Bissig! (German Edition)
ungern eingestand.
Mit feuchten Augen hatte Jess zugehört, wie dieser Léon sich Usher vorgenommen hatte. Verdammt, sie hatten es die ganze Zeit miteinander getrieben und er war dabei fast vergangen vor Zorn und Eifersucht. Jetzt war endlich Ruhe, natürlich mussten sie schlafen. Die Wut kochte schon wieder in ihm hoch und vertrieb seine Müdigkeit.
Routiniert wie immer brachte er die Übergabe an die Tagschicht hinter sich. „Mehr ist nicht passiert, die Unterhaltung war dann beendet. Du musst dir die weiteren Aufzeichnungen nicht anhören, Charlie. Ich war wach und es ist nichts Bemerkenswertes vorgefallen.“
Sein Kollege nickte und steckte sich das Headset ins Ohr. Jess wandte sich Jerry zu, der sich auf einen Stuhl gesetzt und an die Wand gelehnt hatte. Irgendwie ärgerte es ihn, dass Jerry so unschuldig wirkte, wenn er schlief. Doch bevor Jess fiese Gedanken zuließ, rief er sich ins Gedächtnis, was sein Freund in seiner Jugend durchgemacht hatte. Trotzdem … Usher hatte ausgiebig mit ihm geschlafen, während er nur diese schnelle Nummer im Duschraum bekommen hatte.
„Du bist selbst das Arschloch“, knurrte er vor sich hin und rüttelte sanft an Jerrys Schulter.
„Was?“ Schlaftrunken blinzelte er ihn an. Jess hatte schon immer an Jerry bewundert, in allen Lebenslagen einnicken zu können und hinterher erfrischt auszusehen.
„Feierabend, Jerry. Die Schicht ist endlich vorbei“, sagte er leise.
„Usher?“ Es war offensichtlich, dass Jerry sich nicht traute, die Frage richtig zu stellen. Jess atmete tief durch und Jerrys Augen wurden groß.
„Alles okay, es geht ihm gut“, beeilte sich Jess zu sagen, doch ihm ging noch etwas anderes durch den Kopf.
„Das Bild von diesem langhaarigen Kerl auf Viviens Handy … ich habe ihn auch schon gesehen. Während ich mir die Langeweile vertrieben habe, ist mir auch endlich eingefallen, wo …“ Jess lächelte schief, als Jerrys Züge sich entspannten. Er hatte ihm anscheinend abgenommen, eine ruhige Nacht verlebt zu haben.
„Woher kennst du ihn?“
„Ich brauche deine Einbruchkünste, Jerry. Das Gesicht war auf eine Karte gedruckt, die sehr exklusiv aussah. Leider müssen wir dazu in Agent Richardsons Büro, denn da lag sie auf dem Schreibtisch.“ Solche Dinge hasste Jess, aber für Ushers Befreiung würde er auch durch die Hölle gehen. Das Eindringen in die Privatsphäre eines der FBI-Obersten gehörte in dieselbe Kategorie.
„Hey, das ist aber eine etwas riskantere Scheiße, als das mit der Ausrüstung für …“ Jerry schwieg, denn er wollte den Namen offensichtlich nicht aussprechen.
„Ich muss den Kopf dafür hinhalten, vergessen?“ Schnaubend fuhr Jess sich über das Gesicht. Das konnte richtigen Ärger geben, wenn sie erwischt wurden. Aber es war wichtig zu wissen, wer dieser Kerl war.
„Für … Ich mache es. Warte, ich muss noch was holen, damit man am Türschloss nichts sieht.“
Jerry war plötzlich wieder ganz zappelig, wie Jess ihn schon vorher erlebt hatte. Das Messer in seinem Herzen drehte sich langsam. Wieso mussten sie sich beide in denselben Kerl vergucken? Er hätte es Jerry so gewünscht, einen liebevollen Partner zu finden. In seiner Brust zuckte es schmerzhaft.
Es dauerte nicht lange und Jerry kam mit einem Spezialwerkzeug zurück, das anscheinend sehr flexibel war. „Damit geht es ohne Spuren“, sagte er und ging mit Jess gemeinsam durch das Treppenhaus nach oben.
Suspendierung, Entfernung aus dem Dienst plus Wegfall aller Versorgungsansprüche … das war doch verlockend. Vielleicht würden sie sogar in den Bau wandern, wenn diese Karte das war, was Jess vermutete.
Ungeduldig wartete er, bis die Bürotür aufschwang und Jerry ihn triumphierend angrinste. „Ja, toll gemacht“, knurrte er und zog die Handschuhe an. „Fass nichts an.“
Da auf dem Schreibtisch natürlich nichts mehr lag, was verdächtig aussah, machte sich Jess für den Anfang über die Schubladen her. Er suchte besonders gründlich dort, wo es danach aussah, als würde Mr. Richardson persönliche Dinge aufbewahren.
„Pass auf, dass niemand kommt“, zischte er Jerry zu und drehte seine Mini-Mag an. Mit der Taschenlampe hob er Papiere an und pfiff leise durch die Zähne, als er den dicken Büttenkarton entdeckte. Leider ohne Umschlag, der wäre noch zusätzlich interessant gewesen. Jess erkannte eindeutig die Einladungskarte, die er gesehen hatte. Nach dem Aufklappen wurde ihm heiß und kalt.
War das der Kerl, der Usher in der letzten
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