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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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mein eigenes Neugeborenes in den Händen gehalten, bin durch die Höhlen von Sart geflogen und in die Röhrenbogen von Lirouthale getaucht. Ich habe so viel gesehen, so viel gemacht, dass ich trotz des Versuchs meiner Neurallitze, meine anderwärtigen Erinnerungen möglichst nahtlos mit dem zu verbinden, was in meinem Kopf ist, sehr wohl weiß, wie viel ich von dem hier drin…« – er tippte sich gegen die Schläfe – »verloren habe. Nicht von meiner Erinnerung, sondern von meiner Persönlichkeit. Und deshalb ist es Zeit für mich, mich zu verändern oder weiterzugehen oder einfach anzuhalten. Ich habe eine Version von mir in ein Gruppengehirn eingegeben, für den Fall, dass mich irgendjemand irgendwann etwas fragen möchte, aber ehrlich gesagt, ich habe keine Lust mehr zu leben. Zumindest nicht, nachdem ich die Stadt Ossuliere gesehen haben, was ich mir für diesen Augenblick aufgehoben habe.« Er lächelte den Avatar an. »Vielleicht kehre ich zurück, wenn das Ende des Universums gekommen ist.«
    »Sie haben auch schon mal gesagt, Sie wollten als mannbare Cheerleaderin wiedergeboren werden, wenn Notromg Town jemals den Orbital Cup gewinnen sollte«, sagte der Avatar ernst. Er nickte dazu und sog ausgiebig Luft durch die Zähne ein. »Ich an Ihrer Stelle würde mich an die Sache mit dem Ende des Universums halten.«
    »Sehen Sie, Sir?«, sagte Ilom Dolince mit einem Glitzern in den Augen. »Mit mir geht es zu Ende.« Eine dünne Hand tätschelte Zillers Handrücken. »Ich bedaure nur, dass ich Ihr neuestes Werk nicht mehr hören werde, Maestro. Ich war in großer Versuchung zu bleiben, aber… Na ja, es gibt immer etwas, an dem wir so sehr hängen, dass wir bleiben möchten, wenn wir nicht ganz fest entschlossen sind, nicht wahr?«
    »Ganz Ihrer Meinung.«
    »Ich hoffe, Sie fühlen sich nicht beleidigt, Sir. Es gibt sonst kaum etwas, das mich auch nur im Entferntesten auf den Gedanken gebracht hätte, die Sache hinauszuzögern. Sie sind doch nicht beleidigt, oder?«
    »Würde es einen Unterschied machen, wenn ich es wäre, Mr. Dolince?«, fragte Ziller.
    »Ja, das würde es, Sir. Wenn ich annehmen müsste, dass Sie ganz persönlich verletzt sind, dann könnte ich die Sache immer noch verschieben, obwohl ich damit die Geduld dieser lieben Leute hier über Gebühr strapazieren würde«, sagte Dolince und sah die um sein Bett Versammelten nacheinander an. Es entstand ein dumpfes Raunen freundlich klingenden Widerspruchs. »Sehen Sie, Kst. Ziller? Ich habe meinen Frieden gemacht. Ich glaube nicht, dass mir jemals zuvor so viel Wohlwollen entgegengebracht wurde.«
    »Dann fühle ich mich geehrt, wenn ich in dieser Hinsicht miteinbezogen bin.« Er tätschelte dem Menschen die Hand.
    »Ist es ein großes Werk, Kst. Ziller? Ich hoffe schon.«
    »Das vermag ich nicht zu sagen, Mr. Dolince«, antwortete Ziller. »Ich bin damit zufrieden.« Er seufzte. »Die Erfahrung hat mich allerdings gelehrt, dass das weder eine Garantie für eine anfängliche positive Aufnahme noch für einen langfristigen Erfolg ist.«
    Der Mann im Bett lächelte breit. »Ich hoffe, alles läuft bestens, Kst. Ziller.«
    »Das hoffe ich auch.«
    Ilom Dolince schloss kurz die Augen. Als sich die Lider flackernd wieder hoben, lockerte sich sein Griff allmählich. »Eine Ehre, Kst. Ziller«, flüsterte er.
    Ziller ließ die Hand des Menschen los und war froh, dass er sich von dem Bett zurückziehen konnte, während andere um ihn herum sich herandrängten.
     
    Die Stadt Ossuliere trat aus dem Schatten hinter einer Biegung der Schlucht hervor. Sie war teilweise aus dem hellbraunen Felsen der Schlucht gehauen und teilweise aus Stein gebaut, der aus anderen Gebieten der Welt und auch von außerhalb herangeschafft worden war. Der Fluss Jhree war hier gebändigt und verlief gerade und tief und ruhig in einem einzigen großen Kanal, von dem kleinere Kanäle und Docks abgingen; feine Brücken aus Schaummetall und Holz, sowohl lebend als auch tot, überspannten die Wasserstraßen.
    Die Anlegestellen an beiden Ufern waren große Plattformen aus goldfarbenem Sandstein, die sich in der blaudunstigen Ferne verloren, gefleckt von Leuten und Tieren, Schatten spendenden Pflanzen und Pavillons, Springbrunnen und hohen gedrehten Säulen aus kunstvoll durchbrochenem Metall und glitzernden Mineralien.
    Große, stattliche Kähne lagen vertäut an Stufen, wo Gruppen von Chaurgresiles saßen und mit feierlicher Hingabe gegenseitige Körperpflege betrieben. Die Spiegelsegel

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