Blond wie die Suende
sein muss. Ich bin sicher, keine andere ledige Mutter hat jemals falsche Angaben gemacht, besonders vor dreiunddreißig Jahren.”
„Das ist mir auch bewusst.” Jetzt klang sie leicht gereizt. „Es stellte sich heraus, dass Angela, Fionas Cousine, zweiten Grades, in Ridgeville wohnte. Sie wohnt noch dort, und ich habe sie besucht.”
Killian musterte sie verblüfft.
Cara trat an den Tisch und nahm neben ihm Platz. Ihre Augen leuchteten siegesgewiss.
„Angela hat mir erzählt, dass Fiona das halbe Jahr bei ihr gewohnt hat.” Cara beugte sich vor.
„Sie hat Fiona sogar ins Krankenhaus gefahren, als die Wehen einsetzten, sie unter einem falschen Namen in Ridgeville aufnehmen lassen und zwei Tage später abgeholt, als sie das Krankenhaus mit einem gesunden dunkelhaarigen Jungen verließ.”
Killian merkte plötzlich, dass er den Atem anhielt.
„Am nächsten Morgen ist Angela mit Fiona und dem Baby nach Wolf River gefahren. In den frühen Morgenstunden des 29. April hat sie ihren Sohn in eine weiße Decke, die mit winzigen blauen Rosen verziert war, gewickelt und ihn in einem Körbchen auf der Treppe der St. Matthew’s Church ausge setzt.” Cara legte eine Hand auf seinen Arm. „Dieses Baby waren Sie, Killian.”
Niemand hatte etwas von der Decke gewusst, außer vielleicht Father McRoy, der alte Priester, der ihn an dem Morgen gefunden hatte. Und Father McRoy war bereits seit zwanzig Jahren tot. Selbst in den Polizeiberichten war die Decke nur als weiß bezeichnet worden.
Und was niemand außer ihm wusste, wirklich niemand, war, dass unter einer winzigen blauen Blume verschwindend klein die Initialen F.F.D. eingestickt waren.
Fiona Francisco DeCarlo.
Wie oft hatte er, als er älter wurde, diese Decke in die Hand genommen, die Initialen berührt und sich gefragt, was sie bedeuten mochten und zu wem sie gehörten? Wie oft hatte er sich nach dem Warum gefragt?
Aber das war inzwischen Jahre her. Damals hätte es eine Rolle gespielt, doch heute nicht mehr. Manche Dinge ließ man besser auf sich beruhen.
„Nun, Blondie, das war aufschlussreich.” Er fühlte sich eigenartig schwerfällig, als er aufstand. „Danke für das Essen und die Unterhaltung, aber ich habe eine frühmorgendliche Verabredung mit einem Fisch.”
Cara schaute ihn ungläubig an. „Killian, nach all dem, was ich Ihnen erzählt habe, wollen Sie einfach so gehen?”
Er wollte nicht nur gehen, er wollte rennen. Aus einem unerklärlichen Impuls heraus zog er sie in seine Arme und küsste sie. Zu seiner Verwunderung wehrte sie ihn nicht ab, aber sie erwiderte seinen Kuss auch nicht.
Als er sie schließlich losließ, stolperte sie nach hinten und schaute ihn mit großen Augen an. Am liebsten hätte er sie erneut geküsst. Doch er wusste, er sollte auf der Stelle verschwinden.
„Einfach gehen liegt wohl in der Familie”, bemerkte er tonlos. „Bestellen Sie Margaret vielen Dank für all ihre Mühe, aber es interessiert mich nicht.” Mit diesen Worten verließ er Caras Ferienhaus.
Der See war am nächsten Morgen um sieben wieder ruhig und schimmerte bläulich. Die Luft war kühl, Vogelgezwitscher erklang, und es duftete nach Tannen. Steine und Tannennadeln knirschten unter ihren Stiefeln, als Cara den Pfad zwischen ihrer und Killians Hütte entlangging.
Sie hatte eine lange, schlaflose Nacht hinter sich. Unentwegt hatte sie über Killians Reaktion nachgedacht. Verständlicherweise war er wütend. Seine Mutter hatte ihn im Stich gelassen. Sie konnte seinen Zorn verstehen.
Was sie jedoch nicht verstand, war die kalte, nüchterne Art, mit der er die Nachricht aufgenommen hatte. Auch hatte er keine einzige Frage gestellt. Er hatte so getan, als interessiere ihn das alles nicht, aber als er sie geküsst hatte, hatte sie gespürt, wie aufgewühlt er innerlich war. Und das hatte nichts mit Lust zu tun.
Gerade aber dieser Kuss hatte ihr die schlaflose Nacht beschert. Jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, spürte sie erneut das Verlangen, das in seinem Kuss lag. Es hatte sie völlig überrascht, und es erschreckte sie, dass sie beinahe darauf eingegangen wäre.
Als Cara am Waldrand stehen blieb, entdeckte sie zwei Ruderboote auf dem See. Vater und Sohn, denen sie unten im Maklerbüro begegnet war, saßen in dem einen und Killian in dem anderen.
Er hatte die Angel ausgeworfen und kehrte ihr den Rücken. Doch irgendwie hatte sie das Gefühl, er spürte ihre Anwesenheit. Dem Mann entging wenig, obwohl er die meiste Zeit so gelangweilt
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