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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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auf Manteuffel selber. Dieser, durch den gleichfalls gereizten Polizeipräsidenten Hinckeldey unterstützt, mit dessen anrüchigem Gebaren er jetzt sein Wesen trieb, rächte sich durch Verfolgung und Konfiszierung des regierenden Blattes, brachte Wagener beinahe ins Gefängnis,dafür Quehl in eine allgemeine politische Zensorstellung. Er überwies ihm königliche Gelder, mit deren Hilfe und seiner eigenen geschickten Feder er gegen die andern Minister Westfalen und Raumer die ganze Presse bearbeitete.
    »Nun ist unser guter Rauch ja auch tot«, klagte Gerlach, als ihn Otto in Sanssouci aufsuchte. »Sie sind gottlob noch jung, sonst würde der gesunde Menschenverstand ganz aussterben. Der p. p. Quehl läßt jetzt hochgestellte Beamte auf sein Sofa sitzen, die ihm die Cour schneiden, und prahlt ihnen vor, auch der Thronfolger sei mit ihm ein Herz und eine Seele. Reden Sie mit Seiner Majestät, reden Sie mit Manteuffel!« Letzterer zog sich als zürnender Achilles auf sein Gut Drahnsdorf zurück, weil der König gegen ihn unangenehm wurde und ihn unhöflich bewitzelte, was sonst nicht seine Art war. Denn die wahre königliche Tugend der Höflichkeit vergaß er kaum je im höchsten Unwillen, und nur seine launenhafte Selbstherrlichkeit hinderte ihn, Anhänglichkeit zu erwerben. Der Satz »the King can do no wrong« ist auch so eine englische Heuchelei, denn in den Reibungen der Wirklichkeit geht diese Unantastbarkeit in die Brüche, die Näherstehenden beurteilen den Monarchen wie jeden andern Privatmann. So katzbalgten die Königstreuen sich gegenseitig munter, ohne sich im geringsten um die peinliche Stimmung des Gebieters zu kümmern. Der Fall Quehl stand jedenfalls für alle Berliner Politiker allein auf der Tagesordnung. Wenn Otto aus Frankfurt, wo doch wenigstens wirkliche Politik gemacht wurde, in dies Allerheiligste der Monarchie hinabstieg, bedrückte ihn ein seelischer Armeleutegeruch wie Kellerluft. Eine Heidenangst stand er aus, der König wolle ihn mal wieder als Ministerprätendenten ausspielen, etwas Unangenehmes, wenn nichts daraus wird, aber hier noch unangenehmer, wenn etwas daraus geworden wäre. Um Manteuffel zu stützen, schaffte er ihm Quehl vom Halse, dem er ins Gewissen redete, er solle für sein materielles Fortkommen sorgen und die »hohe« Politik an den Nagel hängen. Das Geneneralkonsulat in Kopenhagen mit starker Gehaltsaufbesserung stopfte für immer diesen beredten Mund, während leider andere Patrioten weiterhungerten, da es doch nicht so viele Konsuln gibt als Patrioten.
    »Ich würde mir Pourtalés als Minister anschaffen, teuerster Bismarck«, gestand der König, »doch der hat 30 000 Taler Revenüen zu viel, eine ergiebige Quelle des Ungehorsams.« Dieser nicht mal dem eigenen Willen Gehorchende hielt jede nur bedingte Unterwerfung für Felonie. »Ich habe jetzt, mein treuer Freund und Manne, eine große Idee. Mein Freund Bunsen, dieser von Gedanken schwangere klare Geist, teilt die Welt in protestantisch-konstitutionelle und jesuitisch-revolutionär-absolutistische Staaten. Mir scheint da etwas englische Färbung unterzulaufen. Doch urgesund ist Bunsens Drängen auf ein Oberhaus nach englischem Muster.« Diese gräßliche Bunsensche Faselei mußte Otto miteiserner Miene anhören. »Räudige Schafe der Rechten und stänkrige Böcke der Linken wollen mir opponieren, Sie aber, teuerster Bismarck, müssen die Leute Räson lehren.« »Das wird schwer halten, Majestät, mein Einfluß auf die Fraktion hat keine Basis mehr, die Fraktionsleitung mißbilligt meine Bestrebungen in Frankfurt.«
    In der Tat stieß er bei den Fraktionsleitern Ludwig v. Gerlach und Professor Stahl, seinen einstmaligen Genossen, auf schlecht verhehlte Unfreundlichkeit. »Sie können nicht verlangen, daß ich als Vortragender Rat über die deutschen Angelegenheiten, die ich genauer kenne als Sie, mich der Gesamtleitung unterordne. Ihre Anschauung über unser Verhältnis zu Österreich läuft der meinen zuwider.«
    »Dann treten Sie aus der Fraktion aus!« rief Gerlach hochempört. »Wir müssen einheitliche, absolute Gesamtleitung beanspruchen. Sie neigen zum Bonapartismus, wie ich fürchte, und sind eine Pilatusnatur mit dem Spruche: Was ist Wahrheit! Unsere Wege werden sich trennen und wir als Gegner enden.« Stahl sprach nicht so scharf, aber bekümmert. Daß dies von ihnen ausgebrütete Ei klüger sein wolle als so hervorragende Hennen, schien den Herren ein Sakrilegium.
    Aus dem Parisschub wurde nichts, das

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