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Blinder Rausch - Thriller

Blinder Rausch - Thriller

Titel: Blinder Rausch - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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schonen. Diesbezüglich hatte sie kein schlechtes Gewissen.
    »Wir fahren jetzt zu Linde. Er will dich noch einmal befragen!«, hatte die Polizistin später im Auto zu ihr gesagt. Leonie hing zusammengesunken im Gurt des Beifahrersitzes und nickte stumm. »Kannst du noch?«, hatte sich Anja besorgt erkundigt. Irgendwann auf einem der endlosen Flure, die sie entlanggegangen waren, hatte die Polizistin plötzlich gemeint: »Kannst Anja zu mir sagen, O.K. ? Aber das bleibt unter uns.« Irgendwo war ihr diese Anja sympathisch, aber irgendwo lauerte auch das Misstrauen darüber, dass sie nur Vertrautheit herstellen wollte, um mehr aus Leonie herauszukriegen. Guter Bulle, böser Bulle. Das Spielchen war aus jedem mittelmäßigen Krimi bekannt. Daher blieb Leonie vorsichtig auf Abstand.
    Anja hielt irgendwo vor einer Bäckerei und holte für sie beide eisgekühlte Cola und belegte Brötchen. Sie standen auf einem schattigen Parkplatz und aßen.
    Noch im Kauen begann Anja plötzlich: »Die Ärztin meint, sie könne nicht so genau sagen, ob es bei dir Spuren von Gewalt gibt. Die Blutergüsse sind schon ziemlich verblasst und in ihren Konturen nicht mehr genau zu erkennen. Die kannst du dir überall geholt haben. Auch die Schürfwunden könnten zum Beispiel vom Sportunterricht kommen.« Leonie hatte zustimmend genickt. Es war ihr recht so gewesen, sie wollte nicht wirklich erfahren, wie sie zu den Verletzungen gekommen war. Anja hatte Leonies Reaktion nachdenklich betrachtet und dann gemeint: »Eines musst du mir erklären. Aus welchem Grund hast du der Ärztin erzählt, dass du keine Jungfrau mehr bist?« Leonie hatte nur mit den Achseln gezuckt und gehofft, dass Anja endlich ruhig war. Doch die redete weiter. »Weißt du, die Ärztin hat mir erzählt, dass sie dich ganz vorsichtig untersucht hat, weil du noch Jungfrau bist. Es gibt keinen Hinweis auf sexuelle Gewalt. Kein Sperma. Nichts. Nur diese Druckstellen am Oberschenkel.« Leonie schloss die Augen und atmete bebend ein. Anja beobachtete sie dabei sehr genau. Dann fuhr sie fort: »Eigentlich darf ich dir das alles gar nicht erzählen. Aber ich versteh dich, ich verstehe dich sehr gut und möchte, dass du damit klarkommst. Weißt du, vorher, da war ich beim K12, also das ist »die Sitte«. Dort habe ich oft mit Frauen und Mädchen zu tun gehabt, denen in übelster Form Gewalt angetan wurde. Häufig fühlten sie sich schuldig und schmutzig, weil sie sich ja durch den Besuch der Party oder Disco oder durch den gefährlichen Heimweg selbst in Gefahr gebracht hatten. Aber das ist es nicht! Frauen dürfen sehr wohl kurze Röcke anziehen und auf Partys gehen, Spaß haben und abends alleine nach Hause gehen, damit machen sie sich nicht schuldig. Wenn ein Typ einer Frau an den Hintern grabscht, weil sie eine enge Jeans anhat, dann ist nicht die Jeans und schon gar nicht die Frau daran schuld, sondern der Kerl, weil er seine Flossen nicht im Griff hat! Verstehst du, was ich meine? Ich weiß, die meisten Typen argumentieren so und sagen, die ist doch selbst schuld, wenn sie sich so anzieht. Das ist der Grund, warum viele Frauen keine Anzeige erstatten. Auch wollen sie nicht durch die endlosen Prozeduren und Verhöre noch einmal daran erinnert werden. Das nützt ihnen gar nichts, weil man diese Erinnerungen alleine nicht loswird. Der Einzige, der dadurch geschützt wird, ist der Täter. Leonie! Das darf doch nicht sein, dass solche Kerle davonkommen! Die fühlen sich dadurch zunehmend sicherer und machen lustig weiter. Auch wenn man das, was einem selbst geschehen ist, nicht mehr rückgängig machen kann, so kann man doch wenigstens verhindern, dass es das nächste Mal einer anderen geschieht.« Anja hatte sich so in Rage geredet, dass ihr Gesicht glühte. Leonie sagte leise: »Aber mir ist ja nichts passiert. Du hast ja selbst gesagt, dass die Ärztin das herausgefunden hat.« Anja schlug mit der freien Hand gegen das Lenkrad und rief: »Falsch! Selbstverständlich ist dir etwas passiert. Man weiß nur nicht genau, was! Hättest du gleich die Polizei verständigt, so hätte man mit den Spuren noch viel mehr anfangen können – und …«, sie zögerte einen Augenblick und fuhr dann mit leiser Stimme fort. »Noch etwas, das ich dir eigentlich nicht sagen darf: Vielleicht hätte man Denise noch retten können.« Leonie fuhr herum und sah Anja entsetzt an. Anja nickte stumm und erklärte: »Sie lebte noch, als man sie mit einer klaffenden Kopfwunde dort am Teichufer ablegte. Die

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