Blick in Den Abgrund -3-
Miles skeptisch. »Ich muss morgen echt früh aufstehen. Ich soll …«
»Als Cindy Riggs persönlicher Sklave dienen, als ihr Laufbursche, Privatlehrer und Chauffeur«, ergänzte Davy.
Miles kippte nach hinten in seinen Stuhl, die Augen fassungslos geweitet. »Keineswegs! Wir sind nur gute Freunde. Sie hatte keine Fahrgelegenheit zu ihrer Anprobe, deshalb bot ich ihr an …«
»Ich habe gesehen, was für eine gute Freundin sie ist.« Davy imitierte Cindys atemlose helle Stimme. » ›Miles, gefällt dir mein neuer Push-up-BH? Miles, würdest du mir mit meinem Reißverschluss helfen? Miles, könntest du meine Mathehausaufgabe übernehmen? Miles, mit wem soll ich ausgehen: Rob, Rick oder Randy?‹ «
Miles’ Mund wurde zu einem harten, zornigen Strich. »So ist das nicht.«
Es herrschte Schweigen, bis Sean sich räusperte. »Tja … Miles und ich sollten besser aufbrechen. Du klingst, als bräuchtest du ernsthaft eine Auszeit. Wir nehmen das chinesische Essen mit, wenn du es nicht willst.«
»Ja.« Miles sprang auf. »Lass uns abhauen. Und zwar jetzt gleich.«
Davy hob sein Glas in einer stummen Geste der Entschuldigung, als Sean und Miles aufbrachen. Die nachhallende Stille wurde nur vom rhythmischen Klatschen der Wellen auf dem Kiesstrand unter der Veranda durchbrochen. Normalerweise war das Geräusch friedlich und meditativ. Heute hingegen empfand er es als kalt und deprimierend. Ermüdend.
Er schämte sich. Er hatte kein Recht, den armen, schwachen Miles zu kritisieren. Er hatte sich selbst schon mehr als einmal für eine Frau zum Affen gemacht. Und hätte es heute Abend wieder getan, um genau zu sein. Die ganze Nacht lang, wenn Margot ihn gelassen hätte.
Der Abend verging unerträglich langsam. Davy wanderte von Zimmer zu Zimmer und blätterte geistesabwesend in Büchern und Zeitschriften. Er surfte im Internet, zappte durch die Fernsehkanäle, doch nichts erregte sein Interesse. Alles kam ihm stumpfsinnig vor. Die Stille lastete so schwer, dass sie sein Gehirn vernebelte, aber egal welche Musik er auflegte, sie nervte ihn nur.
Der Abend ging in eine endlos lange Nacht über. Schließlich zog er sich ins Schlafzimmer zurück und streifte seine Jeans ab, um seinem penetranten Ständer ein bisschen Freiraum zu verschaffen. Er streckte sich auf dem Bett aus, doch anstatt einzuschlafen, driftete er in eine Serie erotischer Wachträume von Margot. Anstößiger Kram, durchdrungen von Zorn und Machtspielen. Gegen Fesseln ankämpfend, schaute er in ihre strahlend hellen Augen, während sie ihn verspottete und ihm demonstrierte, wie hilflos er war.
Sehr bizarr. Er fragte sich, was es damit auf sich hatte. Fesselspiele waren ihm in Verbindung mit erotischen Vergnügungen nie zuvor in den Sinn gekommen. Das war etwas für gelangweilte Menschen, die es nötig hatten, ihren abgestumpften Empfindungen neues Leben einzuhauchen. Und er tat bei Gott alles, um sich niemals hilflos fühlen zu müssen.
Seine Empfindungen waren nicht abgestumpft. Die Vorstellung, sich unter ihrem schönen Körper zu winden, war so lebendig, dass es wehtat. Er bedeckte mit einer Hand sein Gesicht und umfasste mit einem frustrierten Knurren seinen steinharten Schwanz. Heute Nacht half kein gutes Zureden, solange die Erinnerung an ihre schmalen, starken Schultern noch so frisch in seinem Kopf war. Die feine Textur der Haut an ihrem Hals. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht, als sie überlegte, ihn in ihr Bett zu lassen.
Sein Herz hatte so heftig gepocht, dass es ihm die Brust zu sprengen drohte.
Hätte sie ihn geküsst, hätte er seine Bedenken trotz der vielen Fragezeichen sausen lassen und sie gevögelt. Alles an ihr machte ihn an, sogar ihre unbeholfenen Lügen. Sie kamen ihr nicht leicht über die Lippen. Die Frau könnte selbst dann nicht überzeugend lügen, wenn ihr Leben davon abhinge.
Die Art, wie sein Kopf diesen flüchtigen Gedanken hervorgebracht hatte, sandte ihm einen Schauer des Unbehagens über den Rücken. Er fegte ihn beiseite.
Jahrelange Erfahrung in der Befragung von Zeugen hatten aus ihm einen Experten in Sachen Körpersprache gemacht. Margot war empfindlich und defensiv, weil sie verängstigt war, nicht schuldig. Sie war nicht gut im Bluffen. Nein, ihre Gefühle standen ihr so deutlich ins Gesicht geschrieben, dass sie zusammenbrechen würde, sollte sie sich je auf dieses Terrain begeben. Sie war stolz, zäh, prinzipientreu. Impulsiv. Zu Tode verängstigt, allerdings fürchtete sie sich mehr vor der Polizei als vor
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