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Black Box

Black Box

Titel: Black Box Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Bobbys Kopfhaut kam die Schädeldecke zum Vorschein. »Findest du nicht auch, dass der Mann, der uns zu Toten gemacht hat, echt cool ist?«
    Eigentlich hatte sich Bobby vor Tom Savini sogar ein wenig gegruselt. Savini hatte ihm gesagt, er solle nach einem Typen Ausschau halten, der einen ziemlich schicken Haufen Eingeweide auf den Armen vor sich her trage. »Die baumeln ihm aus einer tiefen Wunde im Bauch. Fass sie mal an. Ich hab Gleitcreme draufgeschmiert, damit sie glänzen, als wären sie eben erst rausgerutscht. Mann, da hab ich mich wirklich selbst übertroffen! Die fühlt sich an, als hätte sie jemand aus einem Truthahn rausgerissen. Hoffentlich schleift er sie nicht über den Boden, sonst werden sie ganz staubig.«
    Bobby konnte verstehen, dass der Junge Savini cool fand. Mit seiner schwarzen Lederjacke, den Bikerstiefeln, dem schwarzen Bart und den markanten Augenbrauen, die sich wie bei Dr. Spock oder Bela Lugosi stark nach oben wölbten, sah er aus wie ein Death-Metal-Gott.
    Jemand klatschte in die Hände, und Bobby wandte sich um. George Romero, der Regisseur, stand auf der Treppe, die vom ersten Stock in den Innenhof hinabführte. Er war vier Stufen hochgestiegen, damit ihn jeder sehen konnte, aber eigentlich wäre das gar nicht nötig gewesen. Er war über eins achtzig groß und bestimmt zwei Zentner schwer, ein Bär von einem Mann mit breiten Schultern und einem dichten braunen Bart mit silbernen Strähnen. Bobby war aufgefallen, dass viele von der Crew einen Bart und schulterlanges Haar hatten. Nicht wenige trugen abgelegte Armeeklamotten und wie Savini Bikerstiefel, so dass sie wie ein Haufen Revolutionäre aussahen, der schlagkräftige Arm der Gegenkultur.
    Romero fing mit seiner Rede an. Seine Stimme war laut und selbstsicher, und wenn er grinste – was eigentlich immer der Fall war –, zeigten sich trotz seines Bartes Grübchen. Er fragte, ob irgendjemand unter den Anwesenden eine Ahnung vom Filmemachen habe. Ein paar Leute, auch Bobby, hoben die Hand. Romero sagte: »Gott sei Dank, wenigstens ihr wisst, was wir hier treiben«, und alle brachen in Gelächter aus. Er hieß sie im Namen dieser wundervollen Hollywood-Großproduktion willkommen, und auch darüber lachten alle, weil außer George Romero niemand in Pittsburgh Filme drehte, und alle wussten, dass Zombie zur billigsten Kategorie der Low-Budget-Filme gehörte. Romero dankte allen, dass sie heute hierhergekommen waren, und erklärte, dass sie für die zehn Stunden äußerst anstrengender Arbeit, die ihnen bevorstanden, natürlich bar bezahlt würden, und zwar so fürstlich, dass er ihnen den Betrag nicht nennen, sondern nur zeigen könne. Er hob einen Eindollarschein in die Höhe, und alle lachten wieder. Tom Savini, der sich im oberen Stockwerk befand, beugte sich über das Geländer und rief: »Lacht nicht – das ist mehr, als die meisten von uns bei diesem Flop verdienen.«
    »Viele Leute machen aus Liebe zur Sache bei diesem Film mit«, fuhr George Romero fort. »Aber Tom ist dabei, weil er es toll findet, Leute mit Eiter vollzuspritzen.« Allgemeines Ächzen und Stöhnen. »Filmeiter! Filmeiter!«, rief Romero.
    »Das glaubst du«, erklang Savinis Stimme von irgendwo weit oben. Er hatte sich schon vom Geländer entfernt und war außer Sichtweite.
    Noch mehr Gelächter erscholl. Bobby kannte sich mit Komik und Gruppendynamik aus, und ihn beschlich der Verdacht, dass dieser Teil der Rede eingeübt und heute nicht zum ersten Mal zum Einsatz gekommen war.
    Dann erzählte Romero etwas von der Handlung des Films. Die kürzlich Verstorbenen kehrten ins Leben zurück. Allerdings hatten sich ihre Ernährungsgewohnheiten geändert: Sie aßen mit Vorliebe andere Menschen. Angesichts dieser Krise waren die Regierung hilflos, die Gesellschaft gespalten und die Menschen panisch. Die vier jungen Helden des Films hatten vor, sich in diesem Einkaufszentrum zu verstecken. Bobbys Gedanken schweiften ab, und ohne es eigentlich zu wollen, schaute er zu dem anderen Bobby hinüber – zu Harriets Sohn. Klein-Bobby hatte ein schmales, ernstes Gesicht mit schokoladenbraunen Augen. Das dichte schwarze Haar hing ihm wirr herab. Eigentlich sah er ihm sogar ähnlich. Auch er hatte braune Augen, ein schmales Gesicht und einen Schopf widerspenstiger schwarzer Haare. Bobby fragte sich unwillkürlich, ob Dean ihm wohl ähnlich sah. Bei diesem Gedanken fing sein Puls an, schneller zu schlagen. Was, wenn Dean vorbeikam, um nach Harriet und Klein-Bobby zu schauen,

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