Bittere Sünde (German Edition)
Strecke nach Norrtälje zu fahren, aber es war einfach typisch Linn, ihn zu solch idiotischen Aktionen rumzukriegen. Er hätte einfach sofort Nein sagen sollen.
Magnus rieb sich nervös mit den Händen über den Brustkorb, als ob er befürchtete, jeden Moment einen Herzinfarkt zu erleiden. Dann streckte er die Hand nach Annika Wiréns Türklopfer aus.
119
Linn lag der Länge nach auf dem Sofa, als ihr Handy klingelte. Sie wachte mit einem Ruck auf. Schnell rutschte sie auf den Boden und schnappte sich das Telefon vom Couchtisch. Sie wollte verhindern, dass die Kinder geweckt wurden.
Mit heiserer Stimme sagte sie: »Liebling?«
»Äh … nein. Hier spricht Arne Norman.«
Auf einen Schlag war sie hellwach. Bevor er gegangen war, hatte Magnus ihr noch eingeschärft, dass sie absolut niemandem verraten durfte, wo er sich befand.
»Oh, hallo … Magnus ist gerade einkaufen.«
»Um diese Uhrzeit?« Arne klang verwundert.
»
7-Eleven
. Wir hatten keine Milch mehr.«
Linn biss sich auf die Lippe, was für eine jämmerliche Lüge. Sie hätte besser mal auf das Display geguckt, bevor sie drangegangen war.
»Ich habe versucht, ihn auf seinem Handy zu erreichen, er ist aber nicht drangegangen.«
Jetzt erst fiel Linn die Anspannung in seiner Stimme auf. »Ist was passiert?«
»Ja, können Sie ihm bitte ausrichten, dass er mich schnellstmöglich zurückrufen soll. Es ist sehr wichtig.«
Arne legte schnell auf, und Linn starrte das Telefon an. Was sollte sie denn jetzt machen? Rastlos lief sie in der kleinen Wohnung auf und ab, während sie vergeblich Mal um Mal Magnus’ Nummer wählte.
»Verdammt!«, fluchte sie. Allem Anschein nach hatte er in Annika Wiréns Haus keinen Empfang. Sie hinterließ eine kurze Nachricht auf seiner Mailbox: »Hallo, Schatz. Arne hat angerufen, er will, dass du dich bei ihm meldest, es muss was sehr Wichtiges sein. Ruf mich dann bitte auch an.«
Sie setzte sich wieder aufs Sofa. Was war da bloß passiert?
Sie wartete fünf Minuten und dann weitere fünf Minuten. Die Unruhe befiel sie allmählich wie ein Virus. Was, wenn es gar nicht an mangelnder Netzdeckung lag? Wieso hatte sie darauf bestanden, dass er noch heute zu ihr fuhr?
Sie schnappte sich ihr Handy und versuchte es erneut, doch immer noch keine Antwort. Die Hände im Schoß gefaltet, starrte sie auf den stark abgenutzten Korkboden. Eine ganze Weile blieb sie reglos so sitzen, bis sie abrupt hochschnellte. Sie hatte keine andere Wahl, sie musste selbst hinfahren und ihn einsammeln. Sie konnte ja auch von unterwegs weiter bei ihm anrufen und umdrehen, sobald er sich meldete.
120
Annika Wirén schaute Magnus überrascht an, der vor ihr auf der kleinen Veranda stand. Einen Moment lang zeigte sich eine Spur von Angst in ihrem Blick. Sie trug einen weißen Morgenmantel, und ihr dunkles Haar fiel lockig auf ihre Schultern. Hastig zog sie den Mantel enger über ihrer Brust zusammen, so als müsste sie sich bedecken.
»Verzeihen Sie bitte, dass ich Sie so spät noch unangemeldet störe.« Magnus lächelte entschuldigend.
»Ja?« Annika machte keine Anstalten, sich verständnisvoll zu geben. Ihre Hand hielt die Klinke fest umschlossen, als würde sie darüber nachdenken, die Türe einfach wieder zuzuziehen.
»Sie erinnern sich an mich, nehme ich an? Ich muss dringend mit Ihnen sprechen, unter vier Augen. Darf ich hereinkommen?«
»Ist es nicht ein bisschen spät? Sie müssten doch längst Feierabend haben.«
Magnus nickte, unsicher, was er darauf antworten sollte.
Der Flur war klein, aber schön in einem hellen Landhausstil eingerichtet. An den Wänden hingen Schwarz-Weiß-Fotos von Katzen. Er sah sich demonstrativ um.
»Können wir uns irgendwo hinsetzen?«
»Sicher, wir können ins Wohnzimmer gehen, wenn Sie möchten.«
Annika führte ihn in ein ganz ähnlich aufgemachtes Wohnzimmer. Alles war weiß, selbst der Boden. Ein weißes Sofa und zwei weiße Sessel waren auf den offenen Kamin ausgerichtet. Einen Fernseher gab es offensichtlich nicht.
Magnus ließ sich vorsichtig in einem der Sessel nieder und hoffte inständig, seine blaue Cordhose würde nicht abfärben.
»Ich ziehe mir nur schnell etwas an.«
Annika verschwand durch die Tür. Als sie zurückkam, trug sie einen schwarzen Trainingsanzug, der ihre Figur betonte.
»Entschuldigen Sie.«
»Keine Ursache.« Magnus lehnte sich vor und lächelte freundlich. »Ich möchte noch einmal über Ihre Verwandten sprechen. Sie sind einfach diejenige, die sie am besten kannte.
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