Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
über die Tochter sagen konnte, die er nicht kannte.
»Oren Starks hat ihr das Leben zur Hölle gemacht, sonst wäre sie nie im Leben nach Merritt gezogen, nicht einmal vorübergehend. Sie wäre in Houston geblieben und hätte bei Delray ihre Arbeit gemacht. Dieser Job ist ihr Leben. Letztes Jahr wurde jemand befördert und bekam die Stelle, auf die sie sich Hoffnungen gemacht hatte. Sie war am Boden zerstört. Aber sie hat aus ihrer Enttäuschung neue Motivation geschöpft, damit sie diejenige ist, die beim nächsten Mal den Zuschlag bekommt. Dafür kann man sie nur bewundern. Ihre Karriere bei Delray ist ihr Ein und Alles.«
Carolines Miene wurde noch besorgter. »Sie hätte sich niemals in dieses Exil begeben, wenn sie eine andere Möglichkeit gesehen hätte. Was dir einen Eindruck davon geben sollte, wie groß ihre Angst vor diesem Mann am Ende war. Du hast ihn vorhin als Irren bezeichnet, aber ich glaube, er ist noch viel gefährlicher, Dodge. Ich glaube, genau das befürchtet Berry auch. Und dieser Auftritt von gestern Abend beweist das ganz klar.«
»Genau. Lass uns über gestern Abend reden.« Dodge überwand seine Zurückhaltung gegenüber allem, was zu Bruch gehen könnte, und schob das hauchzarte Glas beiseite, um die Cola direkt aus der Flasche zu trinken. »Vor allem über diesen Ben Lofland. Was ist mit ihm?«
»Er wird überleben.«
»Das meine ich nicht.«
Caroline spielte mit ihrem Löffel herum, sorgsam darauf bedacht, Dodge nicht in die Augen zu sehen. »Er und Berry sind Freunde.«
»Aber er ist verheiratet.«
»Glücklich, sagt Berry.« Er schwieg. Caroline hob den Kopf und sah ihn an. »Ich glaube ihr, Dodge. Sie hat mich noch nie belogen. Wenn sie sagt, die Beziehung ist rein platonisch, dann ist sie es auch.«
Er nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche, ohne den Blick von ihrem Gesicht zu lösen. »Okay. Na schön, der Typ in Unterhosen erholt sich also von seiner Schussverletzung und lebt glücklich und zufrieden mit seiner ach so verständnisvollen Angetrauten bis zum Ende ihrer Tage. Tom, der kompetente Sheriff-Veteran und liebe Freund, und sein Deputy, der die Zähne nicht auseinanderkriegt, aber durchaus vertrauenswürdig ist, schnappen den Bösewicht und bringen ihn hinter Schloss und Riegel. Berry kehrt nach Houston ins Büro zurück. Alles ist in bester Ordnung, und das Leben geht wieder seinen geregelten Gang.« Er beugte sich vor. »Aber wieso hast du mich dann hier antanzen lassen? Du solltest schon mit etwas Handfesterem kommen, sonst bin ich ruckzuck wieder in Atlanta.«
»Was könnte handfester sein als die Tatsache, dass jemand gedroht hat, Berry umzubringen?«
»Genau das versuche ich ja die ganze Zeit aus dir herauszulocken«, stieß er leise hervor. »Die Todesdrohungen eines verstörten, wutschnaubenden Irren, der irgendwelchen Unsinn skandiert, kann man wohl kaum ernst nehmen, es sei denn, er hat ein ernst zu nehmendes Motiv, verstört zu sein, vor Wut zu schnauben und irgendwelchen Unsinn zu skandieren. Also, entweder du rückst endlich mit der Sprache heraus und sagst mir, was du mir bisher verschwiegen hast, oder ich bin weg.«
Ihre Augen glühten. »Du bist immer noch derselbe grobe Klotz wie früher, was?«
»Ja. Und ich will dich immer noch am liebsten vögeln. So wie an dem Tag, als ich dich das erste Mal gesehen habe.«
4
Houston, Texas, 1978
D odge stellte zwei Styroporbecher mit Deckel auf den Tresen.
Die Kassiererin lächelte ihn an. »War’s das?«
»Wie wär’s, wenn Sie diese beiden Donuts noch gratis dazugeben?« Er deutete auf die Acrylvitrine, die morgens stets mit frischen Backwaren gefüllt war, um diese späte Uhrzeit allerdings nur noch einen glasierten Donut mit Zuckerstreuseln und einen mit Schokoladenguss enthielt.
»Nein, vergessen Sie’s.«
»Aber die können Sie doch sowieso nicht mehr verkaufen. Sie sind staubtrocken. Sehen Sie die Risse im Schokoladenguss bei dem einen?«
»Als ich Ihnen das letzte Mal etwas geschenkt habe – den Eisriegel, wissen Sie noch? –, habe ich echt Ärger mit dem Boss bekommen.«
»Ach, kommen Sie schon, Doris«, säuselte Dodge. »Er ist doch nicht da.« Er zwinkerte ihr zu. »Und ich werde Sie ganz bestimmt nicht verpetzen.«
»Aber der Typ ist Araber «, sagte Doris halb laut. »Er könnte es als Diebstahl auslegen und mir die Hand abhacken oder so was.«
»Und wenn ich ganz lieb bitte sage?«
»Ach, pfeif drauf«, erwiderte sie und sah zur Überwachungskamera hinüber. »Aber tun
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