Bittere Sünde (German Edition)
vergewaltigt. Wie passt denn das zusammen?«
»Vielleicht war er bisexuell?«, schlug Roger vor.
»Ja …«, antwortete Magnus nachdenklich.
»Mal ganz davon abgesehen, scheint er sadistisch veranlagt zu sein«, sagte Sofie.
Magnus wand sich in seinem Sessel. »Hm, na ja, ich weiß nicht so recht. Aber da auch Lidhman im Bereich des Unterleibs misshandelt wurde, besteht kein Zweifel daran, dass dieser Mord mit unserem Fall zusammenhängt.«
Sofie schaltete den DVD -Spieler ab. Schweigend widmeten sie sich wieder der Durchsuchung von Lidhmans Habseligkeiten.
50
Es war nicht leicht gewesen, die Krankenschwestern zu überzeugen, doch am Ende hatten sie klein beigegeben und Linn in ihrem Bett zu Moa und Elin hinübergeschoben. Ihr war übel, außerdem schienen Wände und Boden zu schwanken. Aber nun war sie wieder bei ihren Kindern und noch dazu glücklich, dass sie noch lebte.
Die Zwillinge saßen bei ihr auf dem Bett und schauten sie ernst und besorgt an. Im Hintergrund bewegte sich Jonas Orling, der gerade mehr Babysitter als Polizist war.
Elin hatte sich von der Rauchvergiftung erstaunlich schnell erholt, nur manchmal plagte sie noch ein hartnäckiger Reizhusten. Sie beugte sich tief über Linns Gesicht und schaute sie mit ihren großen, blauen Augen an.
»Hallo Mama.«
Linns Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern. »Hallo, meine Lieben.«
Elin betrachtete sie schüchtern mit schief gelegtem Kopf. »Du hast da Papier im Gesicht.«
Linn lächelte matt. »Ja. Sieht das schlimm aus?«
Sowohl Moa als auch Elin nickten.
»Ich hab mir nur ein bisschen wehgetan, aber das heilt alles wieder.«
Moa schaute sie fragend an. »Bist du hingefallen?«
Linn nickte. Sie zog die Mädchen zu sich heran und drückte sie fest an sich. Die Gefühle brachen über sie herein wie eine Flutwelle, und schon liefen ihr die Tränen über die Wangen.
Jonas Orling reichte ihr ein Taschentuch. Obwohl er erst wenig älter als zwanzig war, strahlte er sonderbar viel Ruhe aus. Manche Menschen hätten ihn vielleicht etwas träge gefunden, aber im Moment war es genau das, was Linn brauchte. Sie schniefte laut, was einen scharfen Schmerz durch ihre gebrochene Nase jagte.
Moa und Elin sprangen vom Bett. Ein Gefühl von tiefer Dankbarkeit erfüllte Linn, als Jonas zwei nagelneue Spielzeugautos aus der Tasche zog und die Kinder damit beschäftigte. Sie war einfach so erschöpft. Ihr fielen die Augen zu, und schon war sie eingeschlafen.
Die Kinder hielten ein Mittagsschläfchen im Nachbarbett, als Linn aufwachte. Sie atmeten ruhig und regelmäßig. Linn schaute sich orientierungslos im Zimmer um. Jonas war nirgends zu sehen, sicherlich hatte er wieder seinen Posten vor der Zimmertür bezogen.
Sie schaltete die kleine Lampe über ihrem Bett ein und fuhr das Kopfende so weit hoch, bis sie sich in einer halb sitzenden Position befand.
»Jonas«, sagte sie so leise, dass die Kinder davon nicht wach wurden, aber laut genug, dass der Mann sie durch die Tür hören konnte.
Jonas öffnete sogleich die Tür. »Kann ich etwas für Sie tun?«, fragte er.
»Ja, könnten Sie mir bitte die Mappe bringen, die in meiner Tasche steckt?«
Das machte Jonas sofort und war schon wieder auf dem Weg hinaus. »Melden Sie sich einfach wieder, wenn Sie noch etwas brauchen.«
»Mach ich, danke.«
Linn glaube jedoch nicht, dass sie in den kommenden paar Stunden etwas brauchen würde. Sie nahm ihre Lesebrille vom Nachttisch und setzte sie auf ihre verbundene Nase. Es war an der Zeit, sich wieder mit der Realität auseinanderzusetzen. Höchste Zeit, wieder die Kontrolle zu übernehmen. Sie öffnete die Mappe und begann zu lesen.
51
Magnus zog das letzte verbliebene Buch aus dem Regal und schüttelte es. Nichts. Er runzelte die Stirn. Irgendetwas fehlte doch. Wo waren Lidhmans Fotoalben, seine Kalender, irgendetwas Persönliches? Die Wohnung war vollgestopft mit eigenartigen Antiquitäten, aber abgesehen von dem Pornofilm gab es nichts, was etwas über die Person Josef Lidhman aussagte. An und für sich war es ein Fortschritt, wenn sie nun davon ausgehen konnten, dass Lidhman homosexuell war, aber das reichte lange nicht. Magnus war ratlos. Die Ermittlungen bei Erik und Gunvor Berggren hatten nicht viel ans Tageslicht gebracht, die Zeugenaussagen waren vage, nicht einmal zum Geschlecht des Täters ließ sich eine präzise Angabe machen. Das war alles so niederschmetternd. Morgen würde er sich hinsetzen und noch einmal versuchen, eine Verbindung oder
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