlassener Verfemter, dem nur ein treues Frauenherz gehört. Zuletzt mußte er selber lachen und setzte darüber: » All nonsense! « Worauf er als echter Diplomat eiligst dem Gefühlskreis Johannas sich anpaßte und einen Bibelspruch hinsetzte: »Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet. Alle Engel wollen Dich behüten, mein geliebtes Herz.« So geschehen am 14. März. Die politischen Ereignisse, die sich vorbereiteten, ließen ihn völlig kalt. Bruder Bernhard in Naugard, Schwester Malwine von einer Tochter entbunden, Termin wegen Kreissparkassen, andere Polizeigeschäfte als Gemeindevorsteher – das alles kümmerte ihn weit mehr. Die Langeweile war sonst sehr groß. Ein Sonntag auf dem Lande hat's in sich. In seiner Unruhe über Ausbleiben des gehofften Liebesbriefes lief er zwei Stunden im Regen auf der Chaussee herum, ohne sogar die geliebte Zigarre anzuzünden, und summte nach erfundener Melodie vor sich hin: »Qu'est que cela veut dire? And why don't you write?« Am Abend kam sein Herr Nachbar, ein Stadtrat Gärtner. Verfluchter Kerl! Bleibt noch zum Abendessen, den Sonntagabend darf man auf dem Lande nichts anderes vorhaben, als sich besuchen lassen.
    »Wissen Herr v. Bismarck schon, daß es in Berlin nun wirklich losgeht mit dem Vereinigten Landtag? Die Magdeburger Stände senden alle Herrn v. Brauchitzsch. Leider ist der etwas leidend, wird sich hoffentlich geben. Man wird aber für alle Fälle unter den sechs Stellvertretern Sie an die erste Stelle setzen.«
    »Mich? Mein Gott, ich bin ja noch fremd in der Provinz, so lange in Pommern.«
    »Aber doch hier erbeingesessen. Wir halten alle große Stücke auf Sie, mein verehrtester Herr. Mit Ihrem offenen Kopf und freimütigem Wesen werden Sie uns sicher im Landtag Ehre machen.«
    »Das Vertrauen freut mich. Aber fürs erste ist Brauchitzsch an der Reihe, und ich habe viel Wichtigeres zu tun, nämlich mich bald zu verheiraten!«
    »O, gratuliere. Ich sehe wohl, wir dürfen nicht so plötzlich aus dem Hinterhalt ein Attentat auf Sie verüben, hehe! Ihre gnädige Frau Schwester hat ein glückliches Ereignis hinter sich, wie aus der Zeitung ersehe? Hoffentlich alles gut gegangen?«
    »Danke, beide Damen befinden sich wohl, Mutter und neues Töchterlein. Wissen Sie, werter Herr Nachbar, die Familie istdoch das einzig wahre, das ist das einzige warme Nest, was man hat fürs Gemüt. Die Politik mag für sich selber sorgen, die läuft von selber ihren Gang. Alles kommt doch so, wie es kommen muß.«
    »Ha, die patriotische Staatsbürgerpflicht, die doch Herr Deichhauptmann so pflichtgetreu in Ihrem Ehrenamt erfüllen –«
    »Das ist was anderes. Noblesse oblige man muß natürlich sein tägliches Pensum abarbeiten für das Gemeinwohl. Aber was darüber ist, das ist vom Übel. Seine Majestät haben nur Bedarf für einen Staatsmann, sich selber, den unumschränkten Herrn von Gottes Gnaden, der die Verantwortung trägt, und er allein. Was hat man sich da viel hineinzumischen!«
    »Nun ja, aber man hat doch seine Grundsätze, politische, meine ich.«
    »Grundsätze sind nur dazu da, um auf die Probe gestellt zu werden. Dann schmeißt man sie nämlich weg, wie der Bur seine Pantinen, und läuft barfuß durch den Dreck. Unsere Beine sind alle von Natur gleich gewachsen, jeder marschiert seine eigene und doch die gleiche Route, sie heißt ungesunder Eigennutz, lieber Herr Stadtrat!« Dieser Herr wollte sich krümmen vor Lachen und schwor sich zu, solche faulen Witze des

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