Blick in Den Abgrund -3-
zu denken, aber jetzt holte ihn die Realität mit der Wucht eines Vorschlaghammers ein. »Scheiße! Bringst du jemanden mit?«
Seans Grinsen war vergnügt und hinterhältig zugleich. »Zum Teufel, nein! Hetzt sie nur auf mich – sechs, acht, zehn auf einmal. Das entspricht meiner Vorstellung vom Paradies. Verschollen auf dem Planeten geiler Brautjungfern. Mmmm.«
»Cindy wird auch Brautjungfer sein«, meldete sich Miles zu Wort. »Sie wird Rot tragen. Rot steht ihr fantastisch. Deshalb penne ich heute Nacht bei Sean, weil Cindy morgen um acht eine letzte Anprobe bei der Schneiderin hat. Ich fahre sie hin.«
Davy und Sean wechselten einen gequälten Blick. Miles’ hoffnungslose Hingabe an Cindy, die jüngere Schwester ihrer zukünftigen Schwägerin, machte sie beide nervös, doch sie konnten nichts anderes tun, als die Muskeln, Reflexe und Selbstachtung des Jungen aufzubauen und zu Gott zu beten, dass sein Verstand über kurz oder lang aufschließen würde.
Davy nippte an seinem Whiskey und genoss das Brennen in seiner Kehle. »Brautjungfern bedeuten Ärger«, sinnierte er. »Beth war Brautjungfer bei der Hochzeit ihrer Cousine. Direkt danach begann sie, mich wegen unserer Beziehung unter Druck zu setzen. Die Frauen kippen sich ein Glas Champagner nach dem anderen hinter die Binde, dann fangen sie an, über das große H nachzudenken, und ehe man sichs versieht, findet man sich im Tal der Tränen wieder.«
»Du solltest allmählich selbst über das große H nachdenken«, meinte Sean. »Du hast eine Pflicht gegenüber der Familien-DNA. Und du wirst nicht jünger.«
Davy schloss die Augen. »Connor übernimmt das. Vermutlich sind die beiden schon dabei, sich fortzupflanzen, so wie sie zur Sache gehen.«
Die nachfolgende Stille wies darauf hin, dass Sean Davys unausgesprochene Zwiespältigkeit im Hinblick auf die Heirat ihres Bruders teilte. Nicht, dass sie sich nicht für Connor gefreut hätten. Er liebte seine zukünftige Braut so stürmisch, dass er praktisch nicht mehr fähig war, in ganzen Sätzen zu sprechen.
Was wunderbar war. Großartig. Extreme, hemmungslose Glücksgefühle waren exakt das, was sie sich für ihren Bruder wünschten. Trotzdem weckte der Gedanke an die Hochzeit ein dumpfes Gefühl von Verlust in ihm. Connor trat in eine neue Lebensphase ein und ließ seine Brüder hinter sich zurück. Wann immer Davy daran dachte, fühlte er sich irgendwie ruhelos und leer, darum gab er sich größte Mühe, den Gedanken zu verdrängen.
Dumm, ja, und selbstsüchtig. Sie mochten Erin sehr. Sie war perfekt für Connor. Klug, mutig, hübsch, liebenswert. Sie hatte ihre Qualitäten in dem Wahnsinn, der einige Monate zuvor mit Novak abgegangen war, unter Beweis gestellt. Sie hatte sich ihre Mitgliedschaft im McCloud-Klan tausendfach verdient.
Nein, Erin war nicht das Problem. Es würde einfach nur … anders werden.
Sean stieß einen heftigen Seufzer aus, als würde auch er unwillkommene Gedanken beiseiteschieben. »Ich hatte gerade eine geniale Idee. Bring Margot mit. Sie wird wie ein Schutzschild für dich sein. Außerdem wird sie gehörig Glanz in die Sache bringen.«
»Vergiss es«, knurrte er. »Das ist aussichtslos.«
»Wieso denn?«, fragte Sean.
Davy knirschte mit den Zähnen. »Lass einfach gut sein, okay?«
Seans Augen wurden schmal. »Oh, verdammt! Sag es nicht, lass mich raten. Du hast es verpatzt, stimmt’s? Ich habe dir eine einmalige Gelegenheit verschafft, und du Trottel hast es vermasselt. Kein Wunder, dass du nie Sex hast.«
Davy betrachtete die Lichter, die auf der gekräuselten dunklen Wasseroberfläche des Sees schimmerten, ohne den Fehdehandschuh aufzunehmen. Er hatte nichts zu erwidern. Er hatte seinen Bruder nicht in die Resultate von Margots Hintergrundcheck eingeweiht. Ihre mysteriösen Geheimnisse gingen Sean nichts an.
Andererseits gingen sie ihn ebenso wenig an. Er vertrieb diesen müßigen Gedanken. »Hast du heute Abend keine Pläne?«, fragte er. »Mit dem einen oder anderen Mädchen?«
»Miles und ich leihen uns vielleicht einen Actionfilm in der Videothek aus«, antwortete Sean. »Ich gönne mir eine kurze, erholsame Verschnaufpause von meinen sexuellen Aktivitäten und bleibe keusch bis zur Hochzeit.«
»Es sind nur noch zwei Tage«, lautete Davys mürrischer Kommentar.
»Eine verflixte Ewigkeit. Ich spare meine Energie für die Brautjungfern auf. Heizt mir ein, Ladys! Macht mich fertig!«
»Ich weiß nicht, ob das mit dem Video eine gute Idee ist«, murmelte
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