Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
damit fertig war, sind nur noch ungefähr ein Dutzend übrig gewesen.«
» Tavish ist für diese Liste verantwortlich?« Ich schnappte nach Luft. Obwohl – warum ich überrascht war, wusste ich selbst nicht. Dieser arrogante, intrigante Kelpie. Der hatte doch überall seine Finger drin.
»Klar, wer sonst?« Ricou blinzelte nervös. »Tavish hat überall das Sagen. Er hat bestimmt, wer um dich werben darf und in welcher Reihenfolge. Er natürlich als Erster. Lady Meriel und Lady Isabella wollten dir die Kandidaten, glaube ich, gruppenweise schicken, aber das hat er abgelehnt. Und mit Tavish legt sich keiner an.«
Ich runzelte die Stirn. Tavish schien alles unternommen zu haben, um Daddy Number One zu werden … doch dann war er untergetaucht, noch bevor ihn die Morrígan in ihre Krallen gekriegt hatte. Warum sollte er das tun, wenn er ganz oben auf der Liste stand? Und überhaupt, diese Liste . Wenn Ricous Fakten stimmten, war darauf jeder unter zweihundert Jahre alt – außer Tavish. Jeder hatte mindestens ein Faelingkind – außer Tavish … zumindest, soweit ich wusste. Aber was wusste ich schon? Mir sagte ja keiner was. Böse musterte ich die welken Karottensticks.
Alle auf der Liste hatten ihre Zeugungsfähigkeit unter Beweis gestellt.
» Hier.« Sylvia drückte mir einen Pappbecher in die Hand. »Trink einen Schluck Tee, Genny. Das wird dir guttun.«
»Ich trinke keinen Tee.« Ich schaute auf und musterte die beiden wie benommen. Ricou hatte seine Jalousien heruntergelassen – sprich, seine Membrane – und die Kopfflosse angelegt. Sylvia zupfte verlegen an ihrem Tüllkleid herum und mied meinen Blick. Offenbar ahnten sie, in welche Richtung meine Gedanken gingen. Meine Beziehung zu Finn mochte ja nicht das sein, was sich die Londoner Fae darunter vorstellten, aber es war eine Beziehung. Und sie war kein Geheimnis.
»Finn hat ein Faelingkind?«, fragte ich und war selbst überrascht, wie normal meine Stimme klang, obwohl ich doch am liebsten geschrien hätte.
Sylvia nahm mir behutsam die Tasse aus der leblosen Hand. Ihre glänzenden grünen Augen musterten mich mitfühlend. »Ja.«
Und wann, zum Teufel, hatte er vorgehabt, mir das zu beichten? Nach der Mutter brauchte ich nicht zu fragen, tat es aber trotzdem.
»Helen Crane«, antwortete Sylvia.
justify
32. K apitel
F inn steht unten vorm Haus und wartet auf dich, hatte Sylvia gesagt.
Mit polternden Schritten – die den Takt zu meinem zutiefst verwundeten Herzen zu schlagen schienen – rannte ich die fünf Stockwerke bis ins Erdgeschoss hinunter, dicht hinter mir das besorgte Dryaden/Najaden-Pärchen. Als ich aus dem Haus trat, begannen wie zum Hohn die Glocken von St. Paul’s zu läuten.
Finn und Helen hatten ein Kind.
Ein Kind vor jemandem geheim zu halten, den man heiraten und mit dem man eine Familie gründen wollte, war alles andere als eine Kleinigkeit. Nun, vielleicht hatte Finn ja nicht vorgehabt, mich zu heiraten, aber sicherlich, mich zu schwängern. Das hatte weniger mit einem weißen Kleid, Hochzeitsglocken und Bis-dass-der-Tod-uns-scheidet zu tun als vielmehr mit dem Klappern winziger Satyrhufe und dem vermaledeiten Fruchtbarkeitsfluch.
Schnell gefreit, nie bereut. Von wegen!
Finn stand tatsächlich vor dem Haus. Mein Herz machte unwillkürlich einen kleinen Hüpfer. Das verräterische Ding hatte offenbar noch nicht kapiert, dass Finn ein Mistkerl war. Finn selbst dagegen schon, wenn man von seinem ängstlich-zerknirschten Gesichtsausdruck ausging – tatsächlich sah er aus, als hätte er die Phase des Freiens übersprungen und sich gleich in die der Reue begeben. Umso besser.
Nur leider war Finn nicht der Einzige, der auf mich wartete.
»Ms Taylor.« Victoria Harrier, meine VIP -Anwältin, kam mit einem stählernen Lächeln auf mich zu, das einen krassen Gegensatz zu Finns zerquältem Gesichtsausdruck bildete. »Ich wollte Sie gerade anrufen. Ich habe für die Mittagszeit ein Treffen mit dem Raven-Master vereinbart. Und Sie wissen ja, wie der Verkehr sein kann.«
»Gen?« Finn warf einen unglücklichen Blick zu Victoria Harrier. »Wir müssen unbedingt reden.«
Victoria Harrier hielt einen braunen Umschlag hoch. »Ms Taylor, ich habe hier den Autopsiebericht des toten Faelingmädchens.« Sie deutete auf die hinter ihr am Gehsteigrand schnurrende Limousine. »Ich dachte, wir könnten ihn uns unterwegs kurz ansehen.«
Ich konnte also entweder einen Autopsiebericht studieren oder mit meinem Beinahe-Liebhaber über das
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