Blind Date mit einem Cowboy
allen anderen Juroren hätte sie sich eine Chance ausgerechnet, nicht aber bei den beiden.
Lauren fragte: „Ist das ein Problem?“
„Ein riesiges.“ Stacie wollte nicht negativ denken, aber sie musste realistisch bleiben. „Ich habe vor ein paar Jahren ein Rezept beim Wettbewerb Best of Denver eingereicht. Marc und Abbie waren die Juroren bei der Endausscheidung. Mein Beitrag hat ihnen überhaupt nicht zugesagt.“
Die Kritik an dem Gericht war zwar zu einem gewissen Grad berechtigt gewesen, und Stacie hatte daraus gelernt, doch ihr Stil war seitdem mehr oder weniger gleich geblieben.
„Das muss ja nicht heißen, dass ihnen nicht gefällt, was du diesmal einreichst“, gab Anna aufmunternd zu bedenken.
„Vielleicht hat sich Stacies Passion ja geändert“, entgegnete Lauren. „Von Rezepten zu Männern. Oder genauer gesagt: zu einem ganz bestimmten Cowboy.“
„Bei mir hat sich gar nichts geändert“, stellte Stacie entschieden fest. „Für Jivebread zu arbeiten, wäre ein Traum. Was immer zwischen Josh und mir vorgeht … na ja, es ist nichts Dauerhaftes. Wenn ich den Job lande, bin ich in null Komma nichts weg von hier.“
Anna öffnete den Mund, schwieg dann aber doch, während sie den Haferbrei in Schalen füllte und auf den Tisch stellte.
„Seth hat erwähnt, dass er Josh heute aushilft“, bemerkte Lauren. „Seid ihr euch begegnet?“
„Ja, unsere Wege haben sich gekreuzt. Ich denke, wir waren beide überrascht, einander zu sehen.“
„Also weiß er, dass du die Nacht bei Josh verbracht hast.“
„Sagen wir mal, dass er mit ziemlicher Sicherheit ahnt, was zwischen Josh und mir vorgeht.“
Anna setzte sich an den Tisch. „Was geht denn zwischen euch vor?“
„Chemie“, warf Lauren ein. „In Verbindung mit übereinstimmenden Wertvorstellungen ist das eine sehr wirkungsvolle Kombination.“
Verwirrt entgegnete Anna: „Aber ich dachte, sie mag keine Cowboys.“
„So war es auch“, bestätigte Stacie und korrigierte sich hastig: „So ist es auch.“
Lauren zog eine perfekt gezupfte Augenbraue hoch. „Du magst ihn nicht und hast trotzdem mit ihm geschlafen?“
„Ich mag seine Lebensart nicht. Ihn mag ich schon.“
Anna schob ihre Schale beiseite und beugte sich über den Tisch zu Stacie vor. „Du weißt, dass er schon mal verheiratet war?“
„Er hat es mir selbst gesagt.“
„Hat er dir auch erzählt, dass Kristin wie du ein Stadtmensch ist und überall herumerzählt hat, dass die Beziehung zu ihm kein ausreichender Grund wäre, um hierzubleiben? Nach der Trennung ist er fast ein Jahr lang nicht mehr ausgegangen – nicht mal mit seinen Freunden.“
Die Kritik war laut und deutlich und ging Stacie an die Nieren. „Sag einfach offen, was du von mir hältst.“
„Ich will bloß nicht, dass ihm wehgetan wird. Man müsste blind sein, um nicht zu sehen, wie es zwischen euch funkt. Er ist ein heißer Typ, aber trotzdem verletzlich.“
Und das bin ich nicht? „Ich mag ihn, und er mag mich.“
Lauren löffelte braunen Zucker auf ihren Haferbrei. „Würdest du denn in Erwägung ziehen, in Sweet River zu bleiben?“
„Nein. Aber das ist kein Geheimnis. Josh weiß, dass ich erst mal zu mir selbst finden muss, bevor ich einem Mann eine Partnerin sein kann.“
„Zu dir selbst finden?“ Anna lachte. „Du hast wohl zu viel Zeit mit Lauren verbracht.“
„Diese Einstellung ergibt durchaus Sinn“, protestierte Lauren. „Es gäbe viel mehr glückliche Menschen auf dieser Welt, wenn sie sich selbst gestatten würden, ihre Ziele zu verfolgen.“
„Danke“, murmelte Stacie.
Pikiert protestierte Anna: „Ich sage doch gar nicht, dass sie ihren Traum aufgeben soll. Ich merke nur, wie sie Josh ansieht.“
„Und umgekehrt“, fügte Lauren hinzu.
„Das kann ich nicht leugnen“, gestand Stacie ein. „Da ist eine gewisse Anziehungskraft zwischen uns. Aber das ist rein sexuell. Und genauso gefällt es uns beiden.“
Der Viehtrieb am Vortag hatte bis nach Sonnenuntergang gedauert. Kaum war Josh ins Haus zurückgekommen, war er ins Bett gefallen und eingeschlafen.
Nun, am nächsten Morgen, stand er unschlüssig vor Annas Haus und lächelte gedankenverloren vor sich hin. Die Nacht mit Stacie war es ihm wert, dass er den ganzen Tag über todmüde im Sattel gehangen hatte. Nie zuvor war er mit einer Frau verkehrt, die so viel Freude geben und nehmen konnte.
Obwohl sie sich erst seit Kurzem kannten, hatte sich ein Vertrauensverhältnis zwischen ihnen entwickelt. Dieses
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