Bittere Sünde (German Edition)
Zahnarzt ausfragen zu dürfen, während Magnus der zierlichen Eva Boström gegenübersaß, die ein Paillettenkleid trug.
Magnus startete das Aufnahmegerät. »Dies ist kein Verhör, Sie stehen nicht unter Verdacht. Ich möchte Ihnen nur ein paar Fragen stellen«, sagte er entschuldigend.
»Das war mir schon klar.« Eva Boström zog leicht ihren Mund zusammen. »Wir sind vorgestern erst aus Thailand zurückgekommen, wo wir einen Monat lang im Urlaub waren. Wir haben mit dem ganzen Vorfall also nichts zu tun.«
»Dass wir einen gewissen Fragebedarf haben, wenn wir eine Frauenleiche im Gebälk Ihres Hofes finden, können Sie aber schon nachvollziehen, oder?«, fragte Magnus scharf.
Eva Boström antwortete nicht.
»Hat noch jemand außer Ihnen Zugang zu den Gebäuden?«
Eva Boström kratzte sich an der Schläfe.
»Niemand, dem wir es ausdrücklich erlaubt haben. Aber Sie haben ja gesehen, in welchem Zustand sich der Hof befindet. Es gibt keine Schlösser, die Türen stehen das ganze Jahr über offen.«
»Kannten Sie die Vorbesitzer? Gösta oder Gunvor Berggren?«
Eva schüttelte den Kopf. »Nein. Also, na ja. Wir haben Gunvor natürlich im Zuge des Hauskaufs getroffen. Im Büro des Maklers. Aber seither haben sich unsere Wege glücklicherweise nicht wieder gekreuzt.«
»Wie meinen Sie das?«
»Wissen Sie, alles, was mit diesem Haus zusammenhängt, ist ein einziges Drama. Das Verkaufsgespräch verlief nicht gerade toll.« Plötzlich sah sie ihn verdrossen an. »Aber so schlimm, dass ich sie deswegen umbringen würde, war es dann auch nicht.«
Magnus lächelte. »Das hatte ich auch nicht gedacht.«
Eva Boström lachte erleichtert und entblößte eine perfekte weiße Zahnreihe.
»Wann waren Sie das letzte Mal dort?«
»Das muss schon ein paar Jahre her sein. Weil das Haus abbruchreif ist, haben wir schon überlegt, das ganze Elend einfach als unbebautes Grundstück zu verkaufen. Wir fahren sowieso lieber ins Ausland in den Urlaub, um dem tristen schwedischen Wetter zu entkommen.« Nun schaute sie ihn besorgt an. »Wie schätzen Sie denn die Chancen ein?«
»Was meinen Sie?«
»Na, das Haus und Grundstück jetzt noch zu verkaufen?«
Magnus legte die Stirn in Falten. »Von so was verstehe ich rein gar nichts. Aber Sie müssen auf jeden Fall warten, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind.«
»Aber zu welchem Preis? Das wird doch jetzt niemand mehr kaufen wollen, nachdem dort eine Frau tot aufgefunden wurde.«
Evas Mundwinkel zogen sich noch weiter nach unten als vorher, und Magnus konnte sich der Vorstellung nicht erwehren, dass sie in ein paar Jahren sicher für immer dort unten bleiben würden.
»Müssen Sie das veröffentlichen?«, fragte sie flehend.
Magnus verlor allmählich die Beherrschung. »Wir ermitteln in einem Mordfall«, sagte er ungeduldig und hätte am liebsten noch …
und ich scheiße auf den Wert von eurem beschissenen Haus …
hinzugefügt, verkniff es sich aber.
»Sie dürfen das Grundstück erst wieder betreten, wenn wir alles untersucht und gesichert haben«, sagte er knapp und stand auf.
»Ihr Mann befindet sich mit meinem Kollegen in einem Verhörzimmer ein Stück den Gang hinunter, unterbreiten Sie bitte ihm Ihre Sorgen.«
Magnus war völlig erschöpft, als er seine Bürotür hinter sich schloss. Seine Haut fühlte sich heiß an, obwohl er fror. Er fürchtete, dass er kurz davor war, zusammenzubrechen. Zitternd holte er sich eine Wolldecke aus dem Schrank und zog sie sich fest um die Schultern. Dann legte er sich mit dem Oberkörper auf die Schreibtischplatte und fiel in einen unruhigen Schlaf.
Sonntag, 16. November
83
Die Bäume bogen sich im peitschenden Wind, und Karina Sunfors war froh, dass sie in einer warmen Pizzeria saß. Sie blickte auf ihre Hände. Die letzten Wochen waren die Hölle gewesen. Sie hatte kurz davor gestanden, ihn zu verlieren.
Seit dem Tag, an dem ihnen Pedro Estrabou bei dem Elektrohandel in Arninge begegnet war, hatte Carlos im Krankenhaus gelegen. Und jetzt war er endlich auf dem Weg der Besserung.
Der erste Bissen Pizza schmeckte ganz wunderbar, ihr war gar nicht bewusst gewesen, was für einen großen Hunger sie gehabt hatte. Die Schwester, die sie förmlich dazu gezwungen hatte, essen zu gehen, lag völlig richtig. Sie musste essen und schlafen, sonst konnte sie unmöglich durchhalten. Oder wenigstens essen, dachte Karina. Während sie die Pizza in sich hineinstopfte, schaute sie sich um. Es war ein Lokal wie jedes andere. Es roch nach Fett.
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