Blackout - Kein Entrinnen
einen fragte, woher die seltsamen Gerüche kamen, die aus dem Kellerfenster entwichen. Zwar mussten sie stets wachsam sein, sowohl wegen der Infizierten als auch wegen der Drogenfahndung, aber sie hatten mehr Raum zur Verfügung als jemals zuvor.
Dennoch blieb die Frage: Wie konnten sie ihre Waren in die zivilisierteren Gegenden bringen? Wären Drogen das Einzige gewesen, was man schmuggeln musste, hätte man sich vielleicht mit Panzern beholfen oder den Zombies Rucksäcke umgeschnallt, bevor man sie wieder in die Wildnis entließ. Aber außer Drogen brauchten die Leute auch noch andere Dinge: Waffen, Munition, Vieh. Die illegalen Zuchtfarmen jenseits der Grenze zur kanadischen Gefahrenzone waren ständig auf der Suche nach neuem Genmaterial und scheuten keine Mühe, an solches heranzukommen. Einmal waren George und ich einer Frau gefolgt, die versucht hatte, ihre Deutsche Dogge in Sicherheit zu bringen, und bis an die kalifornische Grenze gelangt war, ohne von den Behörden aufgehalten worden zu sein.
Ich weiß nicht, ob sie es geschafft hat oder nicht. Kurz nachdem sie die Grenze zu Oregon überquert hatte, hatten wir ihre Spur verloren. Buffy hatte George jedoch davon überzeugt, aus ihren Reportagen alles herauszustreichen, was auf die Identität der Frau hingewiesen hätte. Heute, nachdem ich einige Zeit auf der anderen Seite des Gesetzes verbracht habe, hoffe ich, dass die Frau es mit ihrem Hund über die Grenze geschafft hat und nun an einem Ort ist, wo sie nach eigenem Gutdünken mit ihrer Dogge leben kann.
Weil du ein sentimentaler Trottel bist , sagte Georgia.
»Wahrscheinlich«, sagte ich und zügelte mein Gelächter. »Aber ist das nicht der Grund, weshalb du mich liebst?«
Noch immer kichernd hob Becks den Kopf von der Armatur und widmete sich wieder dem Bildschirm. »Wie weit noch?«
»Ungefähr fünfzehn Kilometer«, sagte ich. »Hol die Tauschware heraus.«
»Bin schon dabei.«
Die Versorgungsstationen der Schmuggler wurden zum Großteil von Leuten betrieben, die sich des Diebstahls eines besonders streng gehüteten Guts schuldig machten: der Freiheit. Sie entschieden sich dafür, in den Gegenden zu leben, die wir aufgegeben hatten, nicht weil sie große Hunde züchten oder Drogen mixen wollten, sondern weil sie so leben wollten, wie sie es seit jeher getan hatten. Sie wollten Bäume und blauen Himmel sehen, wenn sie die Tür aufmachten, nicht Zäune und Sicherheitspersonal. Das konnte ich ihnen nicht verdenken. Oh, natürlich waren sie durchgeknallt, aber ich konnte es ihnen nicht übel nehmen.
In der Illegalität zu leben brachte ganz eigene Schwierigkeiten mit sich wie zum Beispiel eingeschränkte medizinische Versorgung. Die Leute, bei denen wir tanken wollten, würden zwar auch unser Bargeld nehmen, aber viel wahrscheinlicher wären sie an neuen Bluttesteinheiten, Antibiotika und Antibabypillen interessiert. Mehr als die Hälfte der Tauschwaren, die wir von Dr. Abbey erhalten hatten, waren unterschiedlichste Verhütungsmittel.
»Sie haben sich für dieses Leben entschieden, und sie lieben es, aber deshalb wollen sie noch lange nicht versehentlich Kinder in diese Welt setzen«, war ihr Kommentar gewesen, als sie Becks gezeigt hatte, wie man die Implantierpistole für Kontrazeptiva lädt. »Dieses Zeug ist mehr wert als alles andere, was ihr mit mitschleppen könntet, und es wird sie davon abhalten, um eure Munition zu feilschen. Sie müssen nur sehen, dass ihr bewaffnet seid, wenn ihr nicht das Opfer eines altmodischen Raubüberfalls werden wollt.«
Becks öffnete ihren Sicherheitsgurt und kletterte über ihren Sitz in den hinteren Teil des Wagens. Ich hörte sie hinten herumfuhrwerken, während sie unsere Ausrüstung holte, und im Rückspiegel sah ich ihren Hinterkopf. Ihr braunes Haar hatte sie zu einem praktischen Zopf geflochten, doch wegen der strohblonden Strähnen, die von Dr. Abbeys Chemieduschen kamen, sah er wie eine zweifarbige Doppelhelix aus.
»Wir brauchen Benzin und vielleicht ein paar Knabbereien«, rief ich. »Ich glaube, wir können noch acht oder neun Stunden fahren, bevor wir über Nacht anhalten müssen.«
»Verstanden«, rief sie zurück. »Soll ich was von den Antibiotika dazupacken?«
»Nein, aber nimm die Giftsumachcreme. Dafür haben die hier vielleicht Verwendung.« Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße. Die Anzeige des Navis meldete, dass unsere Abzweigung bald kommen würde. »Wie wir hierhergekommen sind, ist mir ein Rätsel«, sagte
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