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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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kenne, ganz gleichgültig wo, dem sie möglicherweise in Fällen dringendster Not wohl ihr Vertrauen würde geschenkt haben. Ich konnte mich anfangs auf niemanden besinnen als auf meinen Vormund; aber sodann nannte ich auch Mr. Boythorn. Er kam mir wegen seiner alten ritterlichen Weise, mit der er immer den Namen meiner Mutter nannte, in den Sinn, sowie nach Überlegung alles dessen, was mir mein Vormund von seinem früheren Verhältnis zu ihrer Schwester und dem Zusammenhang der ganzen unglücklichen Geschichte mit der seinigen erzählt hatte.
    Mr. Bucket ließ den Kutscher während dieses Gesprächs haltmachen, damit wir einander besser verstehen könnten. Er hieß ihn jetzt weiterfahren und sagte mir, nachdem er einige Augenblicke nachgedacht, daß er sich jetzt über das einzuschlagende Verfahren vollkommen klar sei. Er wollte mir bereitwilligst seinen Plan auseinandersetzen, aber ich fühlte mich zu verwirrt, als daß ich hätte hoffen können, ihn zu verstehen.
    Wir waren noch nicht weit gefahren, als wir in einer Nebenstraße vor einem wie ein öffentliches Gebäude aussehenden, mit Gas erleuchteten Hause hielten. Mr. Bucket nahm mich mit hinein und ließ mich in einem Lehnstuhl neben einem hellen Kaminfeuer Platz nehmen. Es war jetzt Eins vorüber, wie ich an der an der Wand angebrachten Uhr erkannte. Zwei Polizeibeamte, die in ihren saubern Uniformen gar nicht aussahen wie Leute, die Nacht für Nacht aufbleiben mußten, schrieben ruhig an einem Pulte. Der Ort schien sehr still zu sein, von dem Zuschlagen ferner Türen unter der Erde, worauf übrigens niemand zu achten schien, vielleicht abgesehen.
    Ein dritter Mann in Uniform verließ das Zimmer, nachdem er die Anweisungen, die ihm Mr. Bucket zugeflüstert, entgegengenommen hatte; dann gingen die beiden andern miteinander zu Rate, und einer schrieb nieder, was ihm Mr. Bucket halblaut diktierte. Sie entwarfen eine Beschreibung meiner Mutter; und Mr. Bucket brachte sie mir, als sie fertig waren, und las sie mir leise vor. Sie stimmte wirklich auf das genaueste.
    Der zweite Beamte, der aufmerksam zugehört hatte, schrieb sie dann ab und rief einen andern Mann in Uniform aus dem Vorzimmer, der das Papier nahm und damit hinausging. Alles dies geschah mit der größten Schnelligkeit und ohne einen Augenblick zu verlieren, aber trotzdem war nirgends kopflose Hast zu bemerken. Sobald das Papier seine Reise angetreten hatte, wendeten sich die beiden Polizeibeamten wieder ihrer früheren ruhigen Beschäftigung zu und setzten sich an ihre Pulte. Mr. Bucket trat zu mir und wärmte sich gedankenvoll seine Stiefelsohlen abwechselnd am Kaminfeuer.
    »Sind Sie warm angezogen, Miß Summerson?« fragte er mich, als sein Blick dem meinen begegnete. »Es ist eine verwünscht kalte Nacht zum Reisen für eine junge Dame.«
    Ich sagte ihm, das Wetter sei mir gleichgültig und ich hätte warme Kleider an.
    »Es kann eine lange Reise werden«, bemerkte er, »aber machen Sie sich nichts daraus, Miß, wenn nur das Ende gut ist.«
    »Gott gebe es.«
    Er nickte mir tröstend zu. »Ich sagte Ihnen schon, härmen Sie sich nicht ab, was auch immer geschehen mag. Bleiben Sie kühl und ruhig und seien Sie auf alles gefaßt, und es wird besser für Sie, besser für mich, besser für Lady Dedlock und für Sir Leicester Dedlock, Baronet, sein.«
    Er war wirklich sehr freundlich und rücksichtsvoll; und wie er vor dem Feuer seine Stiefel wärmte und sich das Gesicht mit dem Zeigefinger rieb, faßte ich Vertrauen zu seinem Scharfsinn und fühlte mich beruhigter. Es war noch nicht ein Viertel auf Zwei, als ich draußen einen Wagen vorfahren hörte. »Jetzt, Miß Summerson, geht es fort, wenn's gefällig ist!« sagte er.
    Er gab mir seinen Arm, und die beiden Polizeibeamten begleiteten mich höflich bis an die Tür, vor der wir eine Art Phaethon oder Barouche mit einem Postillon und Postpferden fanden. Mr. Bucket hob mich hinein und nahm selbst auf dem Bocke Platz. Der Mann in der Uniform, der nach dem Wagen geschickt hatte, reichte ihm auf sein Verlangen eine Blendlaterne hinauf, und nachdem er dem Kutscher einige Anweisungen gegeben, rollten wir fort.
    Mir war zumute, als träumte ich. Wir fuhren mit großer Schnelligkeit durch ein Labyrinth von Straßen, so daß ich bald jede Orientierung verlor; ich wußte nur soviel, daß wir wiederholt den Fluß passierten und dann weiter durch einen niedrig gelegenen, nahe am Wasser befindlichen, dicht zusammengedrängten Stadtteil schmaler Gäßchen fuhren,

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