Blackout - Kein Entrinnen
Habachtstellung. »Mein Vorgesetzter teilt mir mit, dass Sie von hier an über eigene Sicherheitskräfte verfügen und unsere Dienste nicht mehr benötigen.«
»Danke, dass Sie das geklärt haben«, sagte Dr. Shaw mit einem Lächeln, mit dem man Wasser hätte zu Eis gefrieren können. »Also, wenn die Herren uns nun vorbeilassen würden? Ich muss mit meinen Untersuchungen beginnen.«
»Selbstverständlich.« Der ältere Wachmann rührte sich nicht, doch der jüngere trat beiseite, als Dr. Shaw auf die Tür zuging. Dabei brummte er etwas, das wie »Ma’am« klang, vielleicht aber auch ein dankbares Stoßgebet war. Ich verstand es nicht genau und kümmerte mich auch nicht darum. Wir waren die Wärter los, und das war das Einzige, was für mich zählte.
Kathleen ging voraus, George und Dr. Shaw folgten, und ich bildete den Schluss. Hinter uns glitt die Tür zu, sobald ich über die Schwelle war. Dr. Shaw streckte die Hand aus, löste den Zettel vom unteren Rand des Schilds, faltete ihn zusammen und steckte ihn in ihre Kitteltasche.
»Man sollte die Furcht der Menschen nie unterschätzen, Georgia«, sagte sie beinahe zerstreut, als würde es sie nicht mehr kümmern. »Die Labore der Stufe 3 sind für denjenigen, der entsprechende Vorkehrungen trifft, nicht gefährlicher als ein Essen beim indischen Schnellimbiss. Trotzdem reicht der Name, um den Leuten Angst einzujagen, obwohl jeder Einzelne von uns in dieser von uns selbst geschaffenen schönen neuen Welt ein wandelndes Labor der Stufe 4 ist.«
»Die Macht der Sprache«, sagte ich.
»Stimmt.« Sie schüttelte den Kopf. »Nun, hier entlang bitte.« Mit klappernden Absätzen marschierte sie rasch durch den Korridor.
Kathleen und George sahen sich gegenseitig an. »Entschuldigen Sie, Doktor?«, rief Kathleen.
»Ja? Was gibt’s?«
»Sollen wir mitkommen, oder möchten Sie, dass wir im Stufe-2-Labor schon mal mit den Aufräumarbeiten anfangen? Nachher muss dort alles bereit sein.«
Dr. Shaw blieb stehen, legte den Kopf schief und überlegte, wie man sogar von hinten erkannte. Schließlich nickte sie. »Ja. Das ist wohl das Vernünftigste. Georgia, kommen Sie mit. Wir müssen unbedingt loslegen.« Ohne zurückzublicken, ging sie weiter. Ich eilte ihr nach.
Unser Weg führte durch drei weitere Türen, die Dr. Shaw allesamt mit ihrer Schlüsselkarte öffnete. Bei der zweiten war zusätzlich ein Scan der Fingerabdrücke vonnöten. An der dritten wurde ihre Netzhaut gescannt. So langsam sah das weniger nach einem Stufe-3-Flügel aus, sondern nach einem Hochsicherheitstrakt für infizierte Gefangene. Das ununterbrochene Zischen der Unterdruckfilter machte es mir noch schwerer, diesen Gedanken abzuschütteln.
Als wir die vierte Tür erreichten, war mir ausgesprochen unbehaglich zumute. Zu beiden Seiten befanden sich Bluttesteinheiten, die jenen in der Garage unseres Hauses in Berkeley verblüffend ähnlich sahen. »Hier müssen Sie eine Blutprobe zur Analyse abgeben«, erklärte Dr. Shaw. »Das ist an diesem Punkt nur noch eine Formalität, aber es gehört eben nun mal zum Sicherheitssystem dazu. Wir konnten es nicht abschalten, ohne auch andere Funktionen zu deaktivieren.«
»Welche Funktionen?«, fragte ich und stellte mich vor die linke Bluttesteinheit.
»Bald wird man Ihnen alles erklären.« Sie drückte die Hand auf die Einheit für Rechtshänder, räusperte sich und sagte: »Identifikation, Danika Michelle Kimberley, Berechtigung Beta, Alpha, Zeta, Neun, Vier, Neun, Zwei, Drei. Bezeichnung, investigative Medizinerin. Zugehörigkeit, Epidemic Intelligence Service.« Plötzlich sprach sie mit britischem Akzent. Er war weniger stark als der von Mahir und hatte etwas Rollendes, das ich nur von Bloggern kannte, die an der Grenze zu Wales lebten.
Ich starrte sie an. »Was …?«
»Sie sind in Begleitung«, sagte eine angenehme männliche Stimme aus einem Lautsprecher über der Tür. »Bitte identifizieren Sie Ihre Begleitperson.«
»Dies ist Georgia Carolyn Mason, Version 7c. Genauere Bezeichnung: Internetjournalistin, menschlicher Klon, im Hauptnetzwerk derzeit als verstorben geführt. Zugehörigkeit: Epidemic Intelligence Service.« Dr. Shaw – Dr. Kimberley – klang ruhig und ein wenig gelangweilt, als würde sie einen Einkaufszettel vorlesen. »Georgia, würden Sie bitte Ihre Hand auf die Einheit legen? Ich möchte ungern hier stehen, wenn das System entscheidet, dass wir eine Bedrohung darstellen, und den Korridor mit Formalin flutet.«
Ȁh. Nein. Das
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