Bittere Sünde (German Edition)
über Familie Berggren. Inständig hoffte er, dass Eriks Cousine Annika ein wenig mehr Licht ins Dunkel bringen konnte, wenn sie von ihrer Dienstreise heimkehrte.
Als er zum Parkplatz des Präsidiums abbog, tauchte Gunvor wieder in seinen Gedanken auf – und ihn traf unvermittelt eine Erkenntnis: Laut Personal der Intensivstation hatte Gunvor direkt nach der Misshandlung ununterbrochen wiederholt, dass sich eine große, fette Fliege im Zimmer befand. Diesem Hinweis hatte er zunächst kaum Beachtung geschenkt, doch heute war der Begriff wieder aufgetaucht. Astrid Flodin hatte ebenfalls berichtet, dass Gunvor von großen, ekligen Fliegen sprach, sobald eine größer gewachsene Schwester das Krankenzimmer betrat. Nutzte Gunvor die Bezeichnung ›fette Fliege‹ synonym für große Frauen? Was, wenn er eine Frau unterbrochen hatte, als er damals Gunvors Zimmer im Pflegeheim betrat?
Mit einem Mal fügten sich mehrere Puzzleteile zusammen. Eine dunkel gekleidete Frau war ja gesehen worden, als sie Vårdbo verließ, kurz nachdem er dort angekommen war. Natürlich, eigentlich war es nicht mehr als ein Verdacht, und trotzdem: Magnus war gerade zu der Überzeugung gelangt, dass der Täter eine Frau sein musste – eine Frau mit Erfahrung im Pflegebereich.
18
Die Kupfertür des Polizeipräsidiums war so schwer, dass sie mit Leichtigkeit einen Menschen zermalmen konnte, sollte sie aus den Angeln fallen. Durch die kräftigen Beschläge und schweren Nieten hob sich die massive Tür von allen anderen in der Straße ab. Für denjenigen, der sich die Zeit nahm, sie von außen zu betrachten, vermittelte sie ein Gefühl von Stärke und Stabilität, doch hinter der verschlossenen Doppeltür herrschten Rastlosigkeit und Besorgnis, zumindest im Dezernat für Gewaltverbrechen.
Roger Ekman sah, falls das überhaupt möglich war, noch ramponierter aus als am Samstag. Hände und Unterarme waren übersät von Kratzern und Pflastern. Sofie Eriksson legte besorgt die Stirn in Falten.
»Hast du deine Tetanusimpfung aufgefrischt? Du weißt doch sicher, dass man auch durch Bisse vom Frettchen Wundstarrkrampf bekommen kann?«
»Das sollte ich vielleicht demnächst noch machen.« Sein Gesicht verzog sich zu einer gequälten Grimasse.
»Solltest du. Wie bist du überhaupt an das Frettchen gekommen?«
»Über das Internet. Das wird schon, es muss sich erst mal an mich gewöhnen.«
Sofie nickte mitleidig.
Magnus mischte sich lachend ein. »Wie heißt das Untier eigentlich?«
»Oskar.«
»Aha, das ist ja spannend …«
Arne Norman unterbrach das Gespräch, indem er sich demonstrativ laut schnäuzte. Er stopfte das Taschentuch in die Tasche seines weißen Jacketts und schob nachdrücklich seinen Block vor sich auf den Tisch, wie um zu zeigen, dass der Austausch von Nichtigkeiten damit beendet war.
»Ich habe eure Berichte gelesen, und das reicht einfach nicht. Absolut nicht. Wir haben hier einen außerordentlich scheußlichen Mord und einen gewaltsamen Übergriff. Die Presse zeigt allmählich Interesse an dem Fall.« Er machte eine Pause, um die Worte sacken zu lassen, und fuhr dann fort: »Magnus, wenn du wirklich davon überzeugt bist, dass es sich bei dem Täter um eine Frau handelt, dann liefere bitte ein paar handfestere Beweise.« Er wandte sich an die ganze Gruppe. »Und diese Vergewaltigung in Argentinien, ist das Opfer wirklich relevant für unsere Ermittlungen? Ist es überhaupt sicher, dass das Mädchen damals vergewaltigt wurde? Irgendwie habe ich das Gefühl, ihr behandelt den Fall nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit. Gibt es denn keine konkreten Spuren, die ihr verfolgen könnt?«
Roger zögerte kurz und sagte dann langsam: »Wir glauben schon, dass das Mädchen wichtig ist …«
Magnus fiel mit ein: »Genau, wenn diese argentinische Frau Opfer von sexueller Gewalt geworden ist, hat sie das mit Erik und Gunvor gemein. Und alle drei haben eine Verbindung zu Gösta. Natürlich ist es möglich, dass die Vergewaltigung nichts mit dem Mord zu tun hat, aber wir müssen diese Spur trotzdem erst mal weiterverfolgen.« Magnus schaute Arne ernst an.
Der wandte den Blick ab.«Dann schafft die Dame heran! Zu wem habt ihr denn da drüben Kontakt? Soll ich mal da anrufen und dafür sorgen, dass was passiert?«
Magnus befürchtete, Arnes fordernde Art könnte bei dem höflichen Ortiz eher den gegenteiligen Effekt haben, deshalb entgegnete er schnell: »Nein, nein, unser Kontaktmann ist sehr gut. Ich werde ihn gleich nach unserer
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