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Blauwasserleben

Blauwasserleben

Titel: Blauwasserleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Dorsch
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du gar nichts
machst.«
    Ein Streit lag in der Luft, Damian, der das mitbekam, versuchte die
Situation zu retten. Auf seine lustige Art sagte er: »Heike, ich wäre mit einem
Messer zwischen den Zähnen zu dir gesprungen, hätte mit dem Hai gekämpft und
dich sicher zurück aufs Boot gebracht!« Bei dieser Vorstellung lachten wir
alle.
    Warscheinlich hatte Stefan Angst vor dem Hai und wollte sich nicht
selber in Gefahr bringen. Schlangen und Haie waren einfach nicht sein Ding.

    Die Fahrt durch den Panamakanal war nicht einfach eine
Tour, sondern eine große Unternehmung, die vorab organisiert werden wollte. Als
Erstes hatten wir uns in Colón anzumelden. Mit dieser Prozedur ging einher, dass
ein Vermesser zu uns an Bord kam, der genau das tat, was seine Berufsbezeichnung
von ihm verlangte. Er vermaß den Katamaran, anschließend durften wir 900 Dollar
für die Passage bezahlen. Als Nächstes mussten wir uns um sogenannte
Leinenhändler bemühen, die bei den Schleusen helfen sollten. Es war nicht
erlaubt, allein den Kanal zu durchqueren.
    Auch emotional war die zweitägige Durchfahrt etwas Besonderes: Man
ließ mit ihr die Karibik hinter sich. Man wusste, es gab kein Zurück mehr. Kaum
ein Segler fuhr gegen den Wind, gegen die Strömung. Es hieß, ab jetzt müsse man
um die Welt segeln, um wieder daheim anzukommen.
    Aus diesem Grund waren auf dem Pazifik auch die echten Abenteurer
unter den Seglern unterwegs. Wir begegneten nicht mehr jenen, die ein halbes Jahr
in Deutschland lebten und ein halbes Jahr in der Karibik. Die Karibiksegler
waren in Temperament und Charakter anders als die Mittelmeersegler gewesen,
aber jetzt trafen wir Leute, die ähnlich langfristige Pläne hatten wie wir.
    Zlatan hatten wir überreden wollen, mitzukommen, aber er lehnte
kategorisch ab: »Für mich ist das der Weg nach Australien, und das ist der Weg
nach Hause. Dazu bin ich noch nicht bereit. Aber wenn ihr in Sydney seid, ich
habe dort im Hafen eine Mooring – an der Kette könnt ihr die Baju festmachen. Und bei meinen Eltern ist immer ein Bett
frei, falls es euch ins Outback ziehen sollte.« Wir hatten tatsächlich vor, die Baju ein Jahr an Land zu stellen und mit einem
Geländewagen, einem Defender, Australien zu umrunden.
    Es dauerte eine Weile, bis wir unseren »Kanaltermin« bekamen. Aber
dann war es endlich so weit. Um sechs Uhr abends sollte es losgehen, und um
sechs Uhr ging es auch in die Warteposition direkt vor dem Kanal. Über Funk
erfuhren wir aber, dass es noch längern dauern könne, bis eine Fahrt möglich
sei, es stürme und regne zu heftig, um die Schleusen zu betätigen.
    Der Start unserer Passage auf dem achtzig Kilometer langen Kanal,
der die Karibische See mit dem Pazifik verbindet, verspätete sich also. Ich las
in einem Buch, dass er 1914 eröffnet wurde, seitdem hätten ihn mehr als eine
Million Schiffe durchquert. Beim scheinbar endlosen Warten – es verging eine
Stunde nach der anderen – konnte ich mir das nicht mehr vorstellen. Ich klappte
das Buch zu, ich war zu aufgeregt, um mich weiter auf Fakten dieser Art
konzentrieren zu können.
    Doch dann hieß es, jetzt könne man es wagen. Da war es eine Stunde
vor Mitternacht, und wir alle wären eingeschlafen, wenn das ausgeschüttete
Adrenalin uns nicht wach gehalten hätte. Im Kanal herrschte ein
24-Stunden-Betrieb, ständig begegneten wir Kähnen und Containerschiffen,
manchmal nicht einmal zehn Meter von der Baju entfernt. In der Zwischenzeit war auch ein Lotse an Bord gekommen, der
entsprechende Kommandos gab. Kein Wunder, dass die Panamapassage so teuer war.
    Â»Ist es nicht ein bisschen übertrieben, extra einen Lotsen für ein
kleines Segelboot abzustellen?«, fragte ich Stefan. »Der Kanal ist doch
strahlend hell erleuchtet. Hier ist es bei Weitem nicht so finster wie in der
Straße von Gibraltar.«
    Â»Warte ab, bis du in der ersten Schleuse bist, dann wirst du anders
denken«, sagte Stefan. Er sollte recht behalten.
    Der Lotse stand nicht hinter dem Steuer, die ganzen Manöver hatte
Stefan auszuführen. Meine Hände hätten bestimmt gezittert, aber er war
vollkommen relaxed, meinte, er sei schon oft durch den Nord-Ostsee-Kanal
gefahren, da gäbe es auch Schleusen.
    Lange waren wir noch nicht unterwegs, als die erste von insgesamt
drei Locks bewältigt werden musste, die Gatúnschleuse. Ein

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