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Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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sagte sie. »Warum sind Sie hier und fragen mich das? Das ergibt keinen Sinn.«
    Langsam wurde mir klar, daß ich die alte Dame unterschätzt hatte. Und wie die meisten Leute, die sich für gebildet halten, hatte ich angenommen, daß eine ältere Person – wie jemand, der eine fremde Sprache spricht oder keine Schulbildung genossen hat – den Komplexitäten meiner Lebensgeschichte und meiner Gedankengänge nicht folgen könnte.
    »Ich hatte ihren Namen nicht mit dem Ihren in Verbindung gebracht«, sagte ich. »Aber genau das hätte ich tun sollen. Sie trägt die Militärjacke der Ersten Kavallerie ihres Bruders, nicht wahr? Sie hat ebenfalls türkise Augen. Ihr Familienname ist frankokanadisch, nicht indianisch. Der Vater von Darlene und Clayton war weißer Abstammung, stimmt’s?«
    »Warum meinen Sie, daß sie bei schlechten Leuten lebt?«
    »Der Mann, mit dem sie zusammenlebt, ist es nicht. Aber die Leute, für die er arbeitet. Ich glaube, es wäre besser, wenn sie nach Hause kommt und nicht bei diesen Leuten am See bleibt.«
    »Waren Sie dort?«
    »Ja.«
    »Sind es Verbrecher?«
    »Einige schon.«
    Sie legte ihre Hand auf meine und nahm die Schaufel. Der Handteller war rauh und mit Schwielen überzogen. Sie stand regungslos da, die Schaufel an ihr Hosenbein aus Wolle gelehnt, und richtete den Blick auf die zerklüfteten Umrisse der Berge, die sich am bedeckten Himmel abzeichneten. Die Wolken, die die höchsten Gipfel umhüllten, kündigten neuerlichen Schneefall an.
    »Waren die es, die meinen Jungen getötet haben?« sagte sie.
    »Kann sein, daß sie auf irgendeine Weise damit zu tun haben. Genau weiß ich es nicht.«
    »Warum ist sie dann bei ihnen?«
    »Sie denkt, sie kann rausfinden, was Clayton und seinem Cousin zugestoßen ist. Sie hat mal in einer Bar gearbeitet. Wo ist die?«
    »Fünf Meilen die Straße runter. Auf dem Weg hierher sind Sie dran vorbeigekommen.«
    »Kennen Sie einen Mann, der Dixie Lee Pugh heißt?«
    »Nein.«
    »Sehen Sie Darlene öfters?«
    »Sie besucht mich einmal in der Woche und bringt mir Lebensmittel.«
    »Reden Sie mit ihr, Mrs. Desmarteau. Sie ist ein anständiges Mädchen. Gemeinsam können wir’s schaffen, sie nach Hause zu holen.«
    Ich sah, wie sie seufzte, ohne daß ein Ton zu hören war.
    »Was?« sagte ich.
    »Clayton hat nie einer Menschenseele was zuleide getan. Man hat mir erzählt, er war bewaffnet gewesen. Wenn das stimmt, war er dazu gezwungen. Sie haben ihn nicht in Ruhe gelassen. Und sie haben Angst vor ihm gehabt, weil er mutig war.«
    Es wurde langsam kalt. Ich half ihr, den restlichen Mist auf ihrem Gemüsebeet zu verteilen, verabschiedete mich dann und schloß das Holztor hinter mir. Die Bewölkung hatte zugenommen, und der Himmel war jetzt grau. Sie sah klein und verloren aus mit ihrer Hacke, in ihrem Gärtchen, im kalten Wind, der vom Rückgrat der Welt herunterblies.
    Auf dem Rückweg fuhr ich die unbefestigte Straße runter und hielt an der Stelle, wo Clayton Desmarteau und sein Cousin ihren Wagen in den Graben gesetzt hatten. Hatten Mapes und Vidrine sie entführt und irgendwohin verschleppt, oder war alles hier geschehen? fragte ich mich. Ich sprang über den Bach, der an die gegenüberliegende Seite der Straße grenzte, und kletterte die Böschung hinauf in einen Kiefernwald. Der Boden war mit einer dicken Schicht abgefallener Nadeln bedeckt. Zwischen den Felsen spielten Streifenhörnchen, und Eichkater jagten einander um die Baumstämme. Ich lief ungefähr eine Viertelmeile durch die Kiefern, dann kreuzte ein kaum erkennbarer Pfad meinen Weg, den kürzlich jemand benutzt hatte, um Müll abzuladen. Der Pfad endete als Sackgasse an einem Haufen aus verrosteten Sprungfedern, Blechdosen, Matratzen, Bier- und Weinflaschen und Putzmittelbehältern aus Plastik. Ich ging etwa weitere vierhundert Meter durch die Kiefern, dann wurden die Stämme schmaler, und ich stieß auf einen anderen Bach, der die Farbe von Teer hatte und über graue Steine plätscherte. Der Bach verlief genau unterhalb eines flachen Felshügels, der mit Holunder, wilden Rosen und dichtem Gestrüpp bewachsen war. Ich lief am Ufer auf und ab, kreuzte die frischen Spuren von Rehen, die in der weichen Erde aussahen wie Arbeiten eines Bildhauers, sah die grazilen Abdrücke von Truthähnen und Waldhühnern, fand die verrotteten Überreste einer Hütte, stolperte über die halb unter der Erde vergrabenen Trümmer eines Holzofens und scheuchte einen Weißschwanzhirsch auf, der mindestens zehn

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