Blaubeertage (German Edition)
Er wirft die Sachen in den Kofferraum und wechselt in seine schicken Klamotten. Ich streife mir mein Sweatshirt ebenfalls über den Kopf und bemühe mich, mit meinen Blick nicht zu lange auf dem noch unbedeckten Hautstreifen über seiner Jeans hängen zu bleiben.
»Willst du, dass ich fahre?«, frage ich, als ich seine immer noch viel zu blasse Gesichtsfarbe bemerke.
Er zögert einen Moment.
»Traust du mir nicht zu, dein Baby heil nach Hause zu fahren?«
»Das ist es nicht … okay, ja das ist es.«
»Unverschämtheit.«
Er steigt ins Auto.
Ich setze mich auf den Beifahrersitz. »Soll ich wirklich nicht fahren? Den Typen vom Parkservice beim Hotel hast du’s erlaubt.«
»Das war ein Parkplatz und was ganz anderes. Wenn du es zu Schrott fahren würdest, könnten wir nicht mehr befreundet sein. Und was würde dann aus dir werden?«
»Hast du nicht drei davon?«
»Eigentlich vier, aber wer zählt die schon?«
Ich hab den Verdacht, dass er mich auf den Arm nimmt, aber andererseits …
Er lässt den Motor an und biegt auf die Straße. Ich schaue auf die Uhr auf Xanders Armaturenbrett. Fünf. Kaum zu glauben, dass vier Stunden vergangen sind.
Xander fährt auf die rechte Spur und biegt ab.
»Wo willst du hin?«
»Ich dachte, wir gehen was essen. Hier in der Nähe gibt es ein französisches Restaurant, das ich gern mag.«
Offenbar geht es ihm wieder besser. »Ich kann nicht. Meine Mom hat den halben Tag ganz alleine im Geschäft festgesessen. Ich muss zurück und ihr beim Aufräumen helfen.«
»Auf eine weitere Stunde kommt’s jetzt auch nicht mehr an.«
»Ich muss zurück.«
Er fährt immer noch in falscher Richtung weiter. »Na komm schon.« Er schenkt mir ein Lächeln. Ich schwör’s, mit diesem Lächeln könnte man Kriege beenden.
»Okay. Aber dann nach Hause.«
»Geht klar.«
Erst als wir aus dem Auto gestiegen sind und auf das französische Schickimicki-Restaurant zusteuern, fällt mir wieder die Dreckschicht ein, die auf meiner Haut klebt. Noch immer spüre ich die Erde, die Xander mir in die Haare geschmiert hat, auf meiner Kopfhaut. Unsicher versuche ich, sie mit meinen Fingern auszukämmen, als wir hineingehen. Die wartenden Gäste im Foyer sind alle fein angezogen. Ich bin mir sicher, dass die aufgebretzelte Restaurantmanagerin uns gleich wieder wegschicken wird. Immerhin klebt Xander quer über der Stirn ein Streifen Dreck.
Aber sie lächelt Xander mit einem strahlend weißen Lächeln entgegen. »Mr Spence. Die anderen an ihrem Tisch sind bereits hier.«
»Wirklich?« Er sieht sie verwundert an. »Dann zeigen Sie uns doch bitte den Weg.«
»Hattest du schon andere Pläne?«, frage ich ihn, als wir der Restaurantmanagerin nach hinten folgen.
»Anscheinend haben sie Pläne ohne mich gemacht.«
Ich habe keine Ahnung, was das bedeuten soll, aber als wir in einem Separée ankommen, empfängt uns das Gelächter einer großen Gruppe von durchgestylten Menschen. Einer der Typen steht auf und wendet sich an die Managerin: »Sehen Sie? Haben wir Ihnen nicht gesagt, dass wir mit Xander Spence essen?«
»Ich hätte euch glauben sollen«, sagt sie und fügt dann an Xander gewandt hinzu: »Ich kümmere mich darum, dass ein Kellner vorbeikommt, um Ihre Bestellungen aufzunehmen.«
»Danke.« Xander sucht sich einen freien Platz.
»Du siehst aus, als hättest du Sozialstunden geleistet«, kommentiert jemand und zeigt dabei auf Xanders Flanellhemd und sein schmutziges Gesicht.
Xanders Selbstvertrauen tut das keinen Abbruch. Seine Haltung ist immer noch so kerzengerade wie eh und je, seine Ausstrahlung erfüllt den ganzen Raum. Zwinkernd sagt er: »Also, welcher von euch Idioten hat meinen Namen benutzt, damit ihr nicht auf einen Tisch warten musstet?«
Der Typ, der bereits steht – mit einer Brille, von der ich mir ziemlich sicher bin, dass er sie nicht zum Nulltarif bekommen hat, und einer Bräune, für die er wahrscheinlich wöchentlich bezahlt –, verneigt sich. »Das war ich.«
»Hätte ich mir ja denken können.«
»Geht auch auf deine Rechnung«, fügt der Typ hinzu.
Xander blickt sich um und sieht mich dann immer noch im Türrahmen stehen. »Alle mal herhören, das ist eine Freundin von mir, Caymen. Caymen, das hier sind Leute, die du wahrscheinlich gar nicht erst kennenlernen willst, aber die ich manchmal für meine Freunde halte.«
Mehrere Buh-Rufe werden laut und Lacher folgen.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich bereit dazu bin, mich zwischen diese Leute zu setzen. Ich
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