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Blinde Wut

Blinde Wut

Titel: Blinde Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scheibler
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Wagners Belustigung auf das Tatmotiv Eifersucht einzuschwenken begann, wollte unbedingt von Dritten erfahren, welche Rolle Klaus Schäder bei den Däublers gespielt hatte. Und da boten sich zunächst einmal die Bewohner des Hauses in der Grillparzerstraße 14 an. Wenn Schäder, wie er selbst eingeräumt hatte, zweimal die Woche und praktisch zu jeder Tages- und Nachtzeit bei den Däublers ein- und ausgegangen war, hätte das den Leuten irgendwie auffallen müssen. Lutz wunderte sich, daß bei der ersten Befragung keiner auch nur ein Sterbenswörtchen davon erwähnt hatte.
    Eigentlich war längst Dienstschluß. Da man die Leute aber, weil die meisten ja zur Arbeit gehen mußten, tagsüber nur schlecht oder gar nicht antreffen würde, machte Lutz seinem Assistenten den Vorschlag, auf einen Sprung und ganz schnell noch in der Grillparzerstraße vorbeizuschauen.
    Wagner kannte diese schnellen Sprünge nur zu gut. Meistens versauten sie einem den ganzen Abend, und wenn sie für die Ermittlungen nichts brachten, was in diesem Fall vorhersehbar war, hatte man auch am nächsten Tag noch einen schalen Geschmack im Mund, den man nur schwer wieder loswerden würde.
    Daß Wagner den Vorschlag auch auf die Gefahr hin, seinen Chef damit zu verstimmen, strikt ablehnte, hatte noch einen anderen tieferen Grund. Wagner wußte, in welchen Lokalen Krüger zu verkehren pflegte, und er hatte sich fest vorgenommen, eines nach dem anderen aufzusuchen und Gaby, falls er sie finden würde, über den wahren Charakter seines sauberen Kollegen aufzuklären, und zwar mit Witz und Pfiff und der Überlegenheit des Besseren.
     
     
    Lutz war es gar nicht so unlieb, von seinem Assistenten eine Absage erhalten zu haben, wobei es eine ganz andere Frage war, ob das wirklich in der schroffen Form geschehen mußte, die Wagner gewählt hatte.
    Wagner ging ihm in letzter Zeit mächtig auf die Nerven mit seiner besserwisserischen Wichtigtuerei, seiner Launenhaftigkeit und mit seinem gekünstelten Gehabe, das er selbst auch noch für den Ausdruck feinster Ironie zu halten schien. Der Junge war höchstgradig frustriert und brauchte dringend eine Aufgabe, die ihn ordentlich forderte. Lutz hatte schon daran gedacht, ihn auf einen Fortbildungslehrgang zu schicken, einen mehrtägigen, irgendwo auswärts und möglichst weit weg, der mit einer Prüfung als Nachweis der Teilnahme endete, einer Prüfung, die außer den Lehrinhalten des Kurses auch Grundwissen und Spezialkenntnisse abfragen müßte. Eine Veranstaltung also, die den Teilnehmern, allen voran Wagner, etwas abverlangen und ihnen zugleich den Stellenwert zeigen würde, den sie in dem großen Polizeiapparat hatten. Er würde sich bald einmal erkundigen, ob es so etwas überhaupt gab. Den Vorwurf, rachsüchtig zu sein, hätte Lutz weit von sich gewiesen.
    Die Auskünfte, die die Leute in der Grillparzerstraße 14 Lutz dann noch an diesem Abend gaben, fielen ausgesprochen mager aus. Der eine oder die andere hatte zwar einen Mann gesehen, auf den die Beschreibung von Klaus Schäder zutraf, und der zu den Däublers wollte oder von ihnen kam, hatte dem aber keine weitere Bedeutung beigemessen.
    Einzig Frau Reichert, die mit ihrer Familie im zweiten Stock direkt über den Däublers wohnte, konnte genauere Angaben machen. Sie hörte nicht immer Musik, wie am Tatabend, und hatte, besonders tagsüber, dieses oder jenes gehört und Geräusche vernommen, aus denen sie schloß, daß der gutaussehende junge Mann Frau Däublers Liebhaber war. Frau Kronbeck, die Nachbarin der Däublers aus dem ersten Stock, mit der sie sich kürzlich über dieses Thema im Treppenhaus unterhalten hatte, teilte diese Ansicht, aber Frau Reichert bezweifelte, daß Frau Kronbeck dies offen zugeben würde. Als Frau Reichert Lutz dann zur Tür geleitete, geriet sie dermaßen ins Schwärmen über diesen Liebhaber, daß es Lutz direkt peinlich wurde. Frau Reichert machte keinen Hehl daraus, daß sie Frau Däubler beneidet und davon geträumt hatte, ihr den Lover auszuspannen.
     
     
    Die Kronbecks nahm Lutz sich als letzte vor. Dahinter steckte keine Absicht, das hatte sich zufällig so ergeben. Anne Kronbeck öffnete ihm auf sein Klingeln hin. Sie erkannte ihn natürlich sofort wieder, zögerte aber mit einem altjüngferlichen Gehabe, das überhaupt nicht zu ihr paßte, ihn in die Wohnung zu lassen. Lutz entschuldigte sich höflich für die späte Störung und nannte als Grund einige Unklarheiten, die ihm nach ihrem Gespräch am Tatabend

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