Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
verliebt genug in ihn, um mit ihm ins Bett zu wollen. Ja, du hast recht, er sieht toll aus, aber wenn wir uns geküsst haben, wurden meine Knie nie weich und ich hatte nie Schmetterlinge im Bauch. Ich will damit nicht sagen, dass es nicht schön war, aber noch schöner wäre es gewesen, wenn sich ein paar der alten Klischees erfüllt hätten.«
»Wir haben gerade mal Händchen gehalten und ich hab schon weiche Knie und Schmetterlinge im Bauch ...« Inez drehte sich wieder auf die Seite, ihrer Schwester zugewandt. »Du findest das doch hoffentlich nicht irgendwie grenzwertig? Ich meine, dass ich mich für Javier interessiere, nachdem du mit ihm zusammen warst ...?«
»Doch, natürlich. Ist ja wohl total schräg ...«, zog Linda sie auf und zwinkerte. »Aber so ist das eben: Wir teilen alles schwesterlich.«
»Hey, guck mal da!« Inez zeigte zum Fenster.
»Hä? Was denn?«
»Von hier aus kann man ja in Beaus und Pips Schlafzimmer im Cottage sehen!«
»Das ist allerdings schon grenzwertig.« Linda drehte sich um und sah, wie ihr Bruder seine Frau ins Schlafzimmer trug.
»Nein, Quatsch, das meine ich doch nicht! Du sollst nicht gucken, was sie jetzt machen, sondern was er gemacht hat . Ist das nicht romantisch?«
Inez fiel förmlich aus dem Bett zum Fenster, um besser sehen zu können. Linda wusste, dass ihre Schwester keine Ruhe geben würde, bis auch sie geguckt hatte, und setzte sich deshalb auf, um aus dem Fenster zu spähen.
Beau hatte das große alte Bett mit Weinreben geschmückt.
Was für eine großartige Idee. Zusammen mit dem Licht diverser Kerzen sah das Schlafzimmer aus wie eine Szene aus dem Sommernachtstraum. Es war wunderschön.
»Ja, total romantisch, wenn sie morgen früh aufwachen und von Fruchtfliegen zerstochen sind ...«, brummte Linda, ließ sich wieder in die Kissen sinken und schloss die Augen.
»Ach, Linda«, seufzte Inez, die es sich nur knapp verkneifen konnte, Beau zuzuwinken, als er ans Fenster trat, um die Vorhänge zuzuziehen. Sie kletterte zurück ins Bett. »Manchmal glaube ich echt, dass du nicht eine romantische Faser im Körper hast.«
»Doch, natürlich. Aber ich finde zurzeit einfach andere Dinge romantisch. Einen Sonnenuntergang in Paris zum Beispiel, oder eine Zugfahrt nach Prag, eine Brücke in Venedig, einen Garten in Rom, einen Barfußspaziergang an einem exotischen Strand ... Und ich brauche keinen Mann an meiner Seite, um das romantisch zu finden. Was nicht heißen soll, dass ich mich niemals verlieben möchte – wenn die Liebe auf mich zukommt, werde ich sie mit offenen Armen empfangen. Aber hier und jetzt sind mir meine Möglichkeiten wichtiger und alles, was sich noch ergeben kann. Mir ist der Weg wichtiger als das Ziel.«
»Glaubst du denn daran, dass es für jeden Topf einen Deckel gibt?«
»Kann sein.«
»Ich glaube, Javier könnte mein Deckel sein.«
»Und ich bin mir sicher, dass er nicht meiner war ...«
»Aber du glaubst schon, dass es einen für dich gibt, oder?«
Linda zuckte die Achseln.
»Ich glaube, das Leben ist eine Kombination aus Schicksal und Selbstbestimmung. Das Schicksal sieht vor, dass wir ganz bestimmte Stationen durchlaufen, ganz gleich, welche Wege wir gehen. Und welche Wege wir zwischen diesen Stationen gehen, das bestimmen wir selbst. Wer weiß, vielleicht gibt es ja sogar mehrere Deckel, und jeder könnte uns auf seine ganz eigene Art glücklich machen? Je nachdem, für welchen Weg wir uns entscheiden, treffen wir dann den einen oder anderen Deckel. Also, vielleicht gibt es in Berlin einen passenden Mann für mich, aber ich beschließe, nach München zu reisen. Dann werde ich dem Berliner nicht über den Weg laufen.«
»Oh Gott, wie traurig, Linda! Du fährst nach B statt nach A und verpasst deshalb deinen Mister Right!«
»Nein, nicht ganz, Inez. Ich verpasse den einen, aber weil ich woanders unterwegs bin, begegne ich dort einem anderen. Meinst du denn im Ernst, wenn das mit dir und Javier irgendwann mal auseinandergehen sollte, wirst du dich nie wieder in einen anderen Mann verlieben?«
Entsetzt sah Inez sie an und dachte nach.
Der Gedanke, dass sie und Javier sich eines Tages wieder trennen könnten, überforderte Inez in diesem Moment. Also änderte Linda die Taktik.
»Na gut, sagen wir, alles funktioniert prima mit dir und Javier, aber dann wird er von einem Bus überfahren oder so. Würdest du wirklich den Rest deines Lebens allein bleiben wollen?«
Inez’ Augen brannten bei der Vorstellung, ihr geliebter Javier
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