Bleibst du fuer immer, Liebster
so nackte Lust wie in Rachel Gales Augen.
Gut, dass Timmy noch rechtzeitig gekommen war. Denn Marcus wusste, dass er nicht hätte widerstehen können, dass er alles genommen hätte, was ihr Blick ihm anbot - und mehr als das. Aber der Preis wäre zu hoch gewesen. Der Preis wäre gewesen, dass die Schlinge, die diese kleine Stadt um seinen Hals gelegt hatte, ein wenig fester gezogen worden wäre. Rachel war anders als all die vielen Frauen, die ihn begehrt hatten.
Rachel zu verlassen wäre nicht so einfach. Und er hatte nicht vor, in Birch Beach zu bleiben. Es war besser, sie - und sich selbst - unberührt zu lassen.
Mit dem gleichen eisernen Willen, der ihn heil aus einer Kriegszone bekommen hatte, drehte er sich zu Timmy um.
“Okay, Partner. Gehen wir einen Drachen aussuchen.”
“Cool!”
Marcus vermied es, Rachel noch einmal anzusehen, während er den Arm um Timmy legte und mit ihm zur Tür ging. Fast hätte er es hinausgeschafft, fast wäre er der Versuchung entkommen, die Rachel war. Fast…
“He, Marcus?” sagte Timmy plötzlich. “Kann Rachel nicht mitkommen?”
Er hätte Nein sagen sollen. Doch Timmys begeistertes Gesicht hinderte ihn daran. Also hatte er gehofft, dass Rachel ablehnen würde. Aber offenbar konnte auch sie dem freudig aufgeregten Jungen nicht widerstehen. Und deshalb standen sie jetzt zu dritt in Knickerson’s Kramladen, während Agnes Summers mit dem alten Knaben aus dem Lebensmittelgeschäft plauderte.
“Es ist eine Schande”, murmelte
Mr.
Cheevers
kopfschüttelnd. “Ich verstehe sowieso nicht, warum Big Bill zwei seiner Läden so nah beieinander eröffnet.”
Marcus hörte nicht, was Agnes erwiderte, denn genau die Frage beschäftigte ihn auch.
“Rachel?”
Sie drehte sich zu ihm um. “Ja?”
“Wie weit ist Pine Village von hier entfernt?”
“Etwa zehn Meilen. Warum?”
Marcus überlegte. Irgendetwas in dem Gespräch zwischen Agnes und Cheevers hatte seinen Reporterinstinkt geweckt. Er wusste nur nicht, was es war.
“Nur so”, sagte er zu Rachel und verdrängte den störenden Gedanken sofort wieder. “Timmy, du solltest dich beeilen, es wird bald dunkel.”
“Na ja, mir gefällt dieser blaue hier. Er sieht aus wie ein Jet, aber…”
“Aber der rote, der mit dem Feuer speienden Drachen darauf, ist auch nicht schlecht, stimmt’s, Partner?”
Timmy strahlte, und seine Sommersprossen schienen aufzuleuchten. “Genau! Sieh dir den Schwanz an! Gezackt und lang!”
“Der gefällt dir am besten, was?”
“Oh ja!” rief Timmy. “Aber der blaue ist auch okay, Marcus.
Den nehme ich.”
Leise lachend nahm Marcus den roten aus dem Regal. “Nein, das tust du nicht, Partner. Du nimmst den hier.”
Timmys Augen wurden ganz groß. “Wirklich?”
“Wirklich”, antwortete Marcus und ging mit dem Drachen zur Kasse.
“Aber … aber Marcus”, rief der Junge ihm nach. “Der ist am teuersten.”
“Ich weiß, Timmy. Das Beste ist immer das Teuerste. Jetzt komm schon. Wir verschwenden wertvolle Zeit.”
Timmy sprang fast einen halben Meter in die Luft und jubelte. “Cool!”
Draußen auf dem Gehsteig rannte der Junge vorweg. “Das wird Timmy Ihnen nie vergessen”, sagte Rachel.
“Es waren nur ein paar Dollar mehr.”
“Timmy ist es nicht gewöhnt, das zu bekommen, was er sich wünscht. Es bedeutet ihm sehr viel.”
“Das weiß ich”, erwiderte Marcus und zögerte. “Aus eigener Erfahrung. Wie lange ist er schon bei euch?”
“Nur ein paar Monate.”
“Seine Eltern?”
“Seinen Vater hat er nie gekannt. Seine Mutter ist im letzten Herbst gestorben.”
Marcus schüttelte den Kopf. “Hart. Irgendwelche Angehörigen?”
“Nein. Jedenfalls niemand, der sich um Timmy gekümmert hat. Seine Mutter muss eine gute Frau gewesen sein. Timmy ist ein guter Junge.”
Sie gingen weiter. Leute winkten ihnen zu, Frauen blieben stehen, um mit ihnen zu reden und Timmy durchs Haar zu fahren. Marcus staunte. Ein Samstagnachmittag in einer typisch amerikanischen Kleinstadt, und eigentlich dürfte er keine Luft mehr kriegen. Aber das Gegenteil trat ein. Als sie an einer Bäckerei vorbeikamen, atmete er den Duft des frischen Brotes ein. Er beobachtete, wie die Brise Rachels schlichten weißen Rock um ihre Beine wehen ließ. Er schmunzelte, als Timmy lachend in den kleinen Park gegenüber von Gales Pension rannte. Der See glitzerte im Sonnenschein, und die weiße Konzertmuschel leuchtete zwischen dem Grün.
Er nahm Rachels Hand, und zusammen rannten
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