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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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stotterte Entschuldigung vor den Damen. »O ich Dämelack bei den Pietisten!« jammerte er in Naugard. »Die kleine schwarze Kröte Johanna hat Augen gemacht – zum Totschießen!«
    Der Gutsherr vom Kniephof bereitete aber seinen Gastfreunden noch eine andere freundliche Überraschung, wenn sie zur Nacht bei ihm Unterschlupf fanden. Pünktlich bei Sonnenaufgang knallte er Pistolenschüsse vor ihren Schlafzimmern ab und belehrte die unsanft Geweckten mit mock-heroischem Pathos: »Morgenstunde hat Gold im Munde. So führt man arme Sünder auf den sogenannten Pfad der Tugend.« hervorragend niederträchtig benahm er sich gegen einige entfernte Kusinen, die ihn mit zartem, weiblichem Mitleid heimsuchten, um ihn von so ödem und rauhem Junggesellentum zu bekehren. Er empfing sie ritterlich, nahm Tassen verhaßten Tees aus ihren weißen Händen demütig entgegen. Da öffnete sich die Saaltür,und zwei gezähmte Füchse, die er auf dem Gutshof unterhielt, stürmten ungebeten herein mit gierigem Zähnefletschen. Aufkreischen, Ohnmachten, Anspannen und Abfahren trotz aller Versicherung, daß dies angenehme, behagliche Haustiere seien. Der rohe Junker verbeugte sich bis zur Erde, seine Füchse und Wolfshunde neben sich, als die Damen unter einem wüsten Geheul des Tierchorus das Weite suchten, und knallte dazu mit der Peitsche. »Damen in so hohen Semestern sollten sich nicht in meine Wildnis wagen. Mein Name ist Lederstrumpf und nicht Hase.« Und damit ritt er fröhlich auf die Hasenjagd, seine Hühnerhunde Chincacok und Unkas, die letzten Mohikaner, sprangen neben ihm um die Wette.
    Da er tagelang in der Sonnenglut umherwanderte, bräunte sich seine Gesichtsfarbe, und er kam als wilder Asiate, mit einem Turban auf dem Kopf, auf den Tanzboden bei Plathe. Keilerei und Tanzvergnügen, wie er als Student auf der Berliner Hasenheide es manchmal genoß, suchte er aber vergebens, wenn er einem Dorfrüpel seine Liebste zum Tanz entführte, sintemal die ganze Umgebung seine derben Fäuste kannte und sich nicht herangetraute. Bäche von Champagner, Marke Montebello, schwemmten ihm jeden Abend den Staub des Tagewerks weg, und nach der gehörigen Bettschwere erwachte er ohne Kopfschmerzen, um Geschäftsbriefe zu schreiben. In einem Wahlkampf zeigten sich die Früchte seines Ringens um den Beifall seiner lieben Nachbarn. Vier Wahlmänner schworen sich ihm zu auf Leben und Tod, zwei waren lauwarm, der ganze Rest eine geschlossene Phalanx gegen ihn, so daß er aussichtslos zurücktrat und sich diebisch über den Spaß freute.
    Der Mond sah freilich manchmal ein anderes Bild, wenn der heimkehrende Gutsherr angekleidet auf seinem Bettrand saß und in die Nacht hinausstarrte. Da gingen ihm tausend Gedanken durch den breiten Schädel, bis er in einem Anfall verzweifelter Schwermut sein Gesicht in den Händen vergrub: »Verfehltes Leben!« Und die Post brachte nicht immer »Kisten von Spirituosen«, sondern auch dicke Bücherpakete. Das sogenannte Bibliothekzimmer, das auf deutschen Herrensitzen seit Urvätertagen seinem Namen Unehre macht – locus a non lucendo –, füllte sich bei ihm ansehnlich. Er brütete oft bis tief in die Nacht hinein bei einsamer Studierlampe über einem Folianten wie Magister Faust, und kein Geringerer als Spinoza bot ihm die schwere Kost für seinen hungernden, einsamen Geist. Aber er fand nur den alten Spruch, daß wir nichts wissen können, und sein Faustischer Drang tat ihm schier das Herz verbrennen.
    Sein Schulfreund Moritz v. Blanckenburg, ein kirchlich Bigotter, völlig beschränkt in religiösen und politischen Dingen, aber ehrenwert, treu und reinen Herzens, drohte ihm, seine Besuche einzustellen. »Otto, mit dir geht es immer mehr bergab. Du mißachtest Gottes Gebot, alle Herren Pastoren wehklagen überdich. In die Kirche gehst du selten und nur anstandshalber, neulich hast du in deinem Betstuhl laut gegähnt und der Gemeinde ein Ärgernis gegeben. Es ist furchtbar, was man alles hört. Du bist das Gespräch und Gespött aller Gutgesinnten zehn Meilen in die Runde. Raffe dich auf aus deiner sündigen Verkehrtheit und lebe wie ein Christenmensch!«
    »Lieber Moritz«, lehnte der Kniephofer ruhig ab, »Du weißt, ich hab' dich gern, drum hör' ich deine Predigt zu Ende. Aber laß ab, mich ändern zu wollen. Viele sind berufen, wenige auserlesen. Ich jedenfalls nicht, kann nicht aus meiner Haut fahren.«
    »Du sollst aber auserlesen sein, denn du bist berufen durch deine großen Gaben.«
    »Für was? Wenn

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